Zum Abschluss seiner glorreichen Karriere fuhr Andre Lange mit seinem Team im Viererbob als Zweitschnellster durch die Eisrinne von Whistler

Whistler. Als sein erstes und letztes Olympia-Silber perfekt war, packte sich André Lange seinen treuen Gefährten Kevin Kuske und hüpfte ausgelassen umher. Nach der letzten „Dienstfahrt“ des weltbesten Bob-Piloten feierten Fans und Funktionäre im Whistler Sliding Centre Platz zwei fast wie einen Olympiasieg – und Biathlon-Königin Magdalena Neuner war einer der ersten Gratulanten. Nur US-Pilot Steven Holcomb steuerte seinen Viererbob schneller durch die tückische Eisrinne als der 36 Jahre alte Lange, nach vier Läufen waren es immerhin 38/100 Sekunden. Als alles vorbei und Silber sicher war, küsste Kuske seinen drei Mitstreitern innig auf die Stirn.

„Wir haben uns noch mal zusammengerissen und sind den Berg noch mal runtergefahren“, sagte „Bärchen“ Lange mit Tränen in den Augen. „Mein Rücktritt ist definitiv. Die Zeit ist gekommen. Ich weiß nicht, wie ich das noch steigern sollte“, sagte der Thüringer. Mit fünf Olympia-Medaillen (4 Gold/1 Silber) beendet er nun seine 17-jährige Erfolgs-Karriere. Hinter Holcomb und Lange musste sich der Kanadier Lyndon Rush, der vor dem Finale noch 9/100 Sekunden vor dem Deutschen lag, mit Bronze begnügen.

Lange, der im zweiten Lauf in der berüchtigten „Fifty-Fifty“-Kurve fast gestürzt wäre, präsentierte sich mit seiner Crew Alexander Rödiger, Kevin Kuske und Martin Putze im entscheidenden Lauf wieder in alter Stärke und fuhr eine saubere Linie. Der Riesaer Thomas Florschütz, der im kleinen Schlitten Silber gewann, kam auf Rang vier. „Nach vorne ging einfach nichts mehr. Da hätte schon einer stürzen müssen, aber das wünscht man ja keinem“, sagte Florschütz. Karl Angerer aus Königssee wurde Siebter und beklagte zur Halbzeit die vielen Stürze im Wettbewerb: „Die Bahn ist sehr, sehr gefährlich. Das ist brutal, was den Piloten hier abverlangt wird.“

So sah es auch Bob-Bundestrainer Carsten Embach. „Das ist eine Farce für ein olympisches Rennen. Jeder wartet ab, ob der andere stürzt, das kann es doch nicht sein“, sagte er und verlangte vor den letzten beiden Läufen am Samstag eine deutliche Nachbesserung an der Bahn im Whistler Sliding Centre. Zuvor hatte der Doppel-Olympiasieger von 1984 und Frauen-Bundestrainer Wolfgang Hoppe gar einen Abbruch des Rennens gefordert: „Es war auf Messers Schneide. Ich bin froh und klopfe auf Holz, dass unsere Jungs heil runtergekommen sind.“

Insgesamt gab es im Viererbob-Rennen sechs Stürze. Unbeeindruckt von den Negativschlagzeilen spulte Holcomb wie schon bei der WM in Lake Placid vor einem Jahr sein Programm ab und holte nach 62 Jahren erstmals wieder Bob-Gold für die USA. Der Weltmeister fuhr mit seinem „Night Train“ aus der Nascar-Schmiede zweimal Bahnrekord (50,86 Sekunden) und leistete sich keinen Fehler im 16-Kurven-Eiskanal.

Anders dagegen Lange: Nach 25/100 Sekunden Rückstand im ersten Lauf musste der Thüringer angreifen. „Wir sind Kampflinie gefahren und hatten in Kurve 13 sicherlich das Glück auf unserer Seite“, sagte Kuske nach dem Beinahe-Sturz am Freitag.