Die HSV-Handballer gehen mit alten Zielen in die neue Spielzeit. Morgen Saisonauftakt in der Sporthalle Hamburg gegen Aalborg

Hamburg. Bevor Martin Schwalb etwas sagen durfte, musste er den Raum schon wieder verlassen. HSV-Aufsichtsrat Maximilian Huber wollte dem Trainer anlässlich der Pressekonferenz im Haus seines Arbeitgebers Sharp zunächst ein Geschenk der Firma überreichen: einen Flachbildschirm in Übergröße mit 8,4 Millionen Bildpunkten "für noch schärfere Analysen", wie Huber scherzend, aber ohne Gemeinheiten im Sinn hinzufügte.

Dass es den Handballern in der Vergangenheit am Blick fürs Detail gefehlt haben sollte, wäre vermessen zu behaupten, auch wenn es am Ende Winzigkeiten waren, die sie von der ersten deutschen Meisterschaft trennten, ein Punkt, um genau zu sein. Rein äußerlich hat Schwalb, 47, damit seinen Frieden geschlossen. Bevor morgen mit dem Freundschaftsspiel gegen den dänischen Meister Aalborg (19 Uhr, Sporthalle Hamburg) offiziell die Saison beginnt, die seine letzte als Trainer sein soll, und bevor er auf den Geschäftsführerposten wechselt, glaubt er erkannt zu haben, was zu tun ist: "Wir müssen bei gemeinsamer Härte konsequenter in der Abwehr sein und technische Fehler abstellen. Daran arbeiten wir hart."

Die Frage ist, ob Arbeit allein ausreicht. Stefan Schröder und Krzysztof Lijewski sind verletzt. Auf absehbare Zeit stehen Schwalb nur zwei gesunde Linkshänder zur Verfügung, Bundesligatorschützenkönig Hans Lindberg auf Rechtsaußen und Marcin Lijewski im rechten Rückraum, den "Gewinner der Vorbereitung", wie Schwalb ihm mit breitem Grinsen schmeichelte. Um die letzten Linken zu entlasten, lässt der Trainer abwechselnd Neuzugang Michael Kraus, Blazenko Lackovic und Domagoj Duvnjak auf die rechte Seite ziehen. "Die Jungs können das lernen", sagte Schwalb, "aber viele Abläufe sind mit Rechtshändern nahezu unmöglich."

Man konnte diesen Worten einen versteckten Hilferuf entnehmen, doch der Adressat war beruflich verhindert. Präsident Andreas Rudolph hat sich bislang gegen eine weitere Verpflichtung gesperrt, aus Kostengründen, wie es heißt. Offiziell beläuft sich der Etat für die nächste Saison auf 8,5 Millionen Euro, 300 000 mehr als in der vergangenen. Er dürfte im Verlauf des Jahres weiter ansteigen, weil der Verkauf der Dauerkarten (bislang 5600) auf neue Rekordhöhen zusteuert und laut Vizepräsident Dierk Schmäschke Sponsoringverträge vor dem Abschluss stehen.

Es könnte den nötigen finanziellen Spielraum bringen, um doch einmal einen Transfer zu tätigen. Den hatte der sportliche Leiter Christian Fitzek im Sinn, als er sagte: "Wir werden im Detail besprechen, was wir als Verein tun können, um zu helfen." Zwei Spieler für zwei Positionen stellten "doch ein gewisses Risiko" dar für die Saisonziele.

An ihnen - mindestens einmal Rathausbalkon - hat sich beim Pokalsieger wenig geändert. Der Titel, egal ob in der Champions League, der Meisterschaft oder im Pokal, dürfe "nur über den HSV gehen", forderte Schwalb: "Wenn man die Saison mit sieben Minuspunkten als Vizemeister abschließt, will man bei der Titelvergabe natürlich mitreden." Es ist das Kapitel, das noch geschrieben werden muss, um die Erfolgsgeschichte abzurunden, die Schmäschke erzählt. Man habe 2009/2010 erstmals die meisten Zuschauer (10 372) gehabt, strebe nun einen Schnitt von 11 000 an, verfüge über eine Trainingshalle Tür an Tür zur Geschäftsstelle und, auch dank der Kooperation mit dem Hamburger SV, über eine vorzeigbare Nachwuchsabteilung mit Talenten aus ganz Deutschland. "Wir sind Botschafter in ganz Europa." Allerdings trägt der HSV auch seit Jahren den Ruf vor sich her, aus seinen großen Möglichkeiten im Vergleich zum Rekordmeister THW Kiel zu wenig zu machen. Da kann Schwalb noch so sehr darauf verweisen, dass nur der HSV die vergangene Saison spannend gemacht hat. "Da sollen jetzt mal andere oben reinkommen mit ihren Ansprüchen", womit wohl die Rhein-Neckar Löwen gemeint waren. Eine Hoffnung bleibt: Nach der Verletzung von Kim Andersson holten die Kieler mit nur zwei Linkshändern, Christian Zeitz und Christian Sprenger, im Juni ihren sechsten Titel in Folge.