Der gerade 26-Jährige ist in der Mannschaftshierarchie aufgestiegen. In dieser Saison will er endlich auch sportlich Beständigkeit nachweisen.

Hamburg. Seinen Geburtstag am Montag feierte er so, wie er in der Öffentlichkeit wirkt: "Ganz ruhig." Jan-Philipp Kalla, gerade 26 Jahre alt geworden, ist nicht dafür bekannt, große Töne zu spucken oder sich selbst zur Schau und in den Mittelpunkt zu stellen. Bescheiden, zurückhaltend, fast schüchtern sind eher die Attribute, die auf den Außenverteidiger des FC St. Pauli zutreffen, der mittlerweile in seine achte Profisaison bei den Braun-Weißen geht. "Als ich zum ersten Mal hier bei den Profis trainiert habe, ich weiß gar nicht, ob ich da überhaupt mit irgendwem geredet habe", sagt Kalla. Das ist mittlerweile gänzlich anders.

Kalla wird nach seiner Meinung gefragt, viele der neuen Spieler suchen das Gespräch mit ihm, er hat sich beständig in der Hierarchie der Mannschaft nach oben gearbeitet. Vergangene Saison wurde er zum Kassenwart und in den Mannschaftsrat gewählt, die Kollegen vertrauen ihm, sehen ihn als Führungsfigur im Kollektiv. "Wenn die Jungs mir das zutrauen, dann muss ich mir das auch selbst zutrauen", sagt er mit gewohnter Zurückhaltung. Fehlendes Selbstvertrauen und die häufig fehlende Überzeugung, einer der elf besten Spieler zu sein, sorgten schon so manches Mal dafür, dass sich der Außenverteidiger auf der Bank, gar nicht im Kader oder gar für einen längeren Zeitraum nur bei Spielen der zweiten Mannschaft auf dem Platz wiederfand.

So wie in der vergangenen Spielzeit, als Kalla zwölf der ersten 18 Spiele von Beginn an bestritt und danach gar nicht mehr zum Einsatz kam. Das Spiel gegen Aue war sein erstes Profispiel seit mehr als einem halben Jahr. "Ich habe eine Zeit lang nicht das umsetzen können, was der Trainer von mir verlangt hat", sagt Kalla, der bereits Vater zweier Kinder ist. "Aber ich habe die Rückrunde und die Vorbereitung genutzt, um daran zu arbeiten. Ich bin dankbar, dass der Trainer sehr schnell kommuniziert, was ihm nicht gefällt, damit ich mich verbessern kann."

Einige Abläufe hätten nicht mehr gestimmt, meint Kalla, und Trainer André Schubert bemängelte vor allem sein Zweikampfverhalten in der Defensive. Beim 0:0 in Aue gewann er 70 Prozent seiner Zweikämpfe und hatte zudem nach Dennis Daube die meisten Ballkontakte. "Ja, es war ein ordentlicher Start für mich", sagt er.

Die Chancen stehen gut, dass er auch am Sonnabend gegen Ingolstadt (15.30 Uhr) wieder auflaufen darf, nicht nur aufgrund seiner guten Leistung zum Saisonstart. Derzeit stehen nur drei nominelle Außenverteidiger im Kader. Und die direkten Konkurrenten Sebastian Schachten und Florian Kringe streiten sich eher um die Position auf der linken Seite. Die Verpflichtung eines weiteren Außenverteidigers hängt stark mit der Personalie Carlos Zambrano zusammen. Gestern hieß es vonseiten des Vereins, dass zum derzeitigen Zeitpunkt kein Angebot für den peruanischen Innenverteidiger eingegangen sei. In Frankfurt geht man jedoch davon aus, dass Zambrano am Wochenende beim Testspiel gegen Valencia bereits das Trikot der Eintracht trägt. Mit dem Erlös aus dem Transfer könnte St. Pauli noch mal den Markt sondieren.

Doch selbst wenn noch ein Außenverteidiger verpflichtet werden sollte, hat Kalla gute Karten. Er kann links wie rechts spielen und scheint nun die Forderungen des Trainers besser umzusetzen. Schubert mag derartige Entwicklungen.

Es ist zwar kein komplett verwandelter Jan-Philipp Kalla, der in dieser Saison für St. Pauli aufläuft, doch es hat sich etwas verändert. Vielleicht hängt es mit dem Weggang von Spielern wie Fabio Morena und Carsten Rothenbach zusammen, die über Jahre den Verein geprägt und die Mannschaft von innen gefestigt haben. Kalla - neben Fabian Boll der dienstälteste Feldspieler - rutscht immer mehr in diese Rolle. Das tut seinem Selbstvertrauen gut - und könnte auch Auswirkungen auf seine sportliche Leistung haben.