Zeichnungsfrist der St.-Pauli-Anleihe mit 300.000 Euro ist gestartet. Der Verein verhandelt aktuell mit einem Millionen-Investor.

Hamburg. Zwischen den Finanzmärkten und dem geläuteten akustischen Signal besteht eine traditionelle Verbindung, und so war der Klang, der gestern Abend den Ballsaal der Haupttribüne erfüllte, durchaus angemessen. Um 19.10 Uhr ließ der FC St. Pauli die vom Einlaufen der Spieler ins Stadion bekannten Glocken läuten: die Hells Bells diesmal also als Ausdruck doppelter Verbundenheit. Es war der Startschuss für die FC-St.-Pauli-Anleihe, die bei einer Laufzeit von sechs Jahren und acht Monaten eine jährliche Verzinsung von sechs Prozent verspricht.

Ein Signal, das seine Wirkung nicht verfehlte. Die drei Klubmitarbeiter hatten mit dem ersten Glockenschlag im Wortsinn alle Hände voll zu tun, die über die provisorisch aufgestellten Tische gereichten Anträge anzunehmen. Denn auch wenn die erste Verzinsung erst zum 1. Juli 2012 ansteht, gab es zumindest für drei der ersten Zeichner schon mal vorab eine kleine Dividende: VIP-Karten für das Heimspiel gegen Dynamo Dresden sowie die gegen Greuther Fürth getragenen Trikots der Mittelfeldspieler Fabian Boll und Florian Bruns, die sich wie auch Trainer André Schubert unter die etwa 350 Interessierten gemischt hatten.

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Bis zu sechs Millionen Euro soll die Anleihe dem Verein an frischem Geld in die Kasse spülen, um die mit 22 Millionen Euro veranschlagten infrastrukturellen Großprojekte, Ausbau von Stadion und Trainingsgelände, realisieren zu können. Über eine Aufstockung des Volumens bei erfolgreichem Verlauf wurde intern bereits diskutiert, wie Tjark Woydt bestätigte. "Wenn das kommt, dann gebe ich dir einen aus", versprach der Banker einem St. Paulianer, der fragte, weshalb man den Rahmen nicht großzügiger gesteckt habe. Gemeinsam mit Geschäftsführer Michael Meeske hatte sich Vizepräsident Woydt vor und nach den Glockenschlägen kompetent und unterhaltsam den zahlreichen Fragen aus dem Plenum gestellt.

So erfuhren die Anwesenden, dass es bei einem Abstieg in die Dritte Liga allenfalls zu einer verzögerten Rückzahlung kommen könnte, niemand aber seine Investition verlieren werde. Dass es interne Ansparverpflichtungen gebe, um die Summe im Sommer 2018 auch tatsächlich auszahlen zu können, und jene Schmuckurkunden, die zum Preis von 100, 500 oder 1910 Euro in zwei unterschiedlichen Optiken als Schuldverschreibungen erhältlich sind, weder verloren noch als entwertetes Papier nach der Rückzahlung behalten werden dürfen. "Das hier muss ein Erfolg werden. Ich appelliere an euch", sagte Woydt und bewarb das Finanzmodell als passendes Weihnachtsgeschenk, "auch und gerade für Fans des HSV".

Über Erfolg und Misserfolg werden allerdings nicht allein die kleinen Geldgeber entscheiden, die gestern immerhin Anträge für insgesamt 300 000 Euro unterzeichneten. "Wir sind in Verhandlungen mit jemandem, der in unseren Verein mit ein, zwei, drei Millionen investieren will", berichtete Woydt, wollte aber keinen Namen nennen. Um André Schubert dürfte es sich dabei nicht handeln. Der Trainer erklärte zwar seine Investitionsabsichten, hätte sich bei dieser Größenordnung aber sicher nicht folgendes Versprechen abringen lassen: "Sechs Prozent sind ein toller Anreiz, sechs Jahre und acht Monate eine lange Zeit. Wenn ich hier dann noch Trainer sein sollte, werde ich dem Verein das Geld schenken."