Der Meister kassiert in Mannheim mit 29:33 schon die zweite Niederlage in dieser Saison. Abstand zur Spitze beträgt jetzt bereits vier Punkte.

Mannheim. Die letzten Sekunden der Partie erlebten Martin Schwalb und Andreas Rudolph schon nicht mehr mit. Mit versteinerten Mienen hatten sie sich aus dem Innenraum in die Katakomben der SAP-Arena zurückgezogen. Der Präsident der HSV-Handballer und sein Vorgänger hatten genug gesehen von diesem Spiel, und sie haben genug andere gesehen, um zu wissen, was gleich kommen würde: Die anderen würden freudetrunken übereinander herfallen und die Eigenen in Entsetzen und Ratlosigkeit verharren. Drei Tage nach der 25:26-Niederlage von Berlin haben die Hamburger bei den Rhein-Neckar Löwen auch ihr zweites Auswärtsspiel dieser Saison verloren, diesmal mit 29:33 (13:18), und was Trainer Per Carlén vor zwei Tagen noch weglächelte, ist plötzlich aus den Gesichtern zu lesen: eine meisterliche Krise.

Zwei Niederlagen hintereinander waren dem HSV zuletzt vor ziemlich genau drei Jahren passiert. Damals konnte man die nicht vorhandene Vorbereitungszeit nach den Olympischen Spielen von Peking verantwortlich machen. Inzwischen trägt der HSV den Titel des deutschen Meisters vor sich her, und anders als noch in Berlin, wo man von einer offensiven Deckung überrumpelt wurde, gab es gestern Abend nichts, worauf die Hamburger nicht vorbereitet gewesen wären. Trainer Per Carlén tat deshalb gut daran, hinterher nichts zu beschönigen: "Das ist ein sehr harter Tag für uns", sagte der Schwede. Diese zweite Niederlage habe ihn "einen Teil meines Herzens gekostet".

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Einige seiner Spieler scheinen es schon vor dieser Saison verloren zu haben. Es ist schon verwunderlich: Jahrelang schien der HSV an der Last zu zerbrechen, Meister werden zu müssen - auch wenn ihm streng genommen nie jemand eine solche Verpflichtung auferlegt hat. Man möchte also vermuten, dass es sich mit dem Titel im Rücken leichter spielen ließe. Der HSV aber spielte gerade so, als sei das alles nur ein großes Missverständnis - jedenfalls die, die überhaupt spielen können.

"Um bei Gegnern wie Berlin und den Rhein-Neckar Löwen zu bestehen, braucht man einen kompletten Kader", haderte Carlén später. Doch wie schon die Berliner nahmen auch die Mannheimer die halblinke Position der Hamburger in die kurze Deckung, und wie schon in Berlin schien diese Maßnahme Carléns Angriffskonzept über den Haufen zu werfen. Schwächen wie diese hatte vergangene Saison oft genug Torwart Johannes Bitter überdeckt. Gestern konnten weder er noch Neuverpflichtung Dan Beutler Schlimmeres verhindern. Nach sechs Minuten stand es bereits 0:4. "Von diesem Rückstand haben wir uns nie mehr erholt", sagte Carlén. Eine Viertelstunde vor dem Ende konnte sich sein Team noch einmal auf 21:22 herankämpfen, doch dann scheiterte es mal an sich selbst, mal an Löwen-Torhüter Goran Stojanovic.

Wenn es einen gibt, den man von der Kritik ausnehmen muss, ist es Stefan Schröder. Er durfte nach gut 20 Minuten den glücklosen Hans Lindberg ersetzen, doch die Impulse, die er von rechtsaußen setzen konnte, übertrugen sich nicht auf das gesamte Spielfeld.

Dafür hätte es schon einen wie Krzysztof Lijewski gebraucht. Ihn musste der HSV zu den Mannheimern ziehen lassen. Das Wiedersehen fiel schmerzlich aus. Gestern warf Lijewski den HSV mit neun Toren fast im Alleingang aus dem Titelrennen, bis auf Weiteres. "Wir wussten um die Probleme, die der HSV hat", sagte Lijewski, "das haben wir perfekt ausgenutzt."

Vier Punkte beträgt der Rückstand bereits auf die Spitzenkonkurrenz. "Das aufzuholen wird sehr schwer werden", ahnt Carlén. Irgendwie gelte es die Mannschaft bis zum Heimspiel gegen Hildesheim am Sonntag aufzubauen. Wie, bleibt sein Geheimnis.

Tore: Rhein-Neckar: K. Lijewski 9, Gensheimer 6 (3 Siebenmeter), Sesum 4, Groetzki 3, Schmid 3, Bielecki 3, Lund 2, Gunnarsson 2, Müller 1; Hamburg: Schroeder 8, M. Lijewski 5, Duvnjak 4, Lackovic 4, Vori 3, Lindberg 3 (2), B. Gille 1, Jansen 1. Schiedsrichter: Fleisch/Rieber (Ostfildern/Nürtingen). Zuschauer: 7533. Zeitstrafen: 3; 2.