Kraus überzeugte im letzten Testspiel der HSV-Handballer gegen den dänischen Meister Aalborg mit acht Toren.

Hamburg. Mit 30:21 hatten die Handballer des HSV gegen den dänischen Meister Aalborg ihr 13. und letztes Vorbereitungsspiel auf die neue Bundesligasaison klar gewonnen, Trainer Martin Schwalb aber sprach hinterher von einer Täuschung durch Fakten. "So gut waren wir längst nicht. Da sieht man mal wieder, wie Zahlen lügen können. Nur in der Abwehr haben wir einen ordentlichen Job gemacht, auch unsere Torhüter haben mich überzeugt, im Angriff dagegen lief vieles unrund."

Dabei hatte dieses Testspiel durchaus schöne Seiten. Es bot schließlich die Gelegenheit, Kunststücke zu zeigen, dessen Zweckmäßigkeit der ergebnisorientierte Liga-Alltag infrage stellen würde. Also drehte sich Blazenko Lackovic im Vorwärtslaufen einmal um die eigene Achse, versetzte seine Gegenspieler dabei in andächtiges Staunen, passte in diesem Moment den Ball mit der Rückhand zu dem dadurch freistehenden Igor Vori - doch die Geschichte nahm kein Happy End. Voris Wurf landete, weil unplatziert, in den Händen von Torhüter Jannick Green Kreijberg. Beifall gab's dennoch für diese spektakuläre Aktion. 2712 Zuschauer in der Sporthalle Hamburg waren gekommen, um sich unterhalten zu lassen, und sie wurden unterhalten.

Es war Fantag bei den HSV-Handballern. Die ersten kamen gegen 16 Uhr, drei Stunden vor dem Anwurf, die letzten gingen nach 22 Uhr, mehr als anderthalb Stunden nach dem Schlusspfiff. Der deutsche Vizemeister und Pokalsieger erfreut sich weiter steigender Beliebtheit. Das dokumentiert nicht nur der neue Rekord beim Verkauf der Dauerkarten, mehr als 5700 sind es bereits knapp zwei Wochen vor dem ersten Heimspiel gegen Aufsteiger Hamm, sondern auch das Outfit vieler Anhänger. Schals und Trikots gehören zur Standardausrüstung, auch beim Merchandising erwarten die Hamburger Umsatzrekorde. Eine halbe Million Euro scheinen kein unrealistisches Ziel - wenn sich der erhoffte Erfolg einstellt.

Besondere Begehrlichkeiten könnte das Wäschestück mit der Nummer zwei auslösen. Als Neuzugang Michael "Mimi" Kraus , der bisher einzige in dieser Saison, in der 14. Minute das Spielfeld betrat, erhielt er Sonderapplaus. Der steigerte sich dreieinhalb Minuten später, als Kraus aus acht Metern das erste Mal traf, zum 7:4. Sein Wurf wirkte auf Torhüter Kreijberg wie ein Geschoss. Der Ball flog derart schnell auf ihn zu, dass er keine Zeit fand, die Arme hochzureißen. Es ist diese Dynamik und Explosivität, die Trainer Schwalb von dem 26-Jährigen schwärmen lässt.

Aber Kraus zeigte mehr als seine bekannte Schnelligkeit, er bewährte sich auch in der Abwehr auf der halbrechten Position. Dorthin will ihn der Trainer jetzt öfter stellen. Wie das aussehen könnte, zeigte sich in der 37. Minute. Kraus fing einen Angriff der Dänen ab, stürmte nach Doppelpass mit Bertrand Gille auf das Aalborger Tor zu und verwandelte sicher vom Kreis zum 17:14. Das Publikum war begeistert. Mit acht Toren wurde Kraus zum ersten Mal bester HSV-Torschütze. "Er ist bei uns angekommen", lobte Schwalb.

Am Ende war nur einer richtig genervt: Pascal Hens. Der Nationalmannschaftskapitän hatte einmal mehr die ganze Härte des modernen Handballs zu spüren bekommen, als ihm die Fäuste seines Gegenspielers Ingimundur Ingimundarson ins Gesicht schlugen. Hens ist diese ruppige Gangart gewohnt, er beklagt sie trotz zahlreicher schwerer Verletzungen nicht einmal mehr. Dass sich die beiden Schiedsrichter aber nicht einig bei der Zweiminutenstrafe, die es schließlich gab, waren, erzürnte ihn schon. "Solche Aktionen müssten nicht sein, doch sie gehören dazu", sagte Schwalb, "gegen uns zu spielen bedeutet für viele Teams eine Herausforderung, entsprechend übermotiviert gehen sie zur Sache."

HSV-Tore: Kraus 8 (1 Siebenmeter), B. Gille 5, Lackovic 4, Duvnjak 4, Hens 2, M. Lijewski 2, Lindberg 2 (1), Schliedermann 1, Vori 1, Flohr 1.