HSV-Handballer unterliegen im Final-Four-Halbfinale dem neuen Meister THW Kiel 25:27. Es war die beste Saisonleistung der Hamburger.

Hamburg. Dan Beutler war gezeichnet. Mit blutigen, von Schürfwunden übersäten Händen stand der sichtlich erschöpfte Keeper der HSV-Handballer im Kabinentrakt der Hamburger O2 World und versuchte Worte für seine Enttäuschung zu finden. Trotz großen Kampfes und beachtlicher Leistung hatten die Hamburger im Halbfinale des Final Fours 25:27 (13:15) gegen den THW Kiel verloren und damit den Einzug ins deutsche Pokalendspiel verpasst. "Wir haben lange, sehr lange nicht mehr so gut gespielt. Aber was bringt das, wenn du am Ende nicht gewinnst?", fragte Beutler und ließ die Bemerkung schweigend im Raum stehen.

Kaum jemand hatte vor dem Duell damit gerechnet, dass die Hamburger ihrem Nachfolger als deutscher Meister Paroli bieten könnten. Doch das Team von Trainer Martin Schwalb widerlegte seine Kritiker eindrucksvoll. Vor allem Pascal Hens setzte zu Beginn der ersten Halbzeit Akzente aus dem Rückraum und warf die Hamburger in der siebten Minute 4:1 in Führung. "Wir sind gut ins Spiel gekommen", analysierte Schwalb später, betonte aber, dass Hinausstellungen sein Team anschließend aus dem Konzept gebracht hätten.

Worauf Schwalb anspielte, war eine umstrittene Zweimal-zwei-Minutenstrafe gegen HSV-Kreisläufer Igor Vori in der 17. Minute. Der Kroate, der trotz eines eingeklemmten Rückennervs antrat, hatte Schiedsrichter Marcus Helbig nach einem Foulspiel und der daraus resultierenden Hinausstellung ein lautes "Warum?" zugerufen, wie Vori erklärte. Dafür mit einer zusätzlichen Zeitstrafe wegen Meckerns belegt zu werden, hielten nicht nur die lautstark protestierenden Fans der Hamburger für übertrieben, auch das neutrale Publikum wunderte sich. Kiel wiederum nutzte die Überzahl, ging durch Linksaußen Henrik Lundström erstmals mit 8:7 in Führung und gab diese bis zur Halbzeitpause nicht mehr her.

Doch der HSV bewies auch in der zweiten Hälfte spielerische und kämpferische Qualitäten, Linksaußen Matthias Flohr traf in der 38. Minute zur erneuten Zwei-Tore-Führung (19:17). Kiel blieb dran, die letzten vier Minuten sollten die Entscheidung bringen. Und wie so oft in der Vergangenheit hatte der THW die größeren körperlichen Reserven, der HSV aber durfte zu Recht mit einigen Schiedsrichterentscheidungen hadern: Hamburgs Linksaußen Torsten Jansen traf in der 57. Minute zum 26:26. Dachte Schwalb. Dachten ebenfalls die in türkisfarbene Fanshirts gekleideten HSV-Anhänger unter den 13 056 Zuschauern in der ausverkauften O2 World. Das Tor wurde nicht gegeben, weil Jansen laut Schiedsrichterduo Geipel/Helbig ein Stürmerfoul gegen Christian Zeitz begangen hatte. Jansen konnte die Entscheidung nicht nachvollziehen. "Das war ein ganz normaler Körperkontakt", sagte der 35-Jährige.

+++ Schwalb: "Es gibt kein Abonnement auf Titel" +++

Noch zweimal hatten die Hamburger danach die Chance zum Ausgleich, doch THW-Keeper Thierry Omeyer, der fünfzig Minuten lang eine eher durchschnittliche Leistung bot, hielt gegen Hans Lindberg und Jansen und ließ alle Hoffnungen der Hamburger auf ein Pokalwunder platzen. Während Kiel mit einem Jubeltanz den Finaleinzug feierte, schleppten sich die HSV-Profis mit bleichen Mienen in ihre Fanecke und applaudierten den Anhängern für deren unermüdliche Unterstützung.

Über die Gründe, warum es am Ende nicht zum Sieg gereicht hatte, konnten die Spieler nur spekulieren. "Es waren wohl die Nerven", meinte Michael Kraus, während Stefan Schröder und Beutler "das Glück einfach auf Seiten des THW" wähnten. Die Mannschaft habe jedenfalls eine beeindruckende Leistung gezeigt, betonte Schwalb. Auf diesen starken, couragierten Auftritt müsse man nun für das Bundesligaspiel gegen Kiel am nächsten Sonntag (13.10 Uhr, O2 World) bauen. Die Überraschung blieb diesmal zwar aus, der HSV hatte jedoch Charakter gezeigt. Der wäre in dieser Saison öfter auch im Bundesligaalltag gegen leichtere Gegner vonnöten gewesen, nicht nur in Spielen gegen die Kategorie THW Kiel.

Stefan Kretzschmar wird die Entwicklung des HSV weiter von außen betrachten. Der als Sportdirektor oder Trainer gehandelte ehemalige Nationalspieler erklärte, dass er sich beim Zweitligaklub Leipzig in der Pflicht sehe: "Ich bin da noch nicht fertig."

Tore: HSV Hamburg: Lindberg 10 (6 Siebenmeter), Hens 4, Duvnjak 3, Kraus 2, Vori 2, Flohr 1, Jansen 1, Lackovic 1, Lijewski 1. THW Kiel: Ilic 6 (3), Jicha 5 (1), Andersson 4, Narcisse 4, Ahlm 3, Lundström 3, Sprenger 2. Zeitstrafen: 5; 3.