St. Pauli präsentierte sich bei der 1:4-Pleite in Kaiserslautern in der Defensive erschreckend anfällig. „Wenn der ein oder andere nicht frisch ist, habe ich Optionen“, sagt Trainer Frontzeck.

Kaiserslautern/Hamburg. Selbst der gegnerische Trainer Kosta Runjaic war darum bemüht, die statistisch herausragend klingende Leistung seiner Mannschaft zu relativieren. Das Ergebnis von 4:1 (1:1) für den 1. FC Kaiserslautern sei „sicher ein Tor zu hoch ausgefallen“, sagte er. Seine Elf habe schließlich mehrfach aus Halbchancen Tore gemacht und so die richtungsweisende Partie klar für sich entscheiden können. Aussagen, die dem Kontrahenten zwar schmeicheln sollten, doch für den FC St. Pauli wie ein Schlag ins Gesicht gewirkt haben müssen. Sichtlich angefressen ob der Vorstellung seiner Elf nahm Trainer Michael Frontzeck am Sonntag auf dem Trainingsgelände an der Kollaustraße zur Analyse Platz. Sehr geärgert habe ihn das Defensivverhalten. „Das war schlecht. Wir haben ganz einfache Fehler gemacht, die vermeidbar waren“, gab der 49-Jährige zu.

Dass sich St. Pauli auswärts bei einem Aufstiegsfavoriten in der ersten Hälfte häufig große Räume erarbeitet, den Gegner im Mittelfeld in die Breite gezogen und Löcher gerissen hatte, spielte nach 90 Minuten keine Rolle mehr. Auch wenn Frontzeck betonte, er habe in der Spielanlage „ein gutes Auswärtsspiel“ seines Teams gesehen, in dem es sich nie aufgegeben habe. „Wenn man 1:4 verliert, ist Kritik aber auch berechtigt“, wusste der Coach. Und so blieb vom Auftritt St. Paulis auf dem Betzenberg vor allem eine Pleite, ein wenig Pech und viele Pannen hängen.

Denn wie St. Pauli vor allen vier Gegentreffern, vorrangig in der Entstehung des 0:1 und 1:2 verteidigte, war eines Spitzenteams der Zweiten Liga nicht würdig, vielmehr hatte es mit Profifußball wenig zu tun.

Nach sechs Minuten durfte der FCK sein einfaches Rezept erstmals vorführen: Einwurf Florian Dick auf den Kopf von Mohamadou Idrissou, der ungehindert von Markus Thorandt in Richtung von Sturmkollege Simon Zoller verlängerte. Unter gütiger Mithilfe von Torhüter Philipp Tschauner konnte dieser zur frühen Führung einschieben. Offenbar hatte der Anschauungsunterricht jedoch wenig Eindruck hinterlassen, weshalb Kaiserslautern jenes Szenario nach Jan-Philipp Kallas zwischenzeitlichem Ausgleich (31. Minute) vier Minuten nach der Pause erfolgreich wiederholte. Diesmal verlor Sören Gonther das Kopfballduell, Thorandt ließ sich anschließend übertölpeln. „Das ist branchenüblich, es ist bekannt, dass Dick weit einwirft und Idrissou per Kopf gut verlängern kann“, wetterte Frontzeck am Sonntag: „Da haben wir es dem Gegner sehr einfach gemacht.“ Auch Innenverteidiger Gonther gestand ein: „Das sind Fehler, die wir sonst nicht machen, die auch nicht passieren dürfen.“

Gravierende Ärgernisse in der Defensive

Den Eindruck, dass St. Pauli den offensiv erstligareif besetzten Pfälzern nicht gewachsen war, festigten alle Gegentreffer. Wie der erfahrene Bernd Nehrig sich von Kostas Fortounis auf der Außenbahn ausspielen ließ, wie Tschauner den Ball mit einer Hand so unglücklich abfälschte, dass Gonther ihn per Knie ins eigene Tor bugsierte (65.), passte zum Auftritt der Kiezkicker. Auch beim 4:1 durch Markus Karl in der Nachspielzeit machten Tschauner und Thorandt keine gute Figur. Stürmer Idrissou, der drei Tore per Kopf vorbereitete, war von der Abwehr nie in den Griff zu bekommen.

Mit einer so zuvor nie aufgebotenen Dreierkette vor der Abwehr, bestehend aus Kalla, Christopher Buchtmann und Marc Rzatkowski, hatte Frontzeck sich mehr Räume auf den Halbpositionen im Mittelfeld erhofft. Ein Plan, der zumindest zeitweilig Erfolg hatte, aber kaum zu Torchancen führte. Die entscheidenden Pässe in die Spitze kamen nur selten an. Pech hatte St. Pauli jedoch, als Schiedsrichter Robert Hartmann Kalla einen klaren Elfmeter verweigerte (82.). „Das war ein hundertprozentiger Strafstoß! Dann steht es 2:3 und wir haben noch zehn Minuten Zeit“, haderte Frontzeck.

Doch die wirklich gravierenden Ärgernisse waren in der Defensive zu suchen. Während Gonther und Thorandt schlichtweg einen außergewöhnlich schlechten Nachmittag erwischt hatten, kristallisiert sich St. Paulis rechte Abwehrseite wie schon in der Vorsaison als Baustelle heraus. Routinier Bernd Nehrig, der diese Lücke mit seiner Bundesligaerfahrung füllen sollte, blieb einmal mehr den Beweis seiner Klasse schuldig. Frontzeck hatte ihn anstelle des zuvor überzeugenden Kevin Schindler gebracht und verteidigte die missglückte Maßnahme dennoch vehement. „Er lässt sich einmal ausspielen, ansonsten hat er das defensiv gut gemacht“, befand der Coach.

Gleichwohl kündigte Frontzeck an, sich „die nächste Trainingswoche ganz genau anschauen“ zu wollen. „Wenn der ein oder andere nicht frisch ist, habe ich Optionen“, sagte er. Eine solche dürfte Außenverteidiger Sebastian Schachten sein, der nach langer Verletzungspause mit seinem Comeback für den Lichtblick eines nicht nur wetterbedingt grauen Nachmittags gesorgt hatte.