Die HSV-Handballer verlieren gegen den Tabellenführer Rhein-Neckar Löwen mit 23:30 und müssen jetzt ihr Klassenziel minimieren.

Hamburg. Als die HSV-Handballer zu ihren treuesten Fans schlurften, hatte sich der Block U11 der O2 World bereits fast vollständig geleert. Binnen Sekunden war ein Großteil der 9075 Zuschauer in den Ausgängen verschwunden, als sei dahinter ein riesiger Staubsauger am Werk. Nur im Oberrang sang eine kleine Delegation gelb gekleideter Fans der Rhein-Neckar Löwen noch davon, wie schön dieser Tag doch sei. Mit 30:23 (14:10) hatte ihre Mannschaft erst den HSV und dann dessen Fans aus der eigenen Halle gefegt, wie man es in der Tat lange nicht gesehen hatte.

"Das war wie Treibsand. Wir haben gestrampelt, sind aber nicht herausgekommen", klagte Linksaußen Matthias Flohr konsterniert. Während die Löwen sich mit 20:0 Punkten anschicken, Vereinsgeschichte zu schreiben, müssen die Hamburger ihr Klassenziel frühzeitig auf das Minimum herunterschrauben: einen Champions-League-Platz zu erreichen. Es wird schwer genug.

Selten war es für Trainer Martin Schwalb so einfach gewesen, eine Startformation zu finden. Wer auf zwei gesunden Beinen stand, durfte spielen - von wenigen Härtefällen abgesehen. Auf Michael Kraus traf das nicht zu, der Spielmacher hatte sich aufgrund von Wadenproblemen kurzfristig abgemeldet. Auch Blazenko Lackovic nahm in dem ohnehin prominent besetzten Verletztenblock Platz. Sein gebrochener Zeigefinger ließ doch keinen Einsatz zu.

Dennoch tat die Mannschaft das, was Schwalb gefordert hatte: Sie knüpfte an ihre elf Tage alte Leistung von der 30:33-Niederlage gegen Kiel an. Leider nur nahtlos an die erschütternde der letzten zehn Minuten, als der HSV den Sieg noch weggeworfen hatte. Es ging sogar noch schlechter. Für ihre ersten drei Tore benötigten die Hamburger 20 Minuten. Den leichtfüßigen Löwen gelangen in der gleichen Zeit neun.

"Ihr müsst euch im Angriff mehr bewegen, und in der Abwehr muss mehr Härte rein", forderte Schwalb in einer Auszeit. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, wechselte er nach 15 Minuten auf rechtsaußen den oft verschmähten Stefan Schröder für Toptorjäger Hans Lindberg ein.

Das Publikum freute es, doch die munter sprudelnde Fehlerquelle in Hamburgs Rückraum brachte diese Maßnahme nicht zum Versiegen. Marcin Lijewski wollte kein Wurf gelingen, Pascal Hens kein Anspiel. Und statistisch jeder zweite Torversuch misslang, weil Mannheims Torwart Niklas Landin es so wollte. Andreas Nilsson brachte es sogar fertig, binnen zwei Sekunden zweimal völlig frei vom Kreis den Dänen anzuwerfen (19. Minute).

In jedem Wurf, jedem Pass schien die Verunsicherung mitzuschwingen, die gegen Kiel von der Mannschaft Besitz ergriffen hatte. Einzig Schröder und Fredrik Petersen, die in jenem Spiel nicht oder kaum zum Einsatz gekommen waren, wirkten davon unbelastet. Landins Hamburger Kollege Enid Tahirovic, der früh für Dan Beutler kam, hielt den HSV mit einigen spektakulären Paraden zumindest im Spiel.

Denn aussichtslos war der Rückstand lange nicht. "Wir kriegen unsere Chance", rief Schwalb seiner Mannschaft zu. Doch schon im nächsten Angriff spielte Marcin Lijewski den Löwen in die Hände. Kurz darauf musste er für den 18-jährigen Stefan Terzic weichen. Damit hatte Schwalb auch den letzten personellen Joker ausgespielt. Terzics Bilanz: ein Fehlwurf, eine Zeitstrafe.

Als Schwalb zehn Minuten vor Schluss dem ebenfalls 18-jährigen Torwart Max-Henri Herrmann sein HSV-Debüt gönnte, hatte er das Spiel beim Stand von 18:26 bereits verloren gegeben. Am Sonntagabend kann der HSV beim Tabellenletzten Essen die Köpfe wieder ein bisschen aufrichten.

Tore, HSV Hamburg: Vori 4, Lindberg 4 (1 Siebenmeter), Schröder 3, Duvnjak 3, Lijewski 3, Petersen 3 (1), Hens 2, Nilsson 1; Rhein-Neckar Löwen: Gensheimer 12 (4), Ekdahl 5, Petersson 5, Groetzki 3, Myrhol 2, Schmid 2, Sesum 1. Schiedsrichter: Fleisch/Rieber (Ostfildern/Nürtingen). Zuschauer: 9075. Zeitstrafen: 4; 3.