Der Mittelfeldspieler des FC St. Pauli hat aus den Vorfällen an der Ostsee vor zwei Jahren viel gelernt. Das sagt auch Ex-Spieler Lehmann.

Hamburg. Er hat sich ein Denkmal gesetzt. Zu bewundern im Hamburger Miniatur Wunderland. Dort gibt es den St.-Pauli-Hügel, auf dessen Kuppe eine Figur mit der Nummer 23 auf dem Trikot eine Vereinsfahne des FC St. Pauli in den Boden rammt. Die Nummer 23 trägt seit 2009 Deniz Naki, so auch am Sonnabend (13 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de), wenn die Mannschaft von Trainer André Schubert bei Hansa Rostock antritt.

+++Auswärtsspiel in Rostock: Die maximale Sicherheit+++

Der St. Pauli-Hügel erinnert an den 2. November 2009 als Naki nach dem 2:0-Sieg in Rostock - wie auch in den siegreichen Spielen zuvor - eine braun-weiß-rote Fahne in den Rasen stieß, um zu signalisieren: Hier regiert St. Pauli. Doch es war nicht nur diese Demütigung, die Naki an diesem Abend zum Liebling der eigenen Fans machte. Nach seinem Treffer zum 2:0 provozierte er die Hansa-Anhänger, indem er ihnen mit einer Halsabschneidergeste den K. o. bedeutete. Von St. Paulis Fans wird Naki seither als "Einer von uns" bezeichnet, die Abendblatt-Leser wählten ihn im November 2009 zum Spieler des Monats, doch für den damals 20-Jährigen war das Spiel in Rostock eine Lehrstunde, deren Nachwirkungen seine Entwicklung beeinflusst haben.

Naki entschuldigte sich damals sehr glaubhaft bei Hansa Rostock und seinen Fans und beteuerte, dass so etwas nie wieder vorkommen würde. Trotzdem wurde ihm vom Verein eine Geldstrafe und ein mehrwöchiges Interviewverbot aufgebrummt. Zu guter Letzt verurteilte ihn das Sportgericht des DFB wegen krass sportwidrigen Verhaltens zu einer Sperre von drei Spielen. Die Höchststrafe erhielt Naki jedoch erst später. Als U19-Europameister hatte Naki im September 2009 zwei Länderspiele für die U21-Auswahl bestritten, seitdem wurde er nicht mehr nominiert. "Kurz nachdem Naki vom DFB bestraft worden war, gab es einen Lehrgang und wir haben entschieden, ihm erst mal eine Pause zu geben", sagt Rainer Adrion, damals wie heute Trainer der U21-Auswahl. Zwar fügt Adrion an, dass die Entscheidung, ihn auch später nicht mehr zu nominieren, rein sportliche Gründe gehabt habe, ein Rückschlag war es für Naki, der sich mittlerweile entschieden hat für die türkische Nationalmannschaft spielen zu wollen, in jedem Fall. "Ich denke, die Reflektion seines Verhaltens hat ihn reifer gemacht", sagt Adrion.

Der Eindruck trügt nicht. Naki ist ein Gefühlsmensch, der das Herz am rechten Fleck trägt, der seine Emotionen und seine Stimmung nicht verstecken kann und will. Spielt er nicht, ist ihm die miese Laune stets anzusehen. Er lebt für den Fußball und - seit er in Hamburg ist - für den FC St. Pauli. Er ist ein selbstbewusster Heißsporn, häufig übermotiviert, insbesondere, wenn seine Leistung auf dem Prüfstand steht. Doch der Deutsch-Kurde hat gelernt sich zu zügeln, sich zu kontrollieren, auf und auch neben dem Platz. Gelungen ist ihm das nicht zuletzt deshalb, weil ihm der Wirbel um seine Person 2009 mehr geschadet als genützt hat.

Matthias Lehmann, vor zwei Jahren in Rostock ebenfalls Torschütze und Führungspersönlichkeit der damaligen Mannschaft, glaubt ebenfalls, dass Naki reifer geworden ist. "Er hat damals gemerkt, dass er sich so nicht verhalten darf. Er hatte lange damit zu kämpfen und es hat ihm selbst am meisten weh getan, dass er sich zu einer Dummheit hat hinreißen lassen", sagt Lehmann. "Wenn man ihn heute sieht, merkt man, dass er den nächsten Schritt gemacht hat. Das spricht auch für einen klaren Kopf." Allzu viel will der FC St. Pauli dem jungen Profi aber noch nicht zumuten. Vor dem Spiel in Rostock darf Naki keine Interviews geben.

Bis Mittwoch hatte der FC St. Pauli mit seiner Anleihe drei Millionen Euro eingetrieben. 2000 Menschen haben das Papier gezeichnet.