Die HSV-Handballer feiern beim 32:31 in Gummersbach ihren ersten Auswärtssieg, müssen aber ein Spiel ohne ihren Torhüter auskommen.

Hamburg/Gummersbach. Leid und Freude des Johannes Bitter lagen am Sonnabend ziemlich nahe beieinander, 13 Sekunden, um genau zu sein. So lange war noch zu spielen in der Gummersbacher Eugen-Haas-Halle, als die Schiedsrichter Andreas und Marcus Pritschow zu dem Hamburger Torhüter eilten und ihm die Rote Karte vor das ungläubige Gesicht hielten.

Bitter hatte beim Stand von 32:31 für seine Mannschaft auch den letzten Wurf pariert, jedenfalls dachte er das wohl und schien nicht wahrzunehmen, dass die Unparteiischen dem VfL noch einmal einen Freiwurf zugesprochen hatten. Und als er den Ball nach ein, zwei Schritten immer noch nicht herzugeben gedachte, war die Geduld der Pritschows erschöpft.

Sie erkannten einen Fall von "besonders grob unsportlichem Verhalten" gemäß Regel 8:10d, die erst im vergangenen Jahr vom Weltverband IHF neu eingeführt wurde. Sie sieht für ein Vergehen, mit dem eine Torwurfsituation oder eine klare Torgelegenheit verhindert wird, eine Disqualifikation mit schriftlichem Bericht vor.

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Für die Restlaufzeit der Partie fiel Bitters Ausschluss nicht weiter ins Gewicht. Den Gummersbacher Freiwurf konnte der HSV blocken, der Rest war fast unbändiger Jubel über den ersten Auswärtssieg der Saison. "Das Spiel stand bis zum Schluss auf des Messers Schneide", sagte Bitter erleichtert, "aber durch unseren Kampf und den konsequenten Gegenstoß denke ich, dass wir verdient gewonnen haben."

Die Nachwirkungen fielen glimpflich aus. Bitter wurde von der Handball-Bundesliga nur für ein Spiel gesperrt. Hamburg muss damit im Heimspiel am 1. Oktober (19.00 Uhr) gegen Hüttenberg auf den Keeper verzichten. Für Bitter rückt gegen den Aufsteiger U23-Kapitän Florian Meier in den Kader der Hanseaten.

Bitters Vertreter jedenfalls, der von Flensburg verpflichtete Dan Beutler, brachte in Gummersbach keine Hand an den Ball. Es könnte damit zu tun haben, dass er in Gedanken bei seiner hochschwangeren Ehefrau weilte. Die Geburt des gemeinsamen zweiten Kindes sollte gestern eingeleitet werden.

Wahrscheinlich aber werden die Offiziellen von einer allzu strengen Bestrafung absehen und der HSV, wie in Gummersbach, noch einmal davonkommen. Dass es anders als in Berlin und in Mannheim diesmal zum Sieg gereicht hatte, führte Trainer Per Carlén vor allem darauf zurück, "dass wir gelernt haben, 60 Minuten gegen diese offene Abwehr zu kämpfen". Spielerische Fortschritte aber waren kaum auszumachen, der gefühlte Abstand zum THW Kiel, der sich auch bei den Rhein-Neckar Löwen schadlos hielt, blieb stabil. Die Deckung zeigte sich gegen den VfL-Rückraum lange verblüffend überfordert und ließ Barna Putics mit zehn Toren groß herauskommen.

Erst als Carlén nach einem 15:18-Rückstand zur Halbzeit offensiver verteidigen ließ, sank die Fehlerquote. "Die Umstellung hat uns mehr Stabilität verliehen. Dadurch hatten wir einige Ballgewinne und Gegenstöße und konnten die Partie noch drehen", sagte Pascal Hens. Hätten seine Mitspieler von Anfang an so sicher getroffen wie der Kapitän in der zweiten Halbzeit, als er sechsmal erfolgreich war, wäre es gar nicht erst so spannend geworden.

Carlén fand das Angriffspiel auch so "ganz okay", bedenke man, dass sein Rückraum ohne Linkshänder auskommen musste. Den kurzfristig verpflichteten Renato Vugrinec ließ der Trainer noch auf der Bank sitzen. An dem Slowenen, versprach Gummersbachs Trainer Sead Hasanefendic, werde der HSV aber noch "sehr viel Freude haben".

Am Donnerstag wird Vugrinec erstmals Gelegenheit haben, seinen Trainer glücklich zu machen, wenn der HSV in der Sporthalle Hamburg gegen St. Petersburg in die Champions-League-Saison startet (19 Uhr/Eurosport). Es ist eines jener "leichteren Spiele", zu denen Carlén bis Sonnabend auch das in Gummersbach gezählt hatte. Immerhin: Bitters Bestrafung ist für diesen Wettbewerb unwirksam.

Tore, Gummersbach: Putics 10, Pfahl 7, Schindler 5, Lützelberger 4, Zrnic 2, Wiencek 2, Anic 1; HSV Hamburg: Jansen 7, Hens 6, Vori 6, B. Gille 5, Duvnjak 3, Lackovic 3, Lindberg 2 (1 Siebenmeter). Schiedsrichter: Pritschow/Pritschow (Leinfelden-Echterdingen/Stuttgart). Zuschauer: 2179. Zeitstrafen: 5; 2. Rote Karte: Bitter (Hamburg) wegen Spielverzögerung (60.).