Der Abwehrspieler des FC St. Pauli ist wieder in Hamburg und fällt erneut Monate wegen eines Sehnenabrisses am Hüftbeuger aus.

Hamburg. Dass so mancher Fußballprofi aus Südamerika seine ganz persönliche Zeitverschiebung hat, ist nicht erst seit der Flugangstaffäre von HSV-Profi Paolo Guerrero bekannt. Es sind immer wiederkehrende Geschichten von Spielern, die ihre Wurzeln in einem anderen Kulturkreis haben, aber in Europa ihren Lebensunterhalt verdienen. Geschichten, die Teil der globalisierten Fußballwelt sind. Geschichten über Menschen mit einer besonderen Heimatliebe, hin und wieder ratlose Vereine und vor allem Kommunikationsschwierigkeiten.

Insofern war es nicht überraschend, dass nach dem Wechsel-Chaos um St. Paulis Innenverteidiger Carlos Zambrano, seinem anschließenden Trip nach Peru und der erneuten Verletzung in der Vorbereitung auf die Copa America in Hamburg ein wenig Unklarheit herrschte, wann genau der 22-Jährige denn wieder bei seinem Arbeitgeber FC St. Pauli erscheinen würde. Aus "in dieser Woche" wurde in den Angaben der Vereinsvertreter "Sonntag", aus "Sonntag" wurde "Sonntagabend". Letztlich traf der Innenverteidiger dann am frühen Montagabend von Lima aus über Amsterdam kommend nach 15 Stunden Flug in Fuhlsbüttel ein und wurde von Freunden in Empfang genommen.

Tags darauf erschien er, wie mit seinem Berater abgesprochen, bei den Vereinsärzten St. Paulis - und erhielt eine schlimme Diagnose. Der von südamerikanischen Medien verbreitete angebliche Muskelschaden, den er sich im Testspiel der peruanischen Nationalmannschaft Ende Juni gegen Senegal zugezogen hatte, erwies sich als Sehnenabriss am Hüftbeuger. Die schwere Verletzung, wegen der er in der Endphase der Bundesligasaison ausgefallen war, ist damit erneut aufgebrochen und hat sich nach Auskunft der Ärzte sogar verschlimmert.

"Ich habe in dem Spiel einen Pass gespielt und dabei ist es passiert", berichtete ein sichtlich müder wie enttäuschter Zambrano. "Ich werde jetzt alles dafür tun, um schnellstmöglich fit zu werden." Wegen seiner Vorverletzung war Anfang Juni der angestrebte Wechsel zu 1899 Hoffenheim geplatzt. Die Teamärzte der Kraichgauer hatten ihr Veto eingelegt, weil Zambrano aus ihrer Sicht noch nicht wieder spielfähig gewesen war. Die Mediziner in Peru beurteilten den Gesundheitszustand des Profis völlig anders und gaben grünes Licht für den Arbeitsversuch - eine verhängnisvolle Entscheidung.

St. Paulis Vereinsverantwortliche wollen zunächst die genauen Umstände prüfen, bevor sie sich zu eventuellen rechtlichen Schritten äußern. "Es geht nun erst einmal darum, Carlos fit zu bekommen, damit er wieder auf dem Platz stehen kann", sagte Sportchef Helmut Schulte. Wie lange Zambrano ausfalle, hänge vom Verlauf der Rehabilitation ab. Fest stehen dürfte mit der Diagnose dagegen der Verbleib des im vergangenen Sommer von Schalke 04 verpflichteten Abwehrrecken beim Kiezklub. Der auch für die Zweite Liga gültige Leihvertrag mit den Königsblauen läuft noch ein Jahr, für mögliche Interessenten wie Hoffenheim dürfte Zambrano frühestens in der Winterpause wieder ein Thema werden.

Ein warmer Geldregen für St. Pauli bleibt damit aus. Durch eine kuriose wie komplizierte Vertragsgestaltung hätte St. Pauli nämlich an einem Transfer des Peruaners ordentlich mitverdienen können. 70 Prozent der Anteile an Zambrano gehören einer Schweizer Firma, 30 Prozent liegen bei Schalke 04. Den Anteil der Gelsenkirchener hätten sich die Braun-Weißen jedoch per Kaufoption sichern können, um dann gemeinsam mit den Schweizern Kasse zu machen. Sportchef Schulte hatte allerdings immer wieder betont, dass der Klub in erster Linie daran interessiert sei, gute Spieler in den eigenen Reihen zu haben.

Vizepräsident Bernd-Georg Spies hatte im Abendblatt-Interview von sehr komfortablen Alternativen gesprochen: "Entweder wechselt er noch, was uns eine nicht zu verachtende Transferentschädigung bescheren würde, oder wir haben den besten Innenverteidiger der Liga." Da Variante eins jetzt wegfällt, bleibt Variante zwei. So bitter die Verletzung für den ambitionierten Zambrano ist, für St. Pauli könnte sie sich - eine schnelle Genesung vorausgesetzt - positiv auswirken. Trainer André Schubert, der Verständnis für die Wechselambitionen des Nationalspielers geäußert hatte, kann nun voraussichtlich aus fünf Innenverteidigern wählen. Allerdings erst mit Zeitverschiebung.