Vor dem Auswärtsspiel des FC St. Pauli bei Hansa Rostock erreicht der Aufwand der Ordnungshüter ein neues Ausmaß.

Hamburg. Gestern reiste Sven Brux wieder einmal nach Heidelberg. Der 45-Jährige gehört zu den ersten 15 Personen, die im Rahmen des von DFB und DFL verabschiedeten Zehn-Punkte-Maßnahmenplans den im September neu geschaffenen Studiengang Sicherheitsmanagement belegen und im April als zertifizierte Sicherheitsbeauftragte beenden werden. Theoretischer Stoff, den Brux seinen Kommilitonen in dieser Woche mit einigen neuen Erfahrungen aus der Praxis anreichern kann. Brux ist Sicherheitsbeauftragter des FC St. Pauli, der am Sonnabend (13 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) beim ungeliebten Nordrivalen Hansa Rostock antritt. Eine Partie, für die im Vorfeld ein organisatorischer Aufwand bislang unbekannten Ausmaßes aufgebracht wird, um die traditionell verfeindeten Lager vor, während und nach den 90 Minuten voneinander zu trennen.

So beginnt das Auswärtsspiel für Brux und den Großteil der 2400 St.-Pauli-Fans trotz der mit 197 Kilometern kürzesten Anreise der Saison bereits um sechs Uhr morgens am Bahnhof Altona. Denn wer den vom Fanladen eingesetzten Sonderzug oder den Sonder-Entlastungszug der Deutschen Bahn, die um 7.25 Uhr und 7.55 Uhr in Richtung Ostsee auf die Reise gehen, betreten will, muss etwas Zeit mitbringen. Zugang erhält nur, wer zuvor die eigens eingerichtete Sicherheitsschleuse passiert und damit einer Leibesvisitation zustimmt. Im Rahmen einer Allgemeinverfügung der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt herrscht am Sonnabend von 6 Uhr bis 13 Uhr und 14.30 Uhr bis 24 Uhr in allen Zügen von und nach Rostock ein Mitnahmeverbot von pyrotechnischen Produkten und Glasflaschen. Für St.-Pauli-Fans sind zudem Blockfahnen, Doppelhalter und Zaunfahnen nicht erlaubt. "Sollten die Durchsuchungen in Altona vernünftig ablaufen, wird die Polizei auf eine Präsenz während der Zugfahrt verzichten", berichtet Brux von den Ergebnissen einer Sitzung am Montag in Rostock, an der er mit Vertretern des Fanladens und einem Verantwortlichen des am Millerntor eingesetzten Ordnungsdienstes Contro sowie Bundespolizei, Landespolizei, Hansas Sicherheitsbeauftragtem und Rostocker Fanvertretern teilgenommen hatte. "Vom Gefühl her ist es im Vorfeld diesmal eigentlich nicht ganz so brisant wie sonst", sagt Brux, "aber der organisatorische Aufwand ist immens. Das kostet ja auch alles eine ganze Menge Geld. Viel mehr kann man eigentlich nicht machen."

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Glasflaschen- und Pyro-Verbot: Polizei kontrolliert in Zügen

Brux selbst wird nicht mit der Bahn anreisen. Sobald die Züge den Bahnhof verlassen haben, wird der ehemalige Fanbeauftragte in sein Auto steigen und über die Autobahn nach Rostock fahren, um vor Ort die weitere Anreise der Fans zu begleiten. Während die 1600 Fans aus den Zügen von der Polizei zu einem Sammelpunkt am Hauptbahnhof eskortiert werden, gilt der Platz auch für St. Paulianer, die per Pkw oder wie Fangruppen aus Berlin per Bus anreisen, als zentrale Anlaufstelle. Empfohlen wird den Anhängern eine Ankunftszeit bis spätestens 11.30 Uhr. Gelenkbusse werden die Fans dann direkt zum weiträumig abgesperrten Gästeblock transferieren, wo eine verstärkte Videoüberwachung und Sprengstoffspürhunde eingesetzt werden. Ein unfreiwilliges Zusammentreffen mit Rostockern, wie in der Vergangenheit immer wieder passiert, scheint angesichts mehrerer Polizei-Hundertschaften vor Ort nahezu unmöglich.

Ein außergewöhnlicher Aufwand - auch für den Sicherheitsbeauftragten Brux, der sich dank seiner langjährigen Erfahrung aber stressresistent zeigt und schulterzuckend eine gewisse Routine durchblicken lässt: "Es sind einige Dinge wie das Glasflaschenverbot neu. Aber grundsätzlich gehört so eine intensive Vorbereitung ja mittlerweile zum Fußballspiel dazu. Im letzten Jahr hatten wir das Derby mit dem HSV, dieses Jahr ist es eben wieder Rostock."