Mit dem 2:0-Sieg verdrängte der Karlsruher SC den FC St. Pauli von Platz drei – Vrabec wird zum Cheftrainer ernannt.

Hamburg. Am Ende sanken die Spieler des FC St. Pauli auf den Rasen, erschöpft und enttäuscht. Im letzten Spiel des Jahres hatten sie alles gegeben, hatten sich bis in die Schlussphase gegen die drohende Heimniederlage gegen den Karlsruher SC gewehrt, mit dem Schiedsrichter gehadert und sich in harten Zweikämpfen aufgerieben. Doch es half alles nichts. 0:2 verloren, die vierte Heimniederlage der Saison kassiert (bei nur zwei Auswärtspleiten) – die Mannschaft vom Millerntor wird nicht wie allgemein erhofft auf einem Aufstiegsplatz überwintern. „Großer Aufwand, nichts dabei rumgekommen“, fasste Sebastian Schachten die zurückliegenden 90 Minuten zusammen.

In seinem sechsten Spiel als vorläufiger Cheftrainer hatte sich Roland Vrabec auch zum sechsten Mal für eine andere Startformation entschieden. Überraschend durften im Sturm weder Michael Gregoritsch, der beim 2:0 in Aue den zweiten Treffer erzielt hatte, noch Christopher Nöthe, der beim 2:0 bei 1860 München das erste Tor erzielt hatte, auflaufen. Stattdessen sollten sich Mittelfeldspieler Sebastian Maier neben Fin Bartels in vorderster Front versuchen. Die groß gewachsenen KSC-Abwehrrecken wollte Vrabec ganz offenbar mit seinen kleinen, flinken Offensivspielern, zu denen auch Marc Rzatkowski zählt, in Verlegenheit bringen. Auch Florian Kringe musste zunächst auf der Bank bleiben, dafür erhielt Marcel Halstenberg nach zwei Spielen Pause wieder eine Chance. Bisher hatte er nur als linker Außenverteidiger agiert, jetzt sollte er als halbrechter Mittelfeldspieler für Stabilität und gleichzeitig Druck nach vorn sorgen.

Genau dies gelang dem früheren Dortmunder auffällig. An den ersten drei Torchancen war er direkt beteiligt. Doch schnell war St. Paulis Angriffswirbel vorbei. Zunehmend neutralisierten sich die beiden zuletzt so erfolgreichen Mannschaften. Der Respekt vor den gefährlichen Kontern war groß. Während sich die Badener mit Fernschüssen versuchten und ansonsten mehrfach ins Abseits liefen, nahm das St.-Pauli-Team gegen Ende der ersten Halbzeit sein druckvolles Spiel wieder auf.

Das insgesamt ansehnliche, allerdings wenig spektakuläre Spiel wurde durch die mäßige Leistung von Fifa-Schiedsrichter Felix Brych getrübt, der schon in der ersten Halbzeit einige unverständliche Entscheidungen traf und kein rechtes Maß zwischen Kleinlichkeit und Großzügigkeit fand. „Zu den elf Spielern von St. Pauli kamen heute noch vier in anderen Trikots dazu, die auch keinen guten Tag hatten“, übte Manager Rachid Azzouzi Kritik an den Unparteiischen.

In der Pause beendete Vrabec sein Experiment und schickte Christopher Nöthe auf das Feld. Für ihn musste Rechtsverteidiger Bernd Nehrig weichen, dessen Position nun Schachten übernahm, der zuvor hinten links gespielt hatte. Hier rückte nun Halstenberg auf seine gewohnte Position.

St. Pauli erhöhte nun den Druck, auch Christopher Buchtmann wagte sich nun mit nach vorn. Doch was zunächst vielversprechend aussah, hatte fatale Folgen, als Buchtmanns Zuspiel nicht bei Nöthe ankam. Die Karlsruher nutzen die Situation zu einem blitzschnellen Konter, den am Ende Stürmer Ilian Micanski zum 0:1 (63.) abschloss. Dies war die erste richtige Torchance für den KSC und für St. Pauli das erste Gegentor nach 253 Minuten. So dumm wie vor dem 0:1 darf man den Ball nicht verlieren“, ärgerte sich Vrabec. „Dabei haben wir das Umschaltspiel noch angesprochen. Danach haben wir keine Lösung gefunden. Wir haben dämlich Fußball gespielt."

Der Trainer sah sich gezwungen, seine Offensivabteilung weiter zu verstärken und schickte John Verhoek anstelle von Maier auf das Feld. Und auch Gregoritsch kam kurz darauf noch ins Spiel. Doch auch dies führte nicht zum Erfolg. Vielmehr schloss Karlsruhes Manuel Torres Jimenez einen weiteren Konter zum 0:2 (85.) ab.

Kaum hatte Brych die Partie abgepfiffen, ertönte das „You’ll Never Walk Alone“ von den Rängen. Die St.-Pauli-Fans im ausverkauften Millerntorstadion drückten damit aus, dass sie von der Leistung ihres Teams keineswegs enttäuscht waren – im Gegensatz zum Resultat. Und Vrabec konnte dem Resultat sogar etwas Gutes abgewinnen: „Wenn wir gewonnen hätten, wäre über den Winter das Gerede vom Aufstieg weitergegangen. So sind wir auf dem Boden der Tatsachen und wissen, dass wir über den Winter weiter zu arbeiten haben.“

Dass diese Aufgabe Vrabec in seiner Funktion als „richtiger“ Cheftrainer übernehmen wird, ist längst beschlossene Sache. Am heutigen Sonnabend beim letzten Treffen der Mannschaft an der Kollaustraße vor der Winterpause wird die Entscheidung pro Vrabec offiziell verkündet. „Die Mannschaft und der Trainer werden als Erstes erfahren, was wir vorhaben“, mauerte Azzouzi nur noch mühsam. „Die Entwicklung ist auf jeden Fall positiv.“ Das sah Jan-Philipp Kalla genauso: „Wenn uns aber jemand solch eine Hinrunde prophezeit hätte, hätte jeder von uns unterschrieben.“