St. Paulis Kapitän erinnert sich vor der Partie bei Preußen Münster an die fünf legendären Heimspiele vor acht Jahren. Die „B-Serie“ wurde erst durch Bayern München gestoppt.

Hamburg. An seinen bisher letzten Auftritt im Preußenstadion in Münster hat Fabian Boll durchweg gute Erinnerungen. „Wir haben damals 2:1 gewonnen, dabei ich das Tor zum 1:1-Ausgleich geschossen“, erzählt der Kapitän des FC St. Pauli. Das Ganze geschah in der Regionalliga-Saison 2005/2006, genau am 25. März 2006. Fast siebeneinhalb Jahre später wird Boll am Sonntag (18.30 Uhr) wieder in Münster auflaufen. Die Auslosung der ersten Hauptrunde im DFB-Pokal vor gut sechs Wochen bescherte den Kiezkickern bekanntlich eine der schwersten Aufgaben, die überhaupt möglich war. „Preußen Münster ist eine richtig gute Mannschaft, das ist schon ein gefühlter Zweitligist“, sagt Boll.

Tatsächlich hat die Mannschaft von Trainer Pavel Dotchev, einst Profi beim HSV, in der vergangenen Saison als Vierter der Dritten Liga nur ganz knapp die beiden direkten Aufstiegsplätze und auch den Relegationsplatz verpasst. Doch während der Spielzeit war das Team fast immer auf Augenhöhe mit den Zweitliga-Rückkehrern Karlsruher SC und Arminia Bielefeld sowie dem in der Relegation an Dresden gescheiterten VfL Osnabrück.

„Auch jetzt ist das Team ja richtig gut in die Saison gestartet“, sagt Boll angesichts des 3:0 zum Saisonauftakt gegen Wacker Burghausen und des in der Schlussphase hart erkämpften 2:2 beim hoch ambitionierten Team von RB Leipzig. „Das wird eine schwere Aufgabe. Das Stadion wird bestimmt ausverkauft sein und es wird eine gute Atmosphäre herrschen“, prophezeit Boll.

Einen gewissen psychologischen Vorteil sieht der St.-Pauli-Kapitän neben dem Heimrecht zudem noch bei den Münsteranern. „Als Drittligist schreiben sie sich gern auf die Fahne, als Außenseiter ins Spiel zu gehen“, sagt Boll. Diese Einstellung könne bisweilen zusätzliche Kräfte freisetzen. In diesem Punkt weiß Fabian Boll sehr genau, wovon er spricht. Seine Gedanken gehen in diesem Fall noch einmal zurück an jene Saison 2005/2006. Es war die Spielzeit, in der der Regionalligist FC St. Pauli bundesweit ein Kapitel Pokalgeschichte schrieb und sich bis ins Halbfinale durchkämpfte.

Fabian Boll war immer mittendrin, und es passte so schön, dass die gegnerischen Mannschaften durchweg ein „B“ am Anfang ihres Namens trugen. Es begann mit dem 3:2 nach Verlängerung gegen Wacker Burghausen. Es folgten der Sieg gegen den VfL Bochum und im Achtelfinale das dramatische 4:3 nach Verlängerung gegen Hertha BSC Berlin. Das Viertelfinale mit dem 3:1 gegen Werder Bremen auf schneebedecktem und glattem Boden ist unvergessen. Nur der FC Bayern München setzte der „Bokal“-Serie ein Ende und gewann am Millerntor 3:0.

„B-Serie war etwas ganz Besonderes“

„In diesen Spielen waren wir von Anfang an Außenseiter. Aber man hat am eigenen Leib gespürt, wie der Pokal eine Euphorie in der ganzen Mannschaft und im Umfeld entfachen kann“, sagt Boll. Der Mittelfeldspieler erinnert sich immer noch gern an sein Tor zum 2:1 gegen Werder Bremen und die gesamten Umstände dieses Spiels, das unter nur sehr bedingt regulären Platzverhältnissen stattfand. „Im Gegensatz zu den Bremern haben wir damals ohne Strumpfhosen und ohne Rollkragen-Pullover gespielt“, erzählt Boll schmunzelnd. „Die lassen wir jetzt in Münster übrigens auch wieder weg.“ Bei den angekündigten 26 Grad Celsius im Schatten wird diesmal aber wohl auch dem Gegner nicht kalt werden.

„Diese B-Serie war für uns Spieler, für die Fans und den ganzen Verein etwas ganz Besonderes“, sagt Boll und verweist darauf, dass der kurz zuvor noch in seiner Existenz gefährdete Kiezclub durch die unerwarteten Zusatzeinnahmen aus den Pokalspielen maßgeblich entschuldet wurde. Die einzelnen Spiele hat hat immer noch vor Augen. „Schon in der ersten Runde gegen Burghausen war es ja schon dramatisch, als wir eine 2:0-Führung hergaben und in die Verlängerung mussten.“ Selbst das Halbfinale gegen den FC Bayern München hat Boll trotz der am Ende klaren Niederlage noch sehr positiv in Erinnerung. „Ich hatte so eine Gänsehaut, und es war unfassbar laut in unserem Millerntorstadion“, erzählt er.

Allzu gern würde er jetzt noch einmal Ähnliches erleben. „Wenn wir in Münster weiterkommen, wäre es ja sehr schön, auch einmal wieder ein Heimspiel zu bekommen“, sagt Boll. Ein verständlicher Wunsch, wenn man auf St. Paulis Pokalspiele der vergangenen Jahre zurückblickt. Im Vorjahr siegte St. Pauli zunächst beim Offenburger FV, um dann beim VfB Stuttgart auszuscheiden. Davor war in Trier und Chemnitz jeweils in der ersten Runde Endstation. In der Saison 2009/10 gab es nach einem Erfolg in Villingen das Aus bei Werder Bremen. Ein Jahr früher verlor St. Pauli in der ersten Runde in Aue. Und 2007 kam das Aus in der zweiten Runde gar bei der zweiten Mannschaft von Werder Bremen.

In der ersten Runde hatte es für den damals gerade in die Zweite Liga aufgestiegenen FC St. Pauli das bisher letzte Pokal-Heimspiel gegeben. Am 4. August 2007 gewannen die Braun-Weißen gegen die Startruppe von Bayer Leverkusen. Torschütze des einzigen und damit entscheidenden Treffers war in der 87. Minute niemand anders als Fabian Boll.

Am Dienstag nahm unterdessen als Testspieler der 22 Jahre alte Fanol Perdedaj teil. Der Mittelfeldspieler steht beim Bundesliga-Aufsteiger Hertha BSC unter Vertrag, bestritt für die Berliner bisher acht Bundesligaspieler und war in der vergangenen Saison an den dänischen Erstligisten Lyngby BK ausgeliehen. Noch ist allerdings offen, ob St. Pauli den Deutsch-Kosovaren verpflichtet.