Hamburg. Am Sonntag startet der Lauf der Rekorde: Schnelle Frauen und Männern, mehr Teilnehmer – und Schüler mit Bewegungsdrang. Wer die Favoriten sind.

Frank Thaleiser bewahrte die Ruhe. Drei Tage vor dem 38. Haspa Marathon am Sonntag (9.30 Uhr/NDR) in Hamburg wartet der Organisationschef weiter auf drei Topläufer aus Kenia. Sie sollten in der Nacht zum Donnerstag in einer Maschine der Air France aus Nairobi nach Amsterdam sitzen, der Flug wurde jedoch kurzfristig gestrichen.

Die 24 Frauen und Männer der Gruppe verteilten sich schließlich auf Flüge über Wien, München, Frankfurt und Amsterdam nach Fuhlsbüttel, besagtes Trio verpasste es aber, am Mittwochabend rechtzeitig umzubuchen. „Jetzt kommen sie eben am Freitag an“, sagte Thaleiser mit der Gelassenheit des erfahrenen Managers, der weiß, dass am Ende doch fast alle den Weg an die Startlinie am Fernsehturm finden.

Haspa Marathon: Höhere Siegprämien und ein Jackpot

Die 42.195 Kilometer an Elbe und Alster lohnen sich für die favorisierten Afrikaner mehr denn je. Die Siegprämien wurden von 20.000 Euro im vergangenen Jahr auf 30.000 heraufgesetzt, für alle Läuferinnen und Läufer, die unter den beiden Streckenrekorden bleiben, werden aus einem Jackpot 25.000 Euro ausgeschüttet.

Zudem ist es für alle die letzte Möglichkeit, zu den Olympischen Sommerspielen (26. Juli bis 11. August) zu rennen. Während sich der Deutsche Leichtathletik-Verband bereits im Februar auf seine je drei Starter bei Frauen und Männern festlegte, lassen sich Kenianer und Äthiopier mit ihrer Nominierung dafür bis zum 6. Mai Zeit.

Letzte Olympiachance für Äthiopiens Ex-Weltmeisterin

Das eröffnet der Äthiopierin Gotytom Gebreslase noch eine Straße nach Paris. Die 29-Jährige ragt aus dem Teilnehmerfeld heraus: Ihr Marathondebüt in Berlin 2021 krönte sie mit einem Sieg, 2022 gewann sie in Eugene (USA) in persönlicher Bestzeit von 2:18:11 Stunden die WM, 2023 wurde sie in Budapest Vizeweltmeisterin.

„Ich habe nur dann noch eine Chance auf Olympia, wenn ich in Hamburg schnell laufe und das Rennen gewinne“, sagte sie bei ihrer Vorstellung im Hotel Intercity an der Messe, in dem erstmals die Athletinnen und Athleten untergebracht sind. Ihr Verband fordert von ihr eine Zeit unter 2:16 Stunden, die deutlich unter dem Streckenrekord (2:17:23) liegt, den Gebreslases Landsfrau Yalemzerf Yehualaw (24) vor zwei Jahren in Hamburg lief.

Haspa Marathon mit bisher bestem Teilnehmerfeld

„Das wird schwer, scheint aber nicht unmöglich“, meint der Niederländer Jurrie van der Velden, der seit zwölf Jahren für den Haspa Marathon die Elitefelder re­krutiert. „Wenn die Wetterbedingungen wie im Vorjahr sind, trocken, wenig Wind, nicht zu kalt, könnten die Bestmarken fallen. Von den persönlichen Bestzeiten her hatten wir bei Frauen und Männern in der Spitze noch nie ein derart starkes Teilnehmerfeld.“

Die Prognosen der Meteorologen machen ihm Mut: Temperaturen von zehn bis 20 Grad Celsius sind für Sonntag bei bewölktem Himmel angesagt. Gebreslases stärkste Konkurrentinnen kommen wohl aus Kenia: Winfridah Moseti (28) und Irene Cheptai (32), die ihr Debüt über die 42,195 Kilometer gibt. 2023 war sie mit 64:53 Minuten viertschnellste Halbmarathonläuferin der Welt.

Vorjahressieger Bernard Koech mit Startnummer eins

Bei den Männern trägt der kenianische Vorjahressieger und Streckenrekordler Bernard Koech (36/2:04:09) die Startnummer eins, der Äthiopier Getaneh Molla (30) weist mit 2:03:34 Stunden aber die schnellste Bestzeit auf. Auch die Kenianer Ronald Korir (33/2:04:22), Brimin Misoi (34/2:04:53), der 2022 und 2023 den Frankfurt Marathon gewann, und Philemon Kiplimo (25/2:04:56) rechnen sich Siegchancen aus.

„Diese fünf Läufer versprechen ein schnelles Rennen“, sagt van der Velden. Vier Tempomacher sollen sie auf Trab bringen. „Im vergangenen Jahr ist das Spitzenfeld den Halbmarathon zu langsam angegangen, diesmal haben wir schnellere Pacemaker“, sagt der Niederländer. Welche Zwischenzeiten gelaufen werden sollen, wird am Freitag und Sonnabend in Gesprächen mit allen Spitzenläuferinnen und -läufern festgelegt.

Haspa Marathon mit neuem Rekord bei Anmeldungen

Auch in der Breite herrscht bisher nicht gekannte Qualität: Erstmals starten in Hamburg 25 Läufer mit Bestzeiten von unter 2:10 Stunden, sieben waren schon schneller als 2:05 Stunden. Für die vier Wettbewerbe (Marathon, Halbmarathon, Staffel, Zehntel) liegt zudem mit 38.210 Anmeldungen ein Rekordergebnis vor.

Mit der Marathon-Messe startet die Veranstaltung am Freitagmittag in den Hallen am Fernsehturm. Emotionaler Höhepunkt wird am Sonnabend der Schülerlauf „Das Zehntel“ (8.30 bis 15.30 Uhr) über 4,2 Kilometer rund um das Messegelände. In vier Läufen starten 12.000 Kinder und Jugendliche. Innerhalb von 48 Stunden waren alle Startplätze verkauft.

Kinder und Jugendliche mit Bewegungsdrang nach Corona

„Nach den lähmenden Corona-Jahren mit für die Heranwachsenden zum Teil nicht vertretbaren Einschränkungen spüren wir einen enormen Drang nach Bewegung bei unseren Schülerinnen und Schülern. Es besteht gerade eine richtige Lust aufs Laufen“, sagt Hartmut Diekhoff, Sportkoordinator an der Eppendorfer Grundschule Knauerstraße. 85 der rund 200 Schüler haben sich für das Zehntel angemeldet, viele trainieren seit einem halben Jahr für die 4,2 Kilometer.

„Großveranstaltungen mit ihrer stimulierenden Atmosphäre sind darüber hinaus bei Eltern und Kindern sehr beliebt. Das stellen wir immer wieder fest“, sagt Diekhoff. Am Donnerstag hatten 16 Schulen aus dem Bezirk Nord zu Waldläufen im Stadtpark eingeladen. 3600 Schülerinnen und Schüler machten mit, liefen Strecke zwischen 1000 und 1500 Metern. Die meisten von ihnen treffen sich Sonnabend beim Zehntel wieder – und Sonntag beim Marathon, wenn ihre Vorbilder laufen.

Haspa spendet 25 Cent für jeden Finisher an Kinder-Hospiz

Sechs Filialen der Hamburger Sparkasse (Haspa) laden am Sonntag entlang der Strecke zu Kaffee und Snacks ein: Jungfernstieg 4–5, Reeperbahn 70, Fuhlsbüttler Straße 350, Eppendorfer Marktplatz 5, Eppendorfer Landstraße 2, Klosterstern 5. Marathon-Fans können sich zudem noch am Freitag – solange der Vorrat reicht – Pappklatschen in einer der 100 Haspa-Filialen sichern.

25 Jahre des Bestehens ihres Mehrwertkontos Haspa Joker feiert die Sparkasse beim Marathon mit einer besonderen Aktion. Unter dem Motto: „Jeder Finisher zählt“ spendet das Geldinstitut für alle Läuferinnen und Läufer, die die Ziellinie überqueren, 25 Cent an das Kinder-Hospiz Sternenbrücke am Sandmoorweg 62 in Rissen. Bei erwarteten 20.000 Finishern wären das 5000 Euro. Die Haspa behält sich vor, den
Betrag anschließend noch aufzustocken.