Pokalpleite in Chemnitz bremst die Euphorie beim Aufsteiger vor dem Bundesligastart am kommenden Sonnabend in Freiburg

Chemnitz/Hamburg. Siegmar Krahl hatte eine kurze Nacht. Erst gegen 1.15 Uhr war der Tross des FC St. Pauli nach der Pokalpleite beim Chemnitzer FC am frühen Sonntag in Hamburg angekommen. Bereits um sieben Uhr schlug der Zeugwart wieder an der Kollaustraße auf, um Vorbereitungen für die Trainingseinheit am Vormittag zu treffen und Wäsche zu waschen. In den Trommeln landete unter anderem der Teamdress vom Vortag. Ganz in Rot waren die Braun-Weißen beim Regionalligisten angetreten. Eine Farbwahl, die den Hamburgern kein Glück brachte. Im Gegenteil: Sie hatten mit dem 0:1 ein blaues Wunder in Sachsen erlebt.

Krahl hatte die roten Trikots, Hosen und Stutzen, die in dieser Saison nun nicht mehr benötig werden, bereits gesäubert und getrocknet verstaut, als den Spielern die Aufarbeitung der Geschehnisse vom Vortag noch bevorstand. Es wäre ein wenig übertrieben, wenn man davon sprechen würde, dass sie von Trainer Holger Stanislawski den Kopf gewaschen bekamen. Das eine oder andere deutliche Wort war aber dabei. "Ich habe niemanden angeschrien", sagte der 40-Jährige, "aber mit Körpersprache versucht, einige Dinge zu vermitteln. Das kann dann auch mal lauter werden." Der Coach hatte in Chemnitz bei seinem Team unter anderem die letzte Konsequenz vermisst, um selbst ein Tor zu machen. Man habe zu häufig die falsche Lösung gewählt, nicht clever und zielstrebig genug agiert.

Nach dem frühen Chemnitzer Führungstreffer in der fünften Minute fehlte es St. Pauli im Aufbauspiel an Konzentration und Präzision. Fehlpass reihte sich an Fehlpass. Trotz erwartbaren Übergewichts beim Ballbesitz tauchte Stanislawskis Team nur selten gefährlich vor dem Kasten des Chemnitzer Torhüters Philipp Pentke auf, und wenn, war dieser zur Stelle. Nach einer guten halben Stunde zum Beispiel, als Marius Ebbers in die Spitze auf Max Kruse passte und dieser ebenso wenig den Ball am Torwart vorbeibrachte wie später Ebbers mit einem schönen Schuss aus 16 Metern. Angesichts der wenigen herausgespielten Chancen sprach Sportchef Helmut Schulte von einer "ernüchternden Vorstellung". Wer so spiele, brauche sich nicht zu wundern, dass er rausfliege, meinte auch Kapitän Fabio Morena.

Vor dem Bundesligastart am kommenden Sonnabend beim SC Freiburg ist die Euphorie nun ein wenig gebremst. Stanislawski versuchte der Situation etwas Positives abzugewinnen: "In den vergangenen Monaten waren wir quasi an der Spitze des Olymps, nur ganz oben", meinte der Coach. "Das war jetzt ein Schlussstrich und vielleicht auch ganz gut." Nachdem die Mannschaft in den vergangenen Wochen körperlich sehr viel gearbeitet habe, gelte es nun auch dem Kopf wieder mehr Beachtung zu schenken.

Dass das Pokalspiel ein erstes Vorzeichen für den Verlauf der Bundesligasaison gewesen sein könnte, glauben weder Spieler noch Verantwortliche. "Das sind zwei völlig unterschiedliche Wettbewerbe, die man nicht vergleichen kann", sagte Stanislawski. "Im Pokal kann man Niederlagen nicht korrigieren." Den Korrekturbedarf nach der Partie in Freiburg könnten möglicherweise Florian Bruns, Jan-Philip Kalla, Richard Sukuta-Pasu und Moritz Volz vermindern, die gestern mit Ball trainierten. Carsten Rothenbach absolvierte immerhin einen längeren Lauf. Eines ist sicher: Wenn die zuletzt Angeschlagenen dabei sein sollten, werden sie garantiert nicht in Rot auflaufen.

Chemnitz: Pentke - Sträßer, Richter, Trehkopf, Schaschko (67. Schlosser) - Wilke, Peßolat - Garbuschewski, Löwe - Fröhlich, Förster (65. Dressler/93. Hampf). St. Pauli: Pliquett - Lechner, Morena, Zambrano, Oczipka - Boll, Lehmann - Kruse (77. Bartels), Takyi (69. Hennings), Naki - Ebbers. Tor: 1:0 Richter (5.). SR.: Zwayer (Berlin). Z.: 10 431 Gelb: Fröhlich, Wilke - Bartels, Naki.