Der ausgeliehene Stürmer steigert seinen Marktwert mit Toren für den Klassenerhalt - und weckt das Interesse der Bundesliga-Clubs.

Hamburg. Liebe und tu, was du willst - "Ama et fac quod vis". Das lateinische Sprichwort, das den Unterarm von Daniel Ginczek in Form eines Tattoos ziert, scheint mehr zu sein als nur ein gewöhnlicher Körperschmuck. "Er macht auf dem Platz Dinge, die nicht vorhersehbar sind, einfach intuitiv", lobt Theo Schneider, Ginczeks Ex-Trainer bei Borussia Dortmund. Vier Treffer in den vergangenen zwei Spielen stehen auf dem Konto von St. Paulis Stürmer. Fast im Alleingang bescherte der 21-Jährige gegen Frankfurt und in Aalen zwei Siege und Luft im Abstiegskampf. "Ich bin Stürmer geworden, um Tore zu schießen", sagt er gelassen. Das tut Ginczek derzeit fast, wie er will.

Der Wirbel um seine Person kann dem gebürtigen Sauerländer nichts anhaben. Seit Monaten herrscht Unklarheit darüber, ob Ginczek im Sommer zu seinem Stammverein, dem BVB, zurückkehrt, ein anderer Bundesligist zuschlägt oder, ob er weiter für St. Pauli auf Torejagd gehen wird. "Wenn man viele Tore schießt, wird man immer interessant, aber ich weiß auch, was ich beim FC St. Pauli habe", sagt Ginczek derzeit nur. Eine Entscheidung soll im April fallen. "Natürlich wissen und hören wir, dass Daniel auf der Beobachtungsliste einiger Bundesliga-Clubs steht. Der erste Ansprechpartner ist aber Dortmund", erklärt sein Berater Lars-Wilhelm Baumgarten.

Dass Ginczek schon im Sommer zum Kader des Deutschen Meisters gehören könnte, schließt Baumgarten nicht aus. "Der BVB ist ja bekannt dafür, auf viele junge Spieler zu setzen", sagt er. Förderer Schneider, der den 1,91 Meter großen Sturmtank im Alter von 17 Jahren in die Zweite Mannschaft des BVB holte, sieht in Ginczek ohnehin einen kommenden Bundesliga-Torjäger. "Er ist ein Typ wie Mario Gomez. Das war früh zu erkennen", erinnert sich Schneider, "er wird es auch ganz oben schaffen." Mit extremer Robustheit, enormem Tempo und einer für seine Körpergröße starken Technik ist er für St. Pauli zur Lebensversicherung geworden. Elf der 23 Treffer in dieser Saison gehen auf sein Konto. Ginczeks Stellenwert für St. Pauli ist damit statistisch sogar höher als der von Lionel Messi in Barcelona. Eine Torbeteiligung von 47,8 Prozent können selbst der Weltfußballer (47) oder Zlatan Ibrahimovic (Paris/44,9) nicht vorweisen.

Trotzdem rät Schneider seinem früheren Schützling Ginczek, der die BVB-Reserve 2009 mit zehn Treffern in 16 Spielen in die Dritte Liga schoss, zu einem weiteren Jahr St. Pauli - natürlich nur im Falle des Klassenerhalts. "Dort ist ihm der Durchbruch gelungen, er sollte sich in der Zweiten Liga noch eine Saison lang beweisen", sagt Schneider: "Danach traue ich ihm absolut zu, in Dortmund Fuß zu fassen."

In Hamburg sollte Ginczek eigentlich schon ein Jahr früher landen. Ex-Sportchef Helmut Schulte betonte im Interview mit der "Hamburger Morgenpost" unlängst, er habe den Sturmtank im Sommer 2011 verpflichten wollen, der damalige Trainer André Schubert habe sich dagegen entschieden. "In der Form nachzutreten hat der Helmut nicht nötig", ärgerte sich Ginczeks aktueller Coach Michael Frontzeck.

Der ruhige Profi, der seine Freizeit mit Shoppen oder Playstation spielen verbringt, ist eben längst zum Dauergesprächsthema geworden. Sein Marktwert stieg in nur einer Halbserie um 450.000 auf 1,25 Millionen Euro. Dabei tut Ginczek eigentlich nur, was er will: Tore schießen.