Die HSV-Handballer revanchieren sich gegen den Bergischen HC mit 29:24 für die Auftaktniederlage, offenbaren vor dem Spitzenspiel aber ähnliche Schwächen wie der THW Kiel.

Hamburg. Und hier die Aufstellung des HSV Hamburg für das Spitzenspiel der Handball-Bundesliga beim THW Kiel am zweiten Weihnachtstag: im Tor Johannes Bitter, Torsten Jansen und Hans Lindberg auf Außen, Domagoj Duvnjak, Adrian Pfahl und Pascal Hens im Rückraum, Andreas Nilsson am Kreis.

Das vorauszusagen ist nicht sehr gewagt. Es ergibt sich fast zwangsläufig aus dem Eindruck, den man von dem Champions-League-Sieger in dieser Saison im Allgemeinen und beim 29:24 (10:9)-Sieg gegen den Bergischen HC am Sonntag im Besonderen gewinnen konnte. Sollte es am Donnerstag zu der einen oder anderen Abweichung kommen, dann dürfte das als Versuch von Trainer Martin Schwalb gewertet werden, den deutschen Meister und scheidenden Pokalsieger ein bisschen zu überraschen.

Im Grunde haben die beiden mutmaßlich besten, zumindest aber prominentesten deutschen Handballmannschaften in dieser Saison das gleiche Problem: Sie müssen eine ganze Reihe neuer Spieler integrieren und haben damit bislang nur bedingt Erfolg.

Am Sonnabend nahm Kiels Trainer Alfred Gislason das Heimspiel gegen Emsdetten zum Anlass, seine Spieler in Vollbeschäftigung für das Spitzenspiel zu schonen. Am Ende aber war es ebenjene erste Sieben, die den 35:28 (18:15)-Sieg gegen den Aufsteiger sichern musste. Sein Plan sei nicht aufgegangen, bekannte Gislason später: „Die Abwehr fand in den ersten 30 Minuten eigentlich nicht statt.“

HSV-Trainer Martin Schwalb verfolgte anderntags einen vergleichbaren Plan. Gegen den Bergischen HC, ebenfalls ein Aufsteiger, bot er den selten berücksichtigten Petar Djordjic auf Halblinks auf und Zarko Markovic auf Halbrechts, dazu Stefan Schröder auf Rechtsaußen und Henrik Toft Hansen am Kreis. Doch nur Schröder konnte sich ohne Einschränkung für weitere Einsätze empfehlen. Der frühere Nationalspieler traf bei neun Versuchen siebenmal, es war eines seiner besten Spiele für den HSV.

Schröder allerdings ist kein Neuling, es ist seine neunte Saison in Hamburg. Er würde es trotzdem akzeptieren, sollte am Donnerstag Schwalb doch wieder Lindberg den Vorzug geben, weil Weltklasseleistungen bei dem Dänen der Regelfall sind. Djordjic und Markovic hingegen sind neu im Team, und das merkt man ihnen auch nach einem halben Jahr noch an. Gegen den BHC wirkten die beiden mitunter wie Fremdkörper im Hamburger Angriffsspiel.

Diesen Eindruck konnten zwei beeindruckende Gewaltwürfe Djordjics nur ein wenig abschwächen. Als Schwalb sie nach einer Viertelstunde aus dem Spiel nahm, lag der HSV 4:6 zurück. Dass sich die Dinge nicht noch mehr zum Schlechten entwickelten wie bei der 27:34-Niederlage im Hinspiel, war Torwart Johannes Bitter zu verdanken. Er hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Siebenmeter gehalten und sollte seine Fangquote bis zu seiner eigenen Auswechslung kurz vor Schluss auf 42 Prozent steigern. Toft Hansen musste seine Auswechslung nicht fürchten, weil Schwalb seinen ersten Kreisläufer Andreas Nilsson erst gar nicht in den Kader berufen hatte.

Schwalb bescheinigte Toft Hansen hinterher immerhin ein engagiertes Spiel, seiner Mannschaft allerdings, dass es größtenteils an dem Dänen vorbeilief: „Ich finde, wir können unsere Kreisläufer noch ein bisschen mehr anspielen. Da kommt von ein, zwei Spielern zu wenig.“ Man musste dabei unweigerlich wieder an Djordjic und Markovic denken, doch Schwalb nahm den Serben und den Montenegriner in Schutz: „Für sie ist es schwer. Man sieht schon, dass die eingespielte Truppe ballsicherer ist.“ Auch für eine bewegliche Abwehr und schnelle Gegenstöße seien die beiden „nicht so geeignet“ wie etwa Kapitän Hens, dem unter Druck wieder einige sehenswerte Würfe und Zuspiele gelangen. Aber nun gut: „Petar Djordjic und Zarko Markovic haben andere Stärken.“

Unwahrscheinlich nur, dass sie sie in Kiel ausspielen dürfen. Denn auf die Abwehrleistung werde es dort ganz besonders ankommen. In diesem Punkt war Schwalb am Sonntag zufrieden wie lange nicht: „Wir haben um jeden Ball gekämpft. Die Abwehr wird immer stabiler, das war der Schlüssel zum Sieg.“ Nur einmal in dieser Saison, beim 32:24 gegen Magdeburg Anfang November, hatte seine Mannschaft so wenig Gegentore bekommen.

Entsprechend gelöst war die Stimmung unter den 11.514 Fans in der O2 World – nur das Hinspiel gegen Kiel hatte eine größere Kulisse (11.569). Und auch in der Kabine, wo die Mannschaft nach dem Spiel bei einem Bier das Sonntagsspiel der Fußball-Bundesliga verfolgte. Nach amerikanischem Vorbild hatte der HSV den Medien einen Einblick gewährt. Die Maßnahme zeugt schon mal vom nötigen Selbstbewusstsein, um beim THW Kiel zu bestehen.

Tore, HSV: Schröder 7, Duvnjak 6, Jansen 6, Hens 3, Cañellas 4 (3 Siebenmeter), Djordjic 2, Flohr 1; Bergischer HC: Hoße 7 (4), Weiß 4, Berggren 4 (1), Sabljic 2, Gutbrod 2, Szilygyi 2, Hermann 1, Miljak 1, Gunnarsson 1. Schiedsrichter: Grobe/Kinzel (Braunschweig/Bochum). Zuschauer: 11.514. Zeitstrafen: 1; 4.