Schmäschke will nach Flensburg und nicht Nachfolger von Präsident Rudolph werden - Klubs favorisieren Schwalb als Bundestrainer.

Hamburg. Auf dem Weg zu ihrer ersten deutschen Meisterschaft haben die Handballer des HSV ihre nächste Pflichtaufgabe erledigt. Gegen die HSG Wetzlar gewann der Bundesliga-Tabellenführer vor 8809 Zuschauern in der O2 World mit 35:27 (17:11). Ohne vier Stammrückraumkräfte gelang den Hamburgern der 19. Sieg in Serie. Am Sonntag folgt beim SC Magdeburg das erste von fünf schweren Auswärtsspielen in der Rückrunde, die den HSV noch nach Berlin, Kiel, Mannheim (Rhein-Neckar Löwen) und Flensburg führt.

Für Aufregung sorgt beim HSV weiter die Personalie Dierk Schmäschke. Der 52-Jährige war auserwählt, Ende August die Nachfolge von Präsident Andreas Rudolph anzutreten, der sich nach sieben Jahren aus dem operativen Geschäft zurückziehen will. Schmäschke jedoch zieht es zurück an seine alte Wirkungsstätte nach Flensburg. Dort hatte er 25 Jahre lang erfolgreich gewirkt, zuerst als Bundesligaspieler, später im Management. Rudolph betonte gestern zwar, dass der HSV-Aufsichtsrat "schon sehr lange" im Gespräch mit Schmäschke sei. Die Führungsgremien der SG Flensburg-Handewitt gehen nach Abendblatt-Informationen allerdings davon aus, dass Schmäschke zum 1. Juli neben Holger Kaiser Geschäftsführer des Klubs wird. SG-Präsident Frerich Eilts wollte die laufenden Gespräche nicht kommentieren, sagte dem Abendblatt aber: "Wir haben gute Kontakte zu Herrn Schmäschke."

Sollte dieser dem Ruf an die Förde folgen, droht dem HSV ein Führungsvakuum, zumal mit Zana Parr und Dieter O. Jost wohl zwei weitere Mitglieder dem Präsidium künftig nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Mögliche Alternativen zu Rudolph wären Deutscher-Ring-Chef Wolfgang Fauter oder Hotelmanager Christoph Strenger ("East"). Dass Rudolph die Geschäfte weiterführt, dementierte er gestern noch einmal energisch. Zugleich versuchte er Bedenken zu zerstreuen, er könnte den HSV auf den hohen Personalkosten, die er ihm in den vergangenen Monaten durch Neu- und Folgeverträge aufgebürdet hat, allein sitzen lassen. Vielmehr wolle er die Mitglieder darum ersuchen, seine Anteile an der Spielbetriebsgesellschaft von derzeit 49 Prozent aufzustocken, um seiner Verantwortung gerecht zu werden. Laut Lizenzstatuten müssen dem Verein nur 25 Prozent verbleiben.

Mit Schmäschkes Wechsel würden sich die Flensburger das erste Mal personell in Hamburg bedienen. Bisher liefen die Transfers stets in die andere Richtung. Der HSV holte aus Flensburg die Spieler Stefan Schröder (2005), Blazenko Lackovic, Marcin Lijewski (2008), Torhüter Dan Beutler und Oscar Carlén (2011). Dazu kommt mit Per Carlén der künftige Trainer von der Förde. Der Schwede hat beim HSV einen Vertrag bis 2014 unterschrieben. Dass sein Sohn Oscar seinen Job beim HSV schon in der nächsten Woche antritt - die Wechselfrist endet am 15. Februar - ist seit gestern fast auszuschließen. Eine diesbezügliche Anfrage hatten die Hamburger in Flensburg zwar gestellt. Doch offenbar hat sich Carlén beim gestrigen 36:26-Sieg über Hannover-Burgdorf eine schwere Knieverletzung zugezogen. Sollte sich der Verdacht auf Kreuzbandriss bestätigen, müsste der HSV wohl selbst die neue Saison ohne den Linkshänder in Angriff nehmen. Im Kampf um die Meisterschaft könnte der HSV einen wie ihn in der Tat gebrauchen. Mit Marcin Lijewski haben die Hamburger derzeit nur einen gesunden Linkshänder im rechten Rückraum, ein Comeback seines Bruders Krzysztof ist nach der zweiten Schulteroperation nicht abzusehen.

Selbst die Zukunft von Trainer Martin Schwalb beim HSV scheint auf einmal nicht mehr gewiss. Der 47 Jahre alte Coach sollte am 1. Juli die Position des Geschäftsführers übernehmen, nun wurden Begehrlichkeiten der Handball-Bundesliga (HBL) bekannt. Die Klubs wünschen sich den Hamburger als Nachfolger von Bundestrainer Heiner Brand. Der tritt wahrscheinlich zum 30. Juni ab und wird beim Deutschen Handball-Bund (DHB) eine andere Führungsaufgabe übernehmen. Während die HBL Schwalb wegen seiner fachlichen Fähigkeiten und seiner medialen Erfahrung favorisiert, soll nach dem Willen des DHB Brands Co-Trainer Martin Heuberger seinen Chef beerben. Schwalb dementiert öffentlich zwar sein Interesse am Job des Bundestrainers, aus seinem Umfeld wiederum ist zu hören, dass ihm ein entsprechendes Angebot schmeicheln würde. Dem HSV würde in diesem Fall ein zweiter zentraler Baustein in seinem personellen Zukunftskonzept wegbrechen.