Der Trainer bleibt trotz diverser Baustellen gelassen und will keine “Vollfritten“. Moritz Volz könnte zu seinem Debüt kommen.

Hamburg. Carsten Rothenbach konnte gestern schon wieder auf Krücken über die Flure des Universitätsklinikums Eppendorf humpeln. Der Rechtsverteidiger des FC St. Pauli, der sich am Dienstag bei einem Zweikampf im Training eine 20 Zentimeter lange Risswunde am Unterschenkel zugezogen hatte und anschließend unter Vollnarkose operiert werden musste, wird aber noch bis zum Wochenende im Krankenhaus bleiben müssen und anschließend für mehrere Wochen ausfallen. Immerhin zog sich der 30-Jährige keine weiteren Verletzungen an Bändern, Sehnen oder Knochen zu.

Eine Nachricht, die auch seinen Teamkollegen Moritz Volz freuen dürfte, der mit seinen Stollen für die Verletzung gesorgt hatte und nun ausgerechnet der Mann sein könnte, der Rothenbach am Freitag im Spiel bei Hannover 96 ersetzt. "Als ich Calles Verletzung gesehen habe, ist mir übel geworden", schilderte der 27-Jährige gestern seine Sicht des Unfalls. "Ich kann mir keine Vorwürfe machen. Solche Zweikämpfe gibt es in jedem Training 500-mal, und alle paar Monate passiert etwas."

In den kommenden Tagen wolle er Rothenbach ein "süßes Stück gegen den Kummer" vorbeibringen, erklärte Volz, der aber nicht zu lange über das Geschehene nachdenken wollte. Schließlich ging das Profigeschäft bei St. Pauli gestern weiter, und der bislang nur in der Oberliga-Mannschaft eingesetzte Volz wollte sich im Training für einen Einsatz in der ersten Elf empfehlen. "Ich fühle mich gut, habe mir Fitness und Selbstvertrauen in der Zweiten geholt", sagte der Verteidiger.

Hauptkonkurrent auf der rechten Verteidigerposition ist Florian Lechner, der ebenfalls noch nicht zu einem Bundesliga-Einsatz kam und auf seine Chance lauert. "Einer von beiden wird hinten rechts spielen. Vielleicht spielt der andere auch hinten links", orakelte Holger Stanislawski und benannte mit Jan-Philipp Kalla und Davidson Drobo-Ampem weitere Alternativen. Allerdings ist die Rothenbach-Nachfolge bei Weitem nicht die einzige Baustelle, der sich der Trainer widmen muss.

Mit Mittelfeldlenker Matthias Lehmann, der gestern wegen eines grippalen Infekts wie die ebenfalls erkrankten Florian Bruns und Marcel Eger nicht am Mannschaftstraining teilnehmen konnte, droht neben Rothenbach ein weiterer Stammspieler auszufallen, der bislang alle sechs Partien von Beginn an absolvierte. Somit stehen auch im defensiven Mittelfeld, in das Fabian Boll zurückkehren könnte, Wechsel an. Weitere Baustellen sind der gegen Dortmund insgesamt nicht sattelfeste Verteidigerverbund, den Carlos Zambrano wieder verstärken könnte, und die offensive Mittelfeldreihe, die Stanislawski bislang in wechselnden Formationen spielen ließ. Kurzum: Fast auf jeder Position besteht Handlungsbedarf.

Der Trainer will sich davon jedoch ebenso nicht aus der Ruhe bringen lassen wie von der Tatsache, dass ihm gegen Hannover etablierte Kräfte fehlen werden. "Natürlich wissen wir, dass der eine oder andere Spieler mehr ins Gewicht fällt", meint Stanislawski, der noch weitere "Schnupfnäschen" im Team ausgemacht hat, die seine Personalplanungen durchkreuzen könnten. "Wenn wir einen Matze Lehmann nehmen, ist das definitiv ein Schlüsselspieler. Aber auch das kompensieren wir."

Das allgegenwärtige Klagen im Fußball über mehr oder weniger prominente Ausfälle missfällt Stanislawski. Jeder Verein spreche davon, einen breit aufgestellten guten Kader zu haben, und sobald ein Spieler eine Grippe habe, heiße es, um Gottes willen: "Ich kann dieses Geweine nicht mehr hören", so Stanislawski. "Damit sage ich ja auch jedem, der auf dieser Position auch infrage kommt: ,Du bist die größte Vollfritte. Unsere guten Leute fallen aus, und jetzt muss ich dich spielen lassen'. Wenn bei mir acht ausfallen, ist es eben so. Dann heißt es für die anderen Attacke."