Die Vereinskollegen des Ruderers Eric Johannesen feierten gemeinsam in Bergedorf den Olympiatriumph des deutschen Flaggschiffs.

Hamburg. Karl-Joachim Meißner war sich schon früh sicher. Auch als der britische Ruder-Achter an das deutsche Boot heranrückte, blieb der Vorsitzende des Ruder-Clubs Bergedorf (RCB) gelassen. "An der Schlagzahl der Briten sah ich schon, dass sie das nicht durchhalten können", erklärte er in der Stunde des Triumphs. Von Mikrofon zu Mikrofon eilte Meißner und erzählte die Geschichte von Eric Johannesen , jenem Bergedorfer Schützling, der gerade Olympiasieger geworden war. "Es ist ein tolles Gefühl, dass Eric es geschafft hat. Wir haben immer an ihn geglaubt und sind sehr stolz", jubelte er. Schon als Eric im Alter von 14 Jahren zum RCB kam, habe man sehen können, "das wird mal einer", sagte Meißner, während Johannesens Mutter Doris schon von der Tribüne in London aus anrief.

Gemeinsam mit rund 70 daheim gebliebenen Klubmitgliedern hatte Meißner das Rennen im Garten des Hotels Bergedorfer Höhe verfolgt. "So sehen Sieger aus", schallte es durch die Reihen, als der Deutschland-Achter die Zielmarke passierte. Zuvor hatten sie gezittert und gefiebert, denn nicht alle waren so siegesgewiss wie Meißner. Daumen wurden gedrückt, Fingernägel gekaut und Schweißperlen von der Stirn gewischt. Mit "Eric, Eric"-Rufen feuerten die Vereinsmitglieder ihren Liebling an, wenn das Fernsehbild den Bergedorfer in Großaufnahme zeigte.

+++ Erst nach dem Triumph ging einer baden +++

Für Meißner, der sich von der Stärke des Achters vor zwei Wochen am Olympiastützpunkt in Ratzeburg überzeugte, und seinen RC Bergedorf folgte kurz nach dem Sieg Johannesens noch eine weitere frohe Botschaft, die die schlimmen Erlebnisse der jüngsten Vergangenheit endgültig vergessen ließen. Am 18. März dieses Jahres war das Vereinsheim des RCB vollständig ausgebrannt, der Ruderbetrieb musste vorerst eingestellt werden. Anlässlich des 100-jährigen Vereinsbestehens 2010 war die Anlage für rund 100.000 Euro renoviert worden. Beim durch Brandstiftung verursachten Feuer gingen Fotos, Pokale und Urkunden verloren.

Erst im Mai wurden die Bootshallen fertiggestellt, seither kann beim Klub an der Dove Elbe wieder gerudert werden. Nach all den Rückschlägen wurde der Tag von Johannesens Triumph in London 900 Kilometer entfernt in Bergedorf gleich doppelt zum Festtag. "Wir haben noch eine Goldmedaille gewonnen", verkündete Meißner nur Minuten nach dem Rennen strahlend seinen Vereinskameraden. Per SMS hatte das Bauamt mitgeteilt, dass der Bauantrag für das neue Vereinsheim und die Umkleideräume in der zweiten Augusthälfte unterschrieben wird und die Arbeiten beginnen können. Im Frühjahr zur Dove-Elbe-Rallye, einer Ruderveranstaltung mit 500 Teilnehmern, soll das neue Heim des Klubs fertig sein.

Die Bagger rollen an, wenn Olympiasieger Johannesen zurückkehrt. Am 15. August läuft der Bergedorfer mit dem deutschen Olympiateam auf dem Kreuzfahrtschiff MS "Deutschland" im Hamburger Hafen ein. Nach einem Rathaus-Empfang wollen sie ihren Schützling dann beim RC Bergedorf hochleben lassen. Konkrete Pläne, wie der Festempfang aussehen soll, haben sie beim RCB aber noch nicht geschmiedet. Erst einmal sollte Eric schließlich die Goldmedaille um den Hals hängen haben.

+++ Kommentar: Diese Leistung verdient mehr +++

Nach dem Erfolg des ersten Hamburger Vereinsmitglieds im Ruder-Achter wünscht sich Meißner, dass auch ein positiver Effekt für seinen Verein entsteht. "Natürlich hoffen wir, dass Erics Sieg Jugendliche anspricht, die rudern wollen, und wir so unsere Jugendarbeit ausbauen können", sagte er. Derzeit sind rund 200 Ruderer im Verein aktiv. "Mal schauen, wie viele jetzt zum Jugendtraining kommen", scherzte Meißner. Nach dem erfolgreich bewältigten Interviewmarathon machte er sich mit seinen Kollegen auf ans Wasser: "Mittwochs wird bei uns gerudert."