Während der FC St. Pauli seine Ziele erfolgreich verfolgt, kämpft Hansa Rostock sportlich und finanziell um den Anschluss in Liga zwei.

Hamburg. Auf den ersten Blick gibt es keine Gemeinsamkeiten zwischen dem FC St. Pauli und dem FC Hansa Rostock. Jeder Sympathisant des einen oder anderen Klubs würde einen Vergleich mit dem jeweils anderen auf das Schärfste ablehnen. Die Fanlager koexistieren in leidenschaftlicher Abneigung zueinander. Sie leben die Gegensätze der Vereine aus, nicht nur gesinnungspolitisch. Doch in mindestens zwei Punkten ähneln sich die Klubs. Zum einen vereint sie das Erlebnis, sich nach einem Bundesliga-Aufstieg innerhalb kürzester Zeit plötzlich in Liga drei wiedergefunden zu haben. Zum anderen haben beide den Anspruch, langfristig zu den 25 besten Mannschaften Deutschlands zu gehören.

Während der FC St. Pauli seine größte Vereinskrise mit vier Jahren in Liga drei vor dem Aufeinandertreffen an diesem Sonnabend (13 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) längst abgeschüttelt hat und auf bestem Wege scheint, dem Anspruch gerecht zu werden, kämpft Hansa Rostock nach einem Kurzaufenthalt in den Niederungen des Profifußballs darum, nicht den Anschluss zu verlieren. Die Nordrivalen haben sich in verschiedene Richtungen entwickelt. Das belegt auch die sportliche Bilanz. Nach fünf Niederlagen in Folge gewann St. Pauli die letzten drei Duelle. Der 3:2-Sieg nach 0:2-Rückstand im März 2009 am Millerntor markiert den Wendepunkt. Seitdem sind die Gegensätze größer geworden, und St. Pauli hat Rostock hinter sich gelassen - sportlich wie finanziell.

"Gemeinsam Stück für Stück der Ersten Liga entgegen", so wirbt Hansa Rostock derzeit für seine Fan-Anleihe, die seit Juli dieses Jahres gezeichnet werden kann. In knapp vier Monaten nahmen erst 500 Personen die Anleihe, die dem Verein statt der erhofften fünf Millionen gerade mal 300.000 Euro in die Kasse gespült hat, in Anspruch. Zum Vergleich: Die St.-Pauli-Anleihe wurde innerhalb einer Woche mehr als 2000-mal gezeichnet und brachte bereits drei Millionen Euro ein. Zudem hat Hansa massive finanzielle Probleme. Rund 16 Millionen Euro Schulden drücken, allein das vergangene Geschäftsjahr wurde nach einer Steuerprüfung mit fünf Millionen Euro Minus abgeschlossen.

Kein Wunder also, dass das Vertrauen der Fans gesunken ist. Der Zuschauerschnitt liegt seit Jahren konstant um die 15.000, das Stadion ist bei einer Kapazität von 29.000 Plätzen meistens halb leer. "Seit der Wende ist Hansa ein Leuchtturm, ein Imageträger in dieser wirtschaftsschwachen Region", sagt Andreas Zachhuber, der den Verein über viele Jahre als Spieler und Trainer begleitete, zuletzt in der Abstiegssaison 2009/10. "Aber es fehlt an kontinuierlicher Arbeit", sagt er. Dem Bestreben, in naher Zukunft wieder in der Bundesliga zu spielen, erteilt er eine klare Absage. "Hansa ist in der Zweiten Liga zwischen Platz acht und zwölf gut aufgehoben", sagt der 49-Jährige. "Der Verein muss sich erst mal stabilisieren, die finanziellen Voraussetzungen sind momentan nicht gegeben."

+++ Derby mit Sprengstoffcharakter +++

Weil kaum ein Wunschspieler nach Rostock kommt, besinnt sich der Verein auf die Jugendarbeit. Das Nachwuchsleistungszentrum ist mit drei Sternen ausgezeichnet, die A-Jugend gewann 2010 die Deutsche Meisterschaft und stand ein Jahr später im Pokalfinale. In den letzten zwei Jahren konnten sechs Spieler aus der eigenen Jugend in den Profikader integriert werden. Ein zukunftsträchtiger Weg, auf den sich der FC St. Pauli in dem Maße noch nicht begeben hat. Dafür setzen die Hamburger auf Spielkultur. In Hamburg wird erfolgreich Offensiv- und Kombinationsfußball gepredigt, Rostock dagegen hat diese Saison erst acht Tore erzielt, nur einmal gewonnen und schon fünfmal 0:0 gespielt. Der Hoffnungsträger gegen die Sturmflaute heißt Marek Mintal. Rostock hat derzeit nichts zu bieten, vor dem sich St. Pauli verstecken müsste. Wie das Spiel auch ausgeht, ein erneuter Wendepunkt ist nicht zu erwarten.

Rostock: K. Müller - Schyrba, Kostal, Holst, Pelzer - R. Müller, Peitz - Ziegenbein, Weilandt, Jänicke - Mintal.

St. Pauli: Tschauner - Funk, Thorandt, Morena, Kalla - Boll - Bruns, Kruse, Daube, Bartels - Naki.

Vermummte greifen Rostocker Polizeirevier an

Mehrere Vermummte haben in der Nacht zum Sonnabend das Polizeihauptrevier in Rostock angegriffen. Verletzte gab es nicht, teilte die Polizei mit. Die Täter zündeten Pyrotechnik, bewarfen das Gebäude mit Steinen und zerstörten dabei mehrere Fensterscheiben. Es entstand ein Sachschaden von rund 5000 Euro. Zudem versuchten sie, mit einer Fackel einen Müllcontainer auf dem Gelände des Reviers anzuzünden. Anschließend flüchteten sie. Eine Fahndung blieb bislang erfolglos.

Die Polizei schließt einen Zusammenhang mit einem in Gewahrsam genommenen Gewalttäter der Rostocker Fußballfanszene nicht aus. Wie die Polizei erklärte, sei dieser vor dem brisanten Zweitliga-Derby zwischen dem FC Hansa Rostock und dem FC St. Pauli nach einer „richterlichen Entscheidung zur Verhinderung von Straftaten“ in Gewahrsam genommen worden, heißt es in der Pressemitteilung der Polizei.

In der Vergangenheit war es bei Begegnungen beider Clubs immer wieder zu Ausschreitungen gekommen. Bei der bislang letzten Partie in Rostock am 2. November 2009 wurden nach dem Spiel 38 Personen verletzt, darunter 26 Polizisten. Zehn Privatautos und ein Streifenwagen wurden beschädigt, als etwa 500 Hansa-Anhänger versuchten, eine Polizei-Sperre zu durchbrechen.

„Lasst uns gemeinsam alles dafür tun, dass es ein spektakuläres und hochspannendes Fußballspiel wird, mit einer tollen, friedlichen Atmosphäre auf den Rängen“, forderten beide Vereine in einer gemeinsamen Erklärung ihre Fans zu einem respektvollen Umgang miteinander auf.