Noch hat Trainer Stanislawski sich nicht festgelegt. Aber Gerald Asamoah, Charles Takyi und Deniz Naki wollen nicht nur privat harmonieren.

Hamburg. Viel Zeit, um die Vorzüge des Teamhotels Teistungenburg zu nutzen, hatten die Spieler des FC St. Pauli in der vergangenen Woche nicht. Zu intensiv, zu zehrend waren die Einheiten im Kraft-Ausdauer- und Schnelligkeitsbereich. Immerhin nach dem Abendessen war eine kurze Gesprächsrunde im kleineren Kreis drin. Ein paar Minuten, um zu entspannen, in lockerer Runde zu plaudern und über die vorangegangenen Foltereinheiten zu schimpfen. Allabendlich bildeten sich diese kleineren Grüppchen. Auf den Zimmern, der Terrasse, in der Bar oder im Restaurant. Umfang und Besetzung der einzelnen Runden variierten, eine Konstante aber blieb. Gerald Asamoah, Charles Takyi oder Deniz Naki einmal ohne einen der beiden anderen anzutreffen, war so selten wie die Wolkenbildung am thüringischen Himmel zu Beginn der vergangenen Woche.

Zumindest abseits des Platzes harmoniert das Trio bereits hervorragend, und es gibt nicht wenige Beobachter, die in der Sitzgruppe der Hotelbar bereits St. Paulis offensive Mittelfeldreihe für die Bundesliga gesehen haben wollen. "Ich habe mich mit Deniz schon in der letzten Saison sehr gut verstanden", sagt Takyi, der zu Asamoah aber eine Bindung hat, die enger kaum sein könnte. Zu seiner Zeit im Schalker Jugendinternat wurde Takyi im Hause Asamoah aufgenommen. Die Profis, die beide aus Ghana stammen und nun erstmals in einer Mannschaft spielen, sind seitdem mehr als nur Freunde: "Asa ist mein großer Bruder, er ist immer für mich da gewesen. Einfach schön, jetzt mit ihm zusammenzuspielen."

Auch Naki, der in der Vorbereitung bislang einen hervorragenden Eindruck hinterließ und Trainer Holger Stanislawski so zu einem äußerst seltenen Sonderlob nötigte, spricht vom erfahrenen Neuzugang in den höchsten Tönen. "Ich komme mit Asa sehr gut aus, das sieht man ja. Er hilft mir sehr weiter. Von ihm können wir alle viel lernen." Dass er dies am liebsten neben ihm auf dem Platz tun will, ist ein offenes Geheimnis. Asamoah, Takyi, Naki: As, Ta, Na. Bei der Tour de France stellte die Astana-Mannschaft mit dem Spanier Alberto Contador den Gesamtsieger. Nun könnte St. Paulis Astana-Trio die eigene Elf auf Touren bringen. "Diese Dreier-Kombo passt auf jeden Fall zusammen", sagt Takyi mit Blick auf das Private und grinst.

Auf dem Platz dagegen sind auch andere Kombinationen zulässig. Die Frage, wer hinter der im 4-2-3-1-Schema fest eingeplanten Angriffsspitze Marius Ebbers aufläuft, ist völlig offen. Mit Asamoah, Takyi, Naki, Max Kruse, Florian Bruns, Fin Bartels und Rouwen Hennings bewerben sich mindestens sieben hoch qualifizierte Konkurrenten auf Augenhöhe, zuletzt wurde auch Dennis Daube auf einer der drei Positionen im offensiven Mittelfeld getestet. "Wir haben mehrere Optionen und die Spieler ganz bewusst unter Druck gesetzt. Gerade im offensiven Mittelfeld wird es ein Hauen und Stechen geben und der eine oder andere sich auch mal auf der Tribüne wiederfinden", beobachtet Stanislawski den Konkurrenzkampf mit Genugtuung.

Neben Asamoah, der als Königstransfer einen kleinen Bonus besitzt, dem zum Ende der Aufstiegssaison wieder formstarken Spielmacher Takyi und Naki, dessen Leistungsschub unübersehbar ist, konnten auch die Konkurrenten punkten. "Wir bewegen uns alle auf einem hohen Niveau. Mit Gerald und Fin sind zwei Neue dazugekommen. Alle wollen spielen, aber alle müssen sich erst beweisen. Das gilt auch für mich, denn mein Ziel lautet, einen dieser drei Plätze zu besetzen", so Kruse.

Der Reinbeker hat seine Ernährung umgestellt und Gewicht verloren, wirkt trotz seiner Operation im Sommer, bei der ihm ein Nagel aus dem Bein entfernt wurde, fitter als zuletzt. Bei den Sprinteinheiten tauchte sein Name im vorderen Drittel der Ergebnislisten auf, und mit seinen beiden Toren sorgte er für zwei der seltenen Lichtblicke beim 2:1-Sieg am Sonnabend gegen Landesligist RSV Göttingen. Auch Bruns, der bei den schwachen Vorstellungen gegen Göttingen und Northeim (0:2) pausierte, konnte die Woche in Teistungen zur Eigenwerbung nutzen: engagiert, laufstark, dynamisch und abschlussstark. Kaum vorstellbar, ihn zum Start auf der Bank sitzen zu sehen. Was auch für Bartels gilt, der aufgrund seiner Schnelligkeit und Dribbelstärke einen gelungenen Einstand bei St. Pauli hinter sich hat. Hennings hatte bereits in der abgelaufenen Saison bewiesen, dass das Image des "ewigen Talents" einem Etikettenschwindel gleichkommt. Der Neu-Quickborner drängt in die Startelf.

Wer dort am 14. August, im Pokalspiel beim Chemnitzer FC, spielt? Die Kandidaten zucken mit den Schultern. Stanislawski ebenso. Er wird ab heute ganz genau hinschauen. Passfolgen, Spielformen und Laufwege werden geschult. Auf die Spieler wartet der Feinschliff. Wer harmoniert mit wem am besten? Die Kernfrage, die bislang nur fernab des Rasens beantwortet wurde, verlangt nach Lösungen. Und sollte Nakis Gleichung stimmen, darf für die kommenden Tage eine wahre Leistungsexplosion erwartet werden: "Je größer die Konkurrenz, desto mehr lerne ich dazu."