Das unerwartete Aus im DHB-Pokal gegen Frisch Auf Göppingen kostet die HSV-Handballer nicht nur Ansehen. Am Sonntag steht die nächste Titelchance auf dem Spiel.

Hamburg. Velimir Petkovic wollte es genauso vorausgesehen haben. „Ich habe meiner Mannschaft bei der Besprechung am Nachmittag gesagt, dass wir hier mit zwei Toren Unterschied gewinnen“, beteuerte der Trainer von Frisch Auf Göppingen. Wer ihm das nicht glaube, möge doch die Spieler befragen. Die freilich hätten an diesem denkwürdigen Pokalabend wohl auch bezeugt, dass Petkovic der größte unter allen Handballtrainern dieser Welt ist. Schließlich war ihm gelungen, woran außer ihm wohl niemand geglaubt hatte: Göppingen, der Tabellen-14. der Bundesliga, hatte den Champions-League-Sieger HSV Hamburg auswärts aus dem Wettbewerb geworfen. In der zweiten Runde, die für den HSV dank eines Freiloses sogar die erste gewesen war.

Am Ende waren es also wirklich zwei Tore gewesen, allerdings brauchten die Göppinger eine Verlängerung, um sich mit 33:31 durchzusetzen. Wie aber konnte es überhaupt so weit kommen, wo die Hamburger doch noch zehn Minuten vor Ende der regulären Spielzeit 26:22 geführt hatten. In den verbleibenden 20 Minuten inklusive Verlängerung gelangen ihnen nur noch fünf Tore, den Göppingern hingegen elf.

Trainer Martin Schwalb verwies darauf, dass dem HSV in dieser Phase „die Power fehlte, um weiter Tempo zu machen“. Damit wäre die Ursache der Niederlage benannt, nicht jedoch die für die ungewöhnliche Schwäche seiner Mannschaft, in der viele hinter ihrem Können zurückgeblieben waren. Hans Lindberg war neben Torwart Johannes Bitter (19 Paraden) einer der wenigen, auf den das nicht zutraf. Der Rechtsaußen hatte all seine neun Chancen zu Toren genutzt. Als er hinterher laut über das Pokalaus grübelte, konnte man leise Kritik an der Taktik heraushören. Möglicherweise, sagte der Däne, sei durch die vielen Wechsel in der Schlussphase der Spielfluss verloren gegangen.

Offenbar sah sich auch Schwalb genötigt, seine Personalentscheidungen zu erklären: „Wir haben einen breiten Kader, und den müssen wir nutzen.“ Die wurfstarken Halblinken Petar Djordjic und Blazenko Lackovic hatte er allerdings wie Spielmacher Kentin Mahé zum Zuschauen verdammt, obschon der Rückraum im Positionsangriff kaum Durchschlagskraft entwickelte. Zarko Markovic, der zu Spielbeginn noch vereinzelt mit Gewaltwürfen erfolgreich war, durfte von der zweiten Halbzeit an nicht mehr mitwirken.

Warum Schwalb stattdessen die formlosen Joan Cañellas (ein Tor aus fünf Versuchen) und Adrian Pfahl (null aus sechs) in der zehnminütigen Verlängerung auf dem Feld gelassen und so in Kauf genommen hatte, dass beide beim Stand von 31:32 den Ausgleich vergaben, darüber wurde später genauso rege diskutiert wie über die Schiedsrichter. Die hatten Domagoj Duvnjak in der Verlängerung mit einer doppelten Zweiminutenstrafe belegt und Schwalb endgültig gegen sich aufgebracht: „Ich weiß nicht, ob man sich in so einer Phase so ins Spiel einmischen muss.“ Duvnjak hatte den Ball auf den Boden geknallt aus Frust darüber, nur einen Freiwurf erhalten zu haben. Ein, aber nicht der einzige Grund für das Ende einer elf Spiele währenden Siegesserie.

Eigentlich Stammgast in der Pokalendrunde

Es ist erst das vierte Mal in der gut elfjährigen Vereinsgeschichte, dass der HSV die Pokalendrunde in der angestammten O2 World (12./13. April) verpasst. Das unerwartete Aus kostet nicht nur Ansehen. Im HSV-Saisonetat ist wie auch bei der Champions League das Erreichen des Viertelfinales einkalkuliert. Die entgangenen Einnahmen aus zwei Runden, ein niedriger fünfstelliger Betrag, müssen nun abgeschrieben werden. Zudem entgeht den Hamburgern die Chance, die klamme Kasse um die Prämie für die Final-Four-Teilnahme, etwa 150.000 Euro, zu entlasten. „Es schmerzt schon, dass wir uns diese Möglichkeit verbaut haben“, gestand Geschäftsführer Christoph Wendt.

Umso wichtiger, dass am Sonntag nicht die nächste Titelchance schwindet. Dann tritt der HSV zum Bundesligaspitzenspiel beim Zweiten Füchsen Berlin an (17.15 Uhr/Sport1), der sich im Pokal beim Zweitligisten TSG Friesenheim mit 32:24 behauptete. „Wenn wir gewinnen, ist die Meisterschaft offen wie nie“, sagt Torwart Bitter. Wenn nicht, könnten wieder Grundsatzfragen aufkommen.