Nach dem 1:3 gegen Kaiserslautern ist St. Pauli Tabellenletzter. Aber Steigerung in der zweiten Halbzeit nährt Hoffnungen

Hamburg . Noch einige Minuten nach dem Schlusspfiff schallte es „St. Pauli, St. Pauli“ durch das Millerntorstadion. Die Rufe waren als Anerkennung der Fans an ihre Mannschaft zu interpretieren, obwohl sie sich mit dem 1:3 (0:2) gegen den 1. FC Kaiserslautern gerade die dritte Punktspiel-Niederlage in Folge eingehandelt hatte und mindestens bis zum kommenden Freitag auf dem letzten Tabellenplatz der Zweiten Liga verbringen wird.

Die aufmunternden Rufe hatten ihren Grund in einer von den St. Paulianern engagiert geführten zweiten Halbzeit, in der es lange zumindest die Hoffnung gab, dass es trotz der krassen Fehler im ersten Abschnitt doch noch zu einem Punktgewinn reichen könnte. Linksverteidiger Marcel Halstenberg hatte mit seinem beherzten 22-Meter- Schuss den Anschlusstreffer zum 1:2 (59. Minute) erzielt und damit das Signal zu einer Aufholjagd gegeben. Fortan fand das Spiel fast ausschließlich in der Spielhälfte der Kaiserslauterner statt, die es aber gleichwohl verstanden, keinen weiteren Treffer zuzulassen. Das Kontertor zum entscheidenden 1:3 (87.) setzte den Hoffnungen der Hamburger dann wieder einmal ein Ende. Da passte es ins Bild, dass unmittelbar vor dem Abpfiff St. Paulis Stürmer Lennart Thy aus der Drehung nur den Pfosten traf.

Bei der Bewertung des Spiels darf jedoch nicht außer Acht gelassen, warum die St. Paulianer überhaupt wieder in die Situation gerieten, gegen einen keinesfalls überragenden Gegner einem Zwei-Tore-Rückstand hinterherlaufen zu müssen. Nach einem dominanten Beginn, allerdings ohne nennenswerte Torchancen, leisteten sich die Kiezkicker Mitte der ersten Halbzeit völlig unnötige Ballverluste, die prompt zu Gegentreffern führten. Vor dem 0:1 geriet Marcel Halstenberg kurzzeitig ins Straucheln, rappelte sich wieder auf und blockte ein Zuspiel von Jean Zimmer derart unglücklich, dass er den Ball optimal für Amin Younes stoppte, der zum 0:1 (22.) einschoss.

Acht Minuten später spielte das völlig überraschend in die Startelf gerückte Talent Bentley Baxter Bahn unter Bedrängnis einen Rückpass in einen nicht besetzten Raum. Von den drei halbwegs in der Nähe stehenden St. Paulianer lief zu nächst keiner zum Ball. Als dies dann Innenverteidiger Lasse Sobiech nachholte, war es schon zu spät. Kaiserslauterns Jean Zimmer hatte die Situation schneller erkannt und erzielte mit einem Flachschuss das 0:2 (30.). Wie schon in den jüngsten Heimspielen gegen Karlsruhe, Dortmund (DFB-Pokal), Heidenheim und auch im Auswärtsspiel in Leipzig lag St. Pauli mit zwei Treffern im Rückstand.

„Kaiserslautern sind aus zwei Chancen zwei Tore gelungen. Wir schaffen es nie, ein 0:0 zu halten und dann offensiv Akzente zu setzen“, haderte Lennart Thy. „Es kotzt mich an, dass unsere Gegner derzeit eine scheinbar hundertprozentige Chancenverwertung haben. Trotzdem bin ich mit der Truppe voll zufrieden. Darauf können wir aufbauen“, sagte Kapitän Sören Gonther und dachte mit dem zweiten Teil seiner Einschätzung hauptsächlich an die zweite Halbzeit.

St. Paulis Sportchef Rachid Azzouzi sah es ähnlich. „Der erste Schuss ist drin, der zweite auch und der dritte praktisch auch. Wenn es in jedem Spiel nach 30 Minuten 0:2 steht, wird es schwer. Das müssen wir abstellen. In der zweiten Halbzeit haben wir heute ein sehr gutes Spiel gemacht. Die Mannschaft hat gekämpft und alles reingehauen“, sagte er. „Platz 18 ist bitter für uns. Wir können jammern oder es annehmen und uns herauskämpfen.“

Auch Trainer Thomas Meggle versuchte, die positiven Aspekte herauszustellen. „Die Mannschaft hat die Köpfe nicht hängen lassen. Genau so ein Auftreten brauchen wir immer. Dann werden wir auch wieder von unten herauskommen“, sagte er. „Es ist symptomatisch, dass in der Schlussphase der Schuss von Christopher Buchtmann nicht ins Tor geht und wir praktisch im Gegenzug das 1:3 hinnehmen müssen.“

In der offiziellen Statistik standen am Ende 19:8 Torschüsse der Hamburger zu Buche. Diese Werte allerdings waren kein Spiegelbild der wirklich hochkarätigen Torchancen, die für St. Pauli erneut Mangelware waren. Auch der Treffer von Halstenberg war eher Lohn für einen mutigen Torabschluss als Ergebnis eines geglückten Spielzugs. Dies hätte aber auch der Führungstreffer sein können, wenn St. Pauli dem Gegner zuvor nicht wieder zwei Gegentore praktisch geschenkt hätte. „Es ist nicht immer einer, der die individuellen Fehler macht. Es ist in jeder Woche ein anderer, das müssen wir als Team abstellen“, sagte Lasse Sobiech dazu.

Als die St.-Pauli-Profis nach dem Spiel ihre Runde im Stadion drehten, hörten sie aufmunternde Rufe, sahen aber auch ein großes Plakat auf der Südtribüne. „Ist das Euer Ernst?“, stand dort und dann die jüngsten Ergebnisse: „0:4, 0:3, 2:2, 0:3, 1:4, 1:3.“