Hamburger siegen gegen den VfL Gummersbach vor heimischem Publikum mit 34:29. Kentin Mahé brilliert gegen seinen ehemaligen Club.

Hamburg. Handballskeptiker meinen ja, es reichte, sich die letzten zwei Minuten eines Spiels anzuschauen. Nun denn: Sie hätten am Mittwochabend in der O2 World 6400 euphorisierte Fans gesehen, die sich von den Sitzen erhoben, um den HSV für einen sich anbahnenden 34:29-(15:16-)Sieg über den VfL Gummersbach zu feiern, den dritten hintereinander nach dem Fehlstart von zwei Niederlagen. Sie hätten allerdings 58 Minuten verpasst, die vieles boten, was den Handball eben auch ausmacht: Tempo, Kampf, sehenswerte Tore. Und ja, auch Spannung – sehr viel mehr sogar, als den Hamburgern lieb gewesen sein dürfte.

Tatsächlich sollte Gummersbach der „gefährliche Gegner“ sein, vor dem Trainer Martin Schwalb gewarnt hatte. Er hatte das Spiel des VfL beim THW Kiel ausgiebig studiert, in dem der deutsche Meister erst mit letzter Kraft einen Sechstorerückstand noch in einen 31:30-Sieg drehte – Ähnliches gelang den Kielern übrigens auch am Mittwoch gegen Wetzlar. Derart ins Hintertreffen geriet der HSV gegen den Altmeister zwar nicht, aber das 1:0 durch Blazenko Lackovic (2. Minute) sollte für lange Zeit die letzte Führung bleiben.

Es gab kaum einen Fehler, den die Hamburger in der ersten Halbzeit ausließen: missglückte Abschlüsse, Stürmerfouls, technische Unzulänglichkeiten. Und Fehlpässe, immer wieder Fehlpässe. Bei den Gegenstößen rannten die Spieler derart wild durcheinander, dass man bisweilen den Eindruck hatte, einem Versteckspiel beizuwohnen. „Wo laufen sie denn hin?“, die loriotsche Frage schien sich nicht nur Torwart Johannes Bitter zu stellen. Gleich zwei seiner Abwürfe verfehlten den nach vorn stürmenden Kentin Mahé, der gegen seinen früheren Club von Anfang an links außen wirbeln durfte.

Eurosport überträgt auch in dieser Saison die Champions League live

Das allerdings wird nicht der Grund gewesen sein, warum Schwalb die Nummer eins nach 21 Minuten beim Stand von 9:11 von der Platte beorderte und durch Marcus Cleverly ersetzte. Wiederholt hatten die Gummersbacher die Schwächen in der offensiven Hamburger Deckung freigelegt und so Bitter entnervt. An ihm freilich lag es am wenigsten, dass seine Mannschaft Spiel und Gegner nicht in den Griff bekam. Zur Pause standen den 15 HSV-Toren auf dem Statistikbogen 19 Fehler entgegen. Sie sind allein durch das Fehlen von Kapitän Pascal Hens (Adduktorenzerrung) und Kreisläufer Andreas Nilsson (Knieprellung) nicht zu erklären.

Seine Hoffnung auf Besserung knüpfte Schwalb an Adrian Pfahl. Dem langjährigen Gummersbacher Halbrechten verhalf Schwalb nach einer Viertelstunde zu seinem Bundesligadebüt für den HSV. Und tatsächlich nahm das Angriffsspiel in der Folge allmählich so etwas wie Struktur an, begannen die Konter Ziele zu haben. Einen schloss der allgegenwärtige Domagoj Duvnjak nach 38 Minuten zum 20:19 (39.) ab, der ersten Führung seit besagtem 1:0. Vier Minuten noch blieb es danach spannend, dann hatte der HSV leichtes Spiel. Lackovic, Duvnjak und zweimal der stets am Rand der Übermotivation wandelnde Mahé legten vier Tore zwischen HSV und VfL – auch dank Bitter, der seine Fangquote nach seiner Wiedereinwechslung noch auf 35 Prozent steigern konnte. Diesen Vorsprung verwalteten die Hamburger schließlich so, wie man es von einem Champions-League-Sieger erwarten kann.

Am Sonnabend um 19.30 Uhr sind sie erstmals als Titelverteidiger gefordert. Den Saisonstart beim spanischen Vertreter Naturhouse La Rioja können die Fans nun doch live mitverfolgen. Nach einem Bericht des Magazins „Handball Time“ einigte sich der Ausrichter EHF Marketing mit dem Fernsehsender Eurosport kurzfristig auf eine Vertragsverlängerung.

Tore, HSV: Lindberg 8/3, Mahé 7, Duvnjak 7, Toft Hansen 4, Pfahl 2, Lackovic 2, Canellas 2, Markovic 1, Dominikovic 1; Gummersbach: Putics 6, Santos 6/2, Gaubatz 5, Kopco 2, F. Larsson 2, von Gruchalla 2, Bult 2, Schröder 2, Schröter 1, J. Larsson 1. Zuschauer: 6490. Zeitstrafen: 3; 2.