Der bisherige Vize Dierk Schmäschke, der den Handball-Präsidenten Andreas Rudolph beerben sollte, verhandelt nun mit Flensburg.

Hamburg. Heute öffnet der HSV Hamburg wieder seine Tore. Zum Start in den zweiten Saisonabschnitt der Handball-Bundesliga empfängt der Tabellenführer die HSG Wetzlar (20.15 Uhr, O2 World). Trainer Martin Schwalb muss auf die verletzten Krzysztof Lijewski (Schulter) und Guillaume Gille (Muskelfaserriss im Oberschenkel) verzichten, der Einsatz Blazenko Lackovics (Entzündung in der Schulter) scheint ausgeschlossen, der der erkälteten Bertrand Gille und Michael Kraus entscheidet sich kurz vor dem Anwurf. "Im ersten Spiel nach der langen WM-Pause könnte es an einigen Stellen haken, die Mannschaft sollte aber erfahren genug sein, um sich schnell wieder in unseren Spielsystemen zurechtzufinden", sagt Schwalb. 8500 Eintrittskarten sind verkauft.

Während Mannschaft und Trainer weiter am Drehbuch der ersten deutschen Meisterschaft des HSV arbeiten, droht das geplante Revirement im Präsidium des Vereins zu platzen. Ursprünglich sollte Vizepräsident Dierk Schmäschke, 52, Ende August des Jahres Präsident Andreas Rudolph, 55, beerben, wenn dieser sich nach dann fast sieben Jahren auf die Tribüne zurückzieht. Das hatte Rudolph im vergangenen Juli angekündigt. Daraus scheint nun nichts zu werden. Wie das Abendblatt erfuhr, steht Schmäschke in aussichtsreichen Verhandlungen mit Bundesliga-Konkurrent SG Flensburg-Handewitt. Er soll dort zum 1. Juli Geschäftsführer Marketing werden und mit dem jetzigen Geschäftsführer Holger Kaiser eine Art Doppelspitze bilden. Der Vertragsabschluss, heißt es, stehe kurz bevor. Auf Anfrage des Abendblatts sagte Schmäschke gestern Abend: "Ich äußere mich nicht zu Gerüchten."

Dass der Präsidentschaftskandidat von Bord gehen könnte, käme nicht überraschend. Schmäschke hatte wiederholt von Rudolph juristisch verbindliche Erklärungen gefordert, wie dieser den Etat des Klubs in den nächsten Jahren zu finanzieren gedenke, als weitestgehende Antwort jedoch nur "Mach dir man keine Sorgen" erhalten. Zwischen Einnahmen und Ausgaben klaffen beim HSV fast schon traditionell Löcher von jährlich rund zwei Millionen Euro, die Rudolph stets mit privaten Geldern gestopft hat. Sein Mäzenatentum wollte der Gesundheitsunternehmer mit seinem Rückzug aus dem Präsidium zur nächsten Saison indes beenden. Er stünde nur noch als Sponsor mit seinen Firmen zur Verfügung, ließ er den HSV mehrmals wissen, und das weiter mit 1,5 Millionen Euro im Jahr; eine großzügige Summe, die auf dem freien Markt selbst für einen Spitzenverein der Handball-Bundesliga schwer zu erzielen sein dürfte.

Ohne feste Zusagen des scheidenden Präsidenten wäre Schmäschke weiter auf das Wohlwollen und Entgegenkommen Rudolphs angewiesen. Damit konnte der Klub zwar bisher bestens leben, und solange Rudolph noch Präsident, Geschäftsführer und Gesellschafter der HSV Handball Betriebsgesellschaft mbH ist, muss sich kein Präsidiums- oder Aufsichtsratsmitglied ernsthafte Sorgen um seine persönliche Haftung im Falle von Verlusten machen. Wird Rudolphs Namen im August im Vereins- und Handelsregister gelöscht, würde sich das ändern.

Das zweite Problem: Im Etat des Vereins, der mehr als zehn Millionen Euro beträgt, gibt es kaum Einsparpotenzial. Die Verträge mit den Spielern hat Rudolph zum Teil langfristig zu verbesserten Konditionen verlängert, gestern unterschrieb Rechtsaußen Stefan Schröder bis 2013, und mit dem Flensburger Torhüter Dan Beutler hat er einen teuren dazugekauft. Sollten auch Bertrand und Guillaume Gille in Hamburg bleiben, was die Fans hoffen, wäre die nächste Mannschaft weit teurer als die jetzige. Zuschauer- und Sponsoreneinnahmen wiederum sind nahezu ausgereizt, ein Präsident Schmäschke hätte in den nächsten Jahren kaum noch Handlungs- und Gestaltungsspielraum.

Das mag ihn bewogen haben, seine Rückkehr zur SG Flensburg anzubahnen. Dort hatte er als Bundesligaspieler und Geschäftsführer 25 Jahre lang Erfolg. Schmäschke, von Beruf Lehrer, spricht fließend Dänisch, er trieb den Bau der Campus-Halle voran, bevor er 2003 zum HSV wechselte. In Hamburg arbeitete er als Berater, dann als Geschäftsführer, vom September 2006 an als bezahltes Präsidiumsmitglied. Schmäschke hat dank seiner hervorragenden Kontakte zum Lufthansa-Aufsichtsrat Jürgen Weber zahlreiche hochwertige Sponsoren für den HSV akquiriert. Er war nie ein Mann großer Worte, sein Abschied würde den Verein jedoch schwer treffen.