Der ehemalige 96-Trainer Andreas Bergmann, der einst auch den FC St. Pauli betreute, über die Nachwirkungen des Todes von Robert Enke.

Hamburg. Der ehemalige St.-Pauli-Trainer Andreas Bergmann ist heute U-23-Coach und Leiter des Nachwuchsleistungszentrums bei Hannover 96. Vor dem heutigen Duell in der AWD-Arena (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) stellte sich der 51-Jährige zum Interview.

Abendblatt:

Herr Bergmann, nach fünf Monaten als Cheftrainer bei Hannover 96 wurden Sie in der vergangenen Saison beurlaubt, wie fühlen Sie sich jetzt zurück in Ihrem alten Job?

Andreas Bergmann:

Gut. Meine Arbeit bei den Profis hatte sich ja gut entwickelt und der Job hat mir sehr gut gefallen. Doch als sich Robert Enke das Leben genommen hat, ist eine extreme Situation eingetreten. Ich habe in dieser Zeit intensivste Sachen erlebt und hätte mir gewünscht, dass ich die Gelegenheit gehabt hätte, mit der Mannschaft wieder Fuß zu fassen. Man hat es dann aber anders entschieden. Jetzt habe ich eine andere hoch spannende Aufgabe, arbeite mit jungen talentierten Leuten und kann als Trainer gestalten.

Vor der Saison haben Sie sich gewünscht, dass Hannovers Bundesliga-Mannschaft einen gesicherten Mittelfeldplatz belegt und Ruhe im Verein einkehrt. Nach sechs Spielen ist 96 nun plötzlich Dritter.

Bergmann:

Darüber freue ich mich natürlich, weil dadurch nach der turbulenten Saison wirklich Ruhe in den Verein gekommen ist. Man sieht daran, dass man mit ein, zwei Siegen immer befreiter wird, ganz anders auftritt. Dritter zu sein ist schon überraschend.

Haben Sie eine Erklärung dafür, dass es plötzlich so gut läuft?

Bergmann:

Es sind einige interessante neue Leute gekommen, die Frische mitgebracht haben. Vielleicht hilft es auch, dass man von der Mannschaft genau das Gegenteil erwartet hat. Es ist zudem ein guter Teamgeist entstanden.

Am 10. November jährt sich Enkes Tod zum ersten Mal. Seit gestern ist eine viel beachtete Biografie auf dem Markt. Glauben Sie, dass es einen negativen Einfluss auf das Team hat, wenn das Thema jetzt wieder hochkommt?

Bergmann:

Mit Sicherheit werden bei dem einen oder anderen wieder Bilder hochkommen, bei mir ist das auch der Fall. Ich glaube aber, dass es keine Belastung mehr ist, sondern ein respektvolles Erinnern an eine große Persönlichkeit. Viele Spieler, die jetzt im Team sind, hatten mit Robert auch gar nicht mehr direkt zu tun. Wenn sein Tod und seine Krankheit wieder Thema sind, würde ich mir wünschen, dass dadurch doch noch mal einige Dinge in dem harten Geschäft Fußball reflektiert werden. Da wurde damals zwar viel darüber geredet, geändert hat sich aber wenig.

Sie haben immer noch enge Bindungen nach Hamburg, hin und wieder sieht man Sie auch im Millerntor-Stadion. Waren Sie bei den Spielen gegen den HSV und Dortmund dienstlich oder privat?

Bergmann:

Das war privat, aber jedes Spiel ist auch eine kleine Weiterbildung. Ich hatte aber einfach Lust, diese Spiele zu sehen, Lust auf die Atmosphäre, auch Lust, alte Freunde zu treffen. Eine große Sympathie für St. Pauli ist bei mir immer geblieben.

Was trauen Sie dem Kiezklub zu?

Bergmann:

Das Potenzial für den Klassenerhalt ist da. Wichtig ist, dass die Spieler ihre Leidenschaft, eine gewisse Unbefangenheit und den Mut behalten.

Was erwarten Sie heute Abend?

Bergmann:

St. Pauli wird sich nach der Niederlage gegen Dortmund zusammenraufen. Unsere Mannschaft wird selbstbewusst auftreten, wohl auch etwas mehr vom Spiel haben und am Ende auch gewinnen. Alle anderen außer diesen beiden Spielen gegen Hannover sollen dann aber an St. Pauli gehen.