Fabian Boll rettet dem FC St. Pauli im Spitzenspiel in Paderborn mit seinem Ausgleichstor per Kopf zum 1:1 in der Nachspielzeit einen Punkt.

Paderborn. Der Vollsprint endete erst mitten auf dem Spielfeld, als ihm Rouwen Hennings in die Quere kam. André Schubert bremste etwas ab und fiel seinem Angreifer in die Arme, während der Großteil seiner Spieler ausgelassen vor der Fankurve tanzte. Die Stadionuhr zeigte bereits 19.48 Uhr, doch auch wenn die Bilder es nicht bestätigen wollten: Das Spitzenspiel der Zweiten Liga zwischen dem SC Paderborn und dem FC St. Pauli war noch nicht beendet. Mit seinem Kopfballtor zum 1:1 in der Nachspielzeit hatte Fabian Boll die emotionsgeladene Szenerie ausgelöst. Rundherum um die in ihren braun-weiß gestreiften Hemden jubelnden Hamburger schauten ihre Gegenspieler ungläubig ins Leere und verharrten noch ein paar Minuten länger, als Schiedsrichter Knut Kircher die Partie kurz darauf tatsächlich beendete.

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Es war ein später, aber verdienter Erfolg und damit im doppelten Sinne eine Punktlandung, die Boll seinem Trainer bei dessen Rückkehr bescherte. "Ein heißes Finale. Die Jungs haben bis zur allerletzten Sekunde Druck gemacht. Fabian Boll presst auf Außen, holt den Freistoß heraus und köpft den dann selbst rein. Das war eine Geschichte des Willens und Wollens, und da war Boller einmal mehr absolutes Vorbild für uns", sagte er nach Spielschluss im Presseraum, wo SCP-Sprecher Matthias Hack trotz Beschilderung Orientierungsprobleme offenbarte, um Schubert auf dem Podium richtig zu platzieren. Insgesamt fünf Jahre hatte er für den SC gearbeitet und nahm erstmals auf dem Gästestuhl Platz.

Ansonsten schien sich im Vergleich zum letzten Auswärtsauftritt St. Paulis nicht viel verändert zu haben. Die 15 000 Zuschauer im ausverkauften Stadion froren ähnlich stark wie am 20. Dezember 2009, und lange Zeit schien sich die spielerische Qualität gegen die eindrucksvoll souverän verteidigenden Ostwestfalen nicht entscheidend entfalten zu können. Beide Seiten hielten diszipliniert die Ordnung. Im Zentrum fehlten Max Kruse die Ideen, und auf den Außenbahnen konnten Jan-Philipp Kalla und Sebastian Schachten keine Akzente setzen. Die Überraschungsmannschaft aus Paderborn dagegen reizte ihre Trümpfe voll aus, bot keine Räume und erkannte die wenigen sich bietenden Kontermöglichkeiten. Effektivität als Motto, das Proschwitz mit seinem zehnten Tor direkt vor dem Pausenpfiff noch einmal unterstrich.

Nach dem Seitenwechsel konnte Schuberts aktuelle Elf seine ehemalige vermehrt in Bedrängnis bringen. Auch dank des eingewechselten Deniz Naki, der sich erneut für die kommenden Aufgaben empfahl und dessen Name bereits vor dem Anpfiff Thema gewesen war, nachdem der DFB-Kontrollausschuss die harte Konsequenz aus St. Paulis Auswärtspartie in Rostock vor zwei Wochen gezogen und für Hansa ein Heimspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt hatte sowie die Hamburger mit einer Geldstrafe von 20 000 Euro belegen will. "Wir empfinden das Strafmaß als unverhältnismäßig und nicht zweckdienlich", ließen die Rostocker nun wissen und stimmten dem Antrag nicht zu. Eine ähnliche Entscheidung wird von St. Pauli noch bis zum Dienstag erwartet, doch die Fans lieferten ihre Bewertung bereits gestern, als jeder Paderborner Spieler bei der Verlesung der Aufstellung mit einem lauten "Naki" bedacht wurde. Auch in Rostock hatte der Anhang elfmal den Namen seines Lieblingsspielers skandiert, der Kontrollausschuss die Rufe aber fälschlicherweise als "Nazi" interpretiert.

Nebengeräusche bei der Rückkehr von Schubert, seinem Co-Trainer Jan-Moritz Lichte sowie Schachten und Angreifer Mahir Saglik, die trotz des Unentschiedens nur mit Gewinnern endete. Paderborn freute sich über die beste Hinrunde der Vereinsgeschichte, und auch St. Pauli darf nach einer Halbserie der Superlative berechtigte Hoffnungen auf die Rückkehr in die Bundesliga hegen. Anders als 2009 gab es diesmal zumindest einen Punkt. "Und der war sehr, sehr wichtig. Wir machen uns frei von Tabellenplätzen, aber 36 Zähler aus 17 Spielen sind ein ganz ordentliches Ergebnis", wie Gunesch befand, "und jetzt gehen wir direkt in die Rückrunde." Zum Abschluss warten zwei Spiele in Ingolstadt und gegen Eintracht Frankfurt - eine Sprintetappe. Und damit kennt sich Schubert ja bestens aus.