Hoffenheim hat die Trennung bekannt gegeben. St. Paulis Präsidium berät bereits über die Nachfolge von Holger Stanislawski am Millerntor.

Hamburg. Fußball-Bundesligist 1899 Hoffenheim und Trainer Marco Pezzaiuoli gehen wie erwartet am Saisonende getrennte Wege. Nach einer Sitzung am Dienstag teilte 1899-Manager Ernst Tanner dem Chefcoach mit, dass die Zusammenarbeit nach nur einem halben Jahr enden wird. Pezzaiuoli hatte erst am 2. Januar die Nachfolge des entlassenen Ralf Rangnick übernommen. Neuer Coach der Kraichgauer soll nun St.-Pauli-Trainer Holger Stanislawski werden.

Wer soll Nachfolger von Holger Stanislawski werden?

„Wir sind nach den Entwicklungen der letzten Wochen zu dem Entschluss gekommen, mit einem neuen Cheftrainer in die kommende Spielzeit zu gehen. Klar ist jetzt aber auch, dass es für die Mannschaft keine Ausreden mehr gibt und sie in der Verantwortung steht, die kommenden Spiele mit voller Konzentration erfolgreich abzuschließen“, sagte Tanner. (sid)

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Helmut Schulte breitete die Arme aus und trat mit einem Lächeln aus dem Funktionsgebäude des Trainingsgeländes: "Habemus papam. Es ist weißer Rauch aufgestiegen." Was klang wie das Ende der Trainersuche für die kommende Saison, entpuppte sich kurz darauf als Fehlinterpretation. "Wir müssen keinen neuen Papst finden, weil wir bereits unseren Papst haben", erklärte der Sportchef, "unser Trainer hat einen Vertrag bis 2012. Und wir hoffen, dass wir weiter mit Holger Stanislawski zusammenarbeiten werden." Hoffen? Hoffen-Heim! Seit Wochen wird über einen Wechsel Stanislawskis in den Kraichgau spekuliert, und nach Abendblatt-Informationen auch bis zum Wochenende bekannt gegeben. Die Trainersuche beim FC St. Pauli ist keineswegs abgeschlossen, sie hat gerade erst begonnen.

Bis zur vergangenen Woche hatten sie alles versucht, um Stanislawski zum Bleiben zu überreden, hatten versucht, dem 41-Jährigen seine Ausstiegsklausel abzukaufen, die es ihm bei einer Ablösesumme von etwa 250.000 Euro erlaubt, aus seinem bis 30. Juni 2012 befristeten Arbeitspapier vorzeitig auszusteigen. Vergeblich. Stanislawskis Entscheidung steht. Er wird den Verein im Sommer nach 18 Jahren als Spieler, Vizepräsident, Sportchef und Trainer verlassen.

Die Erfolge, die er seit seinem Amtsantritt als Chefcoach im November 2006 mit dem steten Aufstieg aus dem Regionalligamittelmaß bis in die Bundesliga nachwies, machten den Ur-St.-Paulianer kompatibel für andere. Losen Anfragen von Klubs wie Mönchengladbach, Bochum oder Hannover folgten in diesem Jahr konkrete Angebote. Dieter Hoeneß wollte ihn vor wenigen Wochen zum VfL Wolfsburg holen, musste dann aber selbst seinen Managerposten räumen, und Armin Veh empfahl den HSV-Verantwortlichen quasi als letzte Amtshandlung sein Pendant vom Stadtrivalen. Nun führt der Weg für den in Tonndorf mit seiner Ehefrau Michelle und seiner Mischlingshündin Sheila lebenden Hamburger Jung nach Hoffenheim.

"Ich weiß, was ich in der kommenden Saison machen werde", sagt er, ohne konkret zu werden: "Wenn es etwas mitzuteilen gibt, dann werde ich das tun." Stanislawski will nichts verheimlichen, doch zunächst ist die andere Seite am Zug. Dietmar Hopp, allmächtiger Mäzen der TSG Hoffenheim, sucht noch den richtigen Zeitpunkt, um den erst im Januar zum Chefcoach beförderten Marco Pezzaiuoli von der Entscheidung zu informieren. St. Pauli drängt auf die Bekanntgabe, um seinerseits offiziell auf dem Markt tätig werden zu können. Auch der Klub hält sich an die Spielregeln. "Mit anderen Trainern gab es bislang keine Gespräche", sagt Bernd-Georg Spies. Gemeinsam mit Präsident Stefan Orth wird der Vize Stanislawskis Erben auswählen. Spies, hauptberuflich Headhunter und bereits bei der Verpflichtung Schultes entscheidend beteiligt, ist im Präsidium für Vertragsangelegenheiten zuständig - und könnte sofort mit der Suche beginnen. Das Präsidium ist vorbereitet.

Das erarbeitete Anforderungsprofil mit dem favorisierten taktischen Konzept, pädagogischen Qualitäten und der gewünschten Mentalität macht deutlich, dass der von Stanislawski eingeschlagene Weg fortgeführt werden soll. Abseits der fachlichen Qualifikationen soll der Neue begeisterungsfähig sein, Offensivfußball verinnerlicht haben, Emotionalität nachweisen. Eine Namensliste mit potenziellen Nachfolgern ist bereits verfasst und wird mit der Bekanntgabe von Stanislawskis Wechsel abgearbeitet. Laut "Bild" soll Mike Büskens, aktuell bei Greuther Fürth , ab 1. Juli zum Kiezklub kommen, nach Abendblatt-Informationen umfasst der Kandidatenkreis zwölf Personen, darunter auch André Schubert. Der 39 Jahre junge Fußballlehrer, Sportwissenschaftler und Germanist führte den SC Paderborn 2009 in die Zweite Liga, sicherte mit bescheidenen finanziellen Mitteln die Klasse und hat bereits seinen Abschied zum Saisonende erklärt.

Die Fußstapfen, die Stanislawski hinterlässt, könnten kaum größer sein. Zumal sein Wechsel weitere offene Personalien nach sich ziehen wird. "Wenn Truller Brüste hätte, würde ich ihn heiraten", hatte Stanislawski einmal das enge Verhältnis zu Co-Trainer Andre Trulsen verdeutlicht. Pressesprecher und Teammanager Christian Bönig ist ein weiterer Kandidat. St. Pauli verliert an Kompetenz und Erfahrung.

Gut möglich, dass Schulte am Ende der Einzige aus der sportlichen Führung ist, der in die kommende Saison mitgeht. Eine branchenübliche, für St. Pauli aber neue Situation. Man kann den Verantwortlichen dabei nur das wünschen, was Schulte bereits verkündet hatte: den Papst. In der Tasche.