Hamburg. Der sportliche Aufschwung des Kiezclubs begann vor acht Monaten in Hannover. Nun lockt dort sogar Platz eins.

Wenn Timo Schultz an diesem Sonnabend (13.30 Uhr, Sky und Liveticker bei Abendblatt.de) beim Aufwärmen seiner Mannschaft den Rasen der HDI Arena in Hannover betritt, wird sein Blick auf das Tor vor der Südkurve gehen. Hier erzielte am 16. Januar der damals noch 17 Jahre alte Igor Matanovic in der Nachspielzeit den Siegtreffer zum 3:2-Endstand für den FC St. Pauli bei Hannover 96. Der Erfolg markierte für St. Pauli nicht nur das Ende einer fast zweijährigen Sieglosigkeit außerhalb Hamburgs und den ersten Dreier nach 13 Saisonspielen, sondern sollte der Ausgangspunkt für einen sportlichen Aufschwung sein, der bis heute anhält.

„Uns ist damals ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Wenn man sieht, was in den acht Monaten seither alles passiert ist und in welchem Zustand wir heute sind, können wir alle stolz sein auf den Weg“, sagt Trainer Schultz. In Zahlen ausgedrückt stellt sich die angesprochene Entwicklung so dar, dass St. Pauli inklusive des Siegs in Hannover in 24 Spielen 47 Punkte sammelte – und damit mehr als jeder andere aktuelle Zweitligist. „Wir fahren mit einem guten Gefühl nach Hannover und hoffen natürlich, dass es nach dem Spiel auch so bleibt“, sagt Schultz. Auch der 2:0-Sieg im Test gegen die 96er Ende Juni an selber Stelle trägt zu diesem guten Gefühl bei.

FC St. Pauli gelang in Hannover die Wende

Hatte St. Pauli Mitte Januar als Tabellen-17. noch mit dem Rücken zur Wand gestanden und hatte Hannover noch vage Aufstiegshoffnungen, so haben sich die Verhältnisse inzwischen deutlich verschoben. Jetzt sind plötzlich die „Roten“, die im selben Zeitraum nur auf 23 Punkte kamen, nach erst einem Sieg aus fünf Saisonspielen auf Rang 17 abgerutscht, während St. Pauli mit einem erneuten Auswärtserfolg gar die Tabellenführung übernehmen könnte – zum ersten Mal seit mehr als drei Jahren.

Genau 1139 Fans der Hamburger werden ihr Team aus dem Gästeblock heraus unterstützen. Das zur Verfügung gestellte Kartenkontingent wurde damit komplett ausgeschöpft. So viele eigene Anhänger haben die Millerntor-Elf seit Beginn der Pandemie nicht mehr zu einem Auswärtsspiel begleitet. „Wir wollen ihnen natürlich auch etwas bieten“, sagt Timo Schultz angesichts des zu erwartenden Supports. „Wenn wir von Anfang an hellwach sind und unsere Stärken auf den Platz bringen, kann es ein gutes Spiel werden.“

St. Pauli wartet seit April auf Auswärtssieg

Allerdings ist es mittlerweile auch schon wieder fünf Monate her, dass St. Pauli ein Auswärtsspiel in der Zweiten Liga für sich entscheiden konnte. Nach dem überaus überzeugenden 3:1 in Aue am 10. April folgten auf fremden Plätzen vier Niederlagen und ein Unentschieden bei gerade einmal einem erzielten Tor. „Ich sehe die Schere zwischen Heim- und Auswärtsspielen nicht so. Wir haben in der vergangenen Saison bewiesen, dass wir auch auswärts gewinnen können. Das wird auch diesmal so kommen. Idealerweise starten wir damit an diesem Wochenende“, sagt Schultz. „Aber auch wenn es nicht so kommt, wird es uns nicht verrückt machen.“

Ungewohnt war es für den Cheftrainer allerdings zuletzt, dass seine auf dem Trainingsplatz zur Verfügung stehende Truppe nicht allein durch Verletzungen arg dezimiert war. „Es ist eine neue Erfahrung für mich gewesen, in der Länderspielpause auf viele Jungs verzichten zu müssen“, sagt Schultz angesichts dessen, dass Torwart Nikola Vasilj (Bosnien), Innenverteidiger James Lawrence (Wales), Mittelfeldspieler Jackson Irvine (Australien), Offensivakteur Daniel-Kofi Kyereh (Ghana) und schließlich Finn Ole Becker (Deutschland U 21) mit ihren Nationalmannschaften unterwegs waren. Bis auf Irvine sind alle Genannten Stammspieler bei St. Pauli.

Corona-Alarm bei St.-Pauli-Gegner Hannover 96

Vor diesem Hintergrund war Schultz „nicht gerade unglücklich“ darüber, dass Lawrence beim 0:0 seiner Waliser im WM-Qualifikationsspiel gegen Estland 90 Minuten auf der Bank verbrachte. Bei Irvine hingegen war der Coach sogar froh, dass dieser beim 1:0 Australiens gegen Vietnam erstmals seit Monaten wieder 90 Minuten absolvieren konnte, nachdem er seit seiner Verpflichtung im Juli zunächst hatte körperlich aufgebaut werden müssen.

Aufregung gab es am Freitag unterdessen bei Hannover 96 in Sachen Corona. Nachdem zuvor schon der kurzfristig verpflichtete Tom Trybull wegen eines positiv ausgefallenen Tests in Quarantäne geschickt worden war, wurde auch Offensivspieler Valmir Sulejmani positiv getestet. Dazu kamen vier Fälle bei der U-23-Mannschaft.

Daraufhin wurde deren Regionalligaspiel beim HSC Hannover abgesetzt. Eine Spielabsage auch des Zweitligaspiels der 96er gegen St. Pauli war hingegen nicht nötig, da alle weiteren Tests im Profiteam negativ ausfielen.

Hannover 96: Zieler – Muroya, M. Franke, Börner, Hult – D. Kaiser, Frantz – Maina, S. Ernst, Beier – Hinterseer.FC St. Pauli: Vasilj – Wieckhoff, Medic, Lawrence, Paqarada – Aremu – Becker, Hartel – Kyereh – Makienok, Burgstaller.