Gegen die Füchse Berlin steht der Interimstrainer der HSV-Handballer vor seiner Feuertaufe. Assistieren sollen ihm die Profis des deutschen Meisters.

Hamburg. An seinen Ritualen hält Jens Häusler fest, auch wenn sie ihm kürzlich auf der Homepage des HSV Hamburg das Co- vor dem Trainer gestrichen haben. Wo seine Vorgänger die Trillerpfeife um den Hals baumeln hatten, streift er sich zu Beginn der Übungseinheit des deutschen Handballmeisters das gelbe Leibchen über und wirft sich hinein in das launige Fußballspiel. Die gute Stimmung in der Mannschaft ist ihm wichtig, auch sie hatte ja gelitten in der misslungenen Hinrunde, die Per Carlén am Ende den Chefposten gekostet hatte.

Mittlerweile hat ihn Häusler, 44, übernommen. Vorübergehend, wie er selbst sagt. Zur neuen Saison will Präsident Martin Schwalb, der Meistermacher der vergangenen Saison, einen Nachfolger präsentieren und Häusler wieder ins zweite Glied zurücktreten. Bis dahin sieht der Interimstrainer "eine spannende Zeit" auf sich zukommen, beginnend mit dem morgigen Bundesliga-Spitzenspiel gegen die Füchse Berlin, in dem man den Tabellenzweiten mit einem Sieg wieder "näher heranzurren" wolle (20.15 Uhr, O2 World/Sport1).

Aufbruchstimmung zu verbreiten, auch darum ging es beim gestrigen Medientermin des HSV. Viel Zuspruch will Häusler in den vergangenen drei Wochen von seiner Mannschaft bekommen haben. Erst seit Donnerstag sind auch alle EM-Teilnehmer wieder dabei, da sei Grundlagenarbeit zwar kaum möglich. Und doch glaubt Häusler, das Problemfeld inzwischen eingekreist zu haben: "Im Spiel nach vorn fehlte es uns an Geduld und Präzision." Die Tugenden der Meistersaison, Tempogegenstöße und schnelle Mitte (der sofortige Wiederanwurf nach einem Gegentor), seien im vergangenen halben Jahr etwas auf der Strecke geblieben. Als Sofortmaßnahme hat Häusler seinen Spielern individuelles Training verschrieben. Er sagt: "Wir wollen ein paar Krankheitsbilder und athletische Defizite ausmerzen, die sich bei uns eingeschlichen haben."

Noch, das betonen Schwalb und Häusler bei jeder Gelegenheit, sei ja wenig verloren in dieser Saison trotz acht Punkten Rückstand auf den THW Kiel. "Wir haben noch die große Chance, ins Finalturnier der Champions League und des DHB-Pokals zu kommen und auch in der Bundesliga noch weit zu kommen", sagt Schwalb. Aber dafür, fügt er vielsagend hinzu, "brauchen wir eine intakte Mannschaft". Was er damit meint, umschreibt der HSV-Präsident so: "Wir wollen ein geschlossenes Bild abgeben und klarmachen, dass wir uns in jeder Sekunde für den Erfolg zerreißen." Und dafür sei der frühere Profi Häusler der Richtige. Die Vereinsführung vertraue dem Zweimetermann, der in der vergangenen Saison noch als Spielertrainer bei der SG Kropp/Tetenhusen/Dithmarschen in der dritten Liga wirkte. Die Spieler ohnehin.

+++Die HSV-Handballer feiern ihren Europameister+++

Damit wäre zumindest die wichtigste Voraussetzung für die Aufgabe erfüllt, die Schwalb und Häusler den Profis übertragen wollen: Sie sollen künftig ihrem neuen Coach assistieren. Deshalb habe man bewusst darauf verzichtet, einen Co-Trainer zu benennen. Ursprünglich hatte Häusler für diese Position Guillaume Gille als Spielertrainer favorisiert. Doch der Kapitän soll die Mannschaft weiterhin vornehmlich als Spielmacher unterstützen. Vielmehr sieht Schwalb jeden einzelnen Spieler als Häusler-Berater in der Pflicht. Den vakanten Platz auf der Bank - jede Mannschaft darf vier Offizielle benennen - soll Betreuer Mirko Großer einnehmen. Sollte ein Spieler verletzt sein, könne auch der als Mannschaftsverantwortlicher auf dem Spielberichtsbogen vermerkt werden und Häusler beim Coachen assistieren.

"Ich sehe das auch als eine große Chance für die Mannschaft zu zeigen, welche Charaktere in ihr stecken", sagte Schwalb. Es sei in ihrem ureigenen Interesse: "Sie wollen am Ende der Saison ja noch gefeiert werden." Dass er selbst auf die Bank zurückkehrt, sei nie ein Thema gewesen, versicherte Schwalb: "Ich will nicht das Damoklesschwert über unserem neuen Trainer sein." Sollte sein Rat gefragt sein, werde er gern aus seinem Erfahrungsschatz schöpfen. Im Übrigen werde sein Platz während der Spiele irgendwo in der Halle sein, in deutlichem Abstand von der Mannschaft.

Nur die Besuche in der Kabine behält sich Schwalb weiterhin vor: "Aber das sehe ich auch als eine meiner Aufgaben an." So hat es schon sein Vorgänger Andreas Rudolph vorgelebt, der sich inzwischen als mal mehr, mal weniger stiller Teilhaber der HSV-Handball-Betriebsgesellschaft eher im Hintergrund hält. Beide wissen, dass in der Rückserie nicht nur sportliche Ziele auf dem Spiel stehen. Morgen will sich auch der neue Hauptsponsor AOK Rheinland/Hamburg mit viel Tamtam den Fans präsentieren. Ein Misserfolg wäre kein guter Beginn für diese Partnerschaft.

Der HSV, sagt Schwalb, sei nun einmal dem Erfolg verpflichtet: "Wir gehören unter die besten drei der Liga und müssen Anwärter auf jedes Finalturnier sein." Den Rückstand auf Kiel aufzuholen sei die Aufgabe der Zukunft. Häuslers Nachfolger, wer es auch sein mag, wird sie zu lösen haben.