Der Neuzugang aus Bochum könnte der zuletzt vermisste Kreativspieler beim Hamburger Zweitligaclub sein. Seine Rolle hat er auf der linken Außenbahn gefunden.

Pichl. Marc Rzatkowski mag mit 1,71 Meter nicht zu den größten seiner Zunft gehören. Und doch ist der Neuzugang des FC St. Pauli auf dem Platz kaum zu übersehen. Die blondierte Mähne und leuchtend neongelbe Schuhe liefern einen hohen Wiedererkennungswert. Neben dem schillernden Äußeren aber sticht Rzatkowski (sprich: Schatkowski) vor allem durch sein fußballerisches Können hervor. Schon in den ersten Wochen bei St. Pauli deutet der vom VfL Bochum gekommene Offensivspieler sein Potenzial an.

Mit seiner fröhlichen, aber zurückhaltenden Art hat sich Rzatkowski, 23, zudem gut in die Mannschaft eingefügt. „Ich fühle mich hier pudelwohl“, sagt er und lehnt sich sichtlich zufrieden in den Sessel auf der Hotelterrasse des Pichlmayrguts, wo das Team im österreichischen Pichl noch bis Mittwoch zur Saisonvorbereitung gastiert.

Rzatkowski weckt Hoffnungen auf jenes Kreativspiel, das den Hamburgern in der vergangenen Saison oftmals fehlte. In den Testspielen gegen Pasching (0:0) und Grödig (2:1) zeigte der Mittelfeld-Allrounder gelungene Ansätze im Kombinationsspiel mit den Kollegen. „Ratsche“, wie ihn seine Mitspieler ob des schwierigen Nachnamens rufen, ist der Typ Spaßfußballer. Einer, der beim Publikum ankommt und schon in Bochum gefeierter Liebling war. Auf engstem Raum findet er mit feiner Ballbehandlung im Dribbling Lösungen. Auch bei Standardsituationen ist Rzatkowski bei St. Pauli bereits gefragt. Sportchef Rachid Azzouzi findet: „Marc ist technisch versiert, hat Spielwitz und auf dem Platz überraschende Ideen.“ Der so Gelobte meint: „Ich bin noch jung und möchte mich hier in allen Bereichen weiterentwickeln.“ Seine Ziele sind klar: „Ich will gefährlicher werden und so mehr Tore schießen.“

Rzatkowski kann den Unterschied ausmachen

Dass Rzatkowski den Unterschied ausmachten kann, hat er bereits in der abgelaufenen Spielzeit in Bochum bewiesen. Drei Treffer und elf Torvorlagen in 25 Spielen trugen maßgeblich zum Klassenerhalt des VfL bei. Dabei schien seine Karriere im Alter von 21 Jahren ins Stocken zu geraten, als er für ein Jahr zum damaligen Drittligisten Arminia Bielefeld verliehen wurde. Dort machte er 37 von 38 Spielen, legte an Zweikampfhärte und Robustheit zu. Sein neuer Arbeitgeber St. Pauli bekam seine Spielintelligenz vor drei Monaten schmerzhaft zu spüren. Bei Bochums 3:0 war der Dribbler auf der linken Außenbahn bester Mann auf dem Platz, wurde bei seiner Auswechslung in der 77. Minute jubelnd verabschiedet. „Dieses Spiel war nicht einfach“, sagt Rzatkowski. „Aber ich habe nur für den VfL Gas gegeben, so wie ich es jetzt für St. Pauli tun werde. Ich war mir sicher, dass es auf dieses Spiel in Sachen Klassenerhalt nicht ankommen würde.“

Obwohl Bochums Zukunft in der Zweiten Liga zu dem Zeitpunkt noch unklar war, unterschrieb Rzatkowski im Januar auf St. Pauli für drei Jahre. Nach 13 Jahren verließ er den Club, bei dem er von der F-Jugend bis in den Profibereich gespielt hatte. „Ich habe mich mit Rachid Azzouzi und Michael Frontzeck zusammengesetzt. Sie haben mich von St. Paulis Konzept überzeugt“, sagt Rzatkowski. Er habe Lust darauf, etwas aufzubauen: „Ich will Teil einer Mannschaft sein, die etwas erreichen kann. Ich denke, dass die Perspektive, mich persönlich und spielerisch zu entwickeln, hier besser ist.“

Beim Zweitliga-Auftakt gegen 1860 München am 19. Juli wird Rzatkowski wahrscheinlich zur Startformation gehören. Auf der linken Außenbahn hat der Mann, der alle Offensivpositionen im Mittelfeld spielen kann, seine Rolle im System St. Paulis gefunden. An diesem Freitag dribbelt „Ratsche“ bei der Generalprobe gegen Besiktas Istanbul (18.30 Uhr) erstmals am Millerntor. Zu übersehen ist er nicht ...

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