Nach elf Monaten Verletzungspause ist St. Paulis Volz dicht an die Startelf herangerückt. Im Testspiel gegen Zürich kämpft er um seinen Platz.

Hamburg. Manchmal müsse man Moritz Volz einfach eine Zwangspause verordnen, erklärt André Schubert, denn sonst gönne er seinem Körper nie Erholung. "Unglaublich viel", trainiere sein Verteidiger, "das ist fast schon dramatisch", sagt der Trainer nicht ganz ernst, wenn er über seinen gefühlten Neuzugang spricht. Nach elf Monaten Verletzungspause greift Volz beim FC St. Pauli mit voller Kraft wieder an und spielt in den Planungen des Coaches endlich eine gewichtige Rolle.

"Vom Feeling her habe ich ein gutes Gefühl", zitiert Volz Ex-Profi Andreas Möller, wenn man ihn aktuell nach seiner Befindlichkeit fragt. "Ich habe auf die Vorbereitung gebrannt, jetzt eine Woche in Spanien optimal trainiert und sicherlich keinen schlechten Eindruck hinterlassen", sagt der 29-Jährige selbstbewusst. Diesen Eindruck bestätigt auch Schubert: "Er ist sehr dynamisch, rammelt sich in jeden Zweikampf und findet auf dem Platz gute Lösungen", ist er voll des Lobes.

Im März 2011 hatte sich der Rechtsverteidiger, der bereits im Alter von 16 Jahren beim englischen Spitzenklub FC Arsenal London ausgebildet wurde, das linke Schienbein gebrochen. Im Training war er mit Mitspieler Gerald Asamoah zusammengeprallt. Es folgte eine lange Leidenszeit und somit ein weiterer Rückschlag in der Laufbahn des einstigen Juniorennationalspielers. Für den FC Fulham bestritt er von 2003 bis 2009 125 Ligaspiele und schoss das 15 000. Tor der englischen Premier League. Ein Anruf des damaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann war die Folge. Volz wurde für ein Testspiel gegen Kamerun im November 2004 nominiert, kam jedoch nicht zum Einsatz. Fulham verweigerte ihm im Anschluss für eine Asienreise der Nationalmannschaft die Freigabe, danach wurde er vom DFB-Duo Klinsmann/Löw nicht mehr berücksichtigt. "Klar hätte ich damals gerne gespielt", blickt der gebürtige Südwestfale zurück, "aber ob jetzt ein- oder keinmal - das macht für mich heute keinen Unterschied." Als Persönlichkeit habe er sich in seiner Zeit in London sehr entwickelt. Dort sieht er auch heute noch seinen Lebensmittelpunkt. "Diese Entwicklung zählt für mich mehr", sagt der wissbegierige Musterprofi, der für die rennomierte englische Tageszeitung "The Times" einst Kolumnist war und auf der Insel aufgrund seines ausgeprägten Humors mit einem eigenen Song ("The Moritz-Volz-Song") bedacht wurde. Sportlich hatte Volz nicht immer viel zu lachen: Nach einem Leihgeschäft zum Zweitligisten Ipswich Town lief sein Vertrag in Fulham im Sommer 2009 aus. Er erhielt keinen neuen Kontrakt, hielt sich im Winter auf Schalke bei Felix Magath fit und fand erst ein Jahr später im FC St. Pauli einen neuen Klub.

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Der Beginn der Wintervorbereitung war für ihn nun auch ein Neustart seiner Profikarriere. Erst neunmal stand das Kraftpaket seit seiner Verpflichtung für die Hamburger auf dem Platz. Nun darf er sich als einer der Gewinner der Vorbereitung fühlen. Ob es für einen Platz in Schuberts Startelf reicht, ist dennoch fraglich. Zumindest im heutigen Testspiel gegen den Schweizer Erstligisten Grasshoppers Zürich (15 Uhr/Millerntor-Stadion) wird Schubert ihn auf der rechten Abwehrbahn erneut testen.

"Wir werden nicht mehr komplett durchtauschen", kündigte der Trainer bereits an. Vier Tickets für die Startaufstellung scheinen nach den Tagen von Oliva bereits vergeben. Max Kruse soll auch nach der Winterpause im offensiven Mittelfeld für Wirbel sorgen, Fabian Boll ist als Abräumer vor der Abwehr gesetzt. Nach dem neuerlichen Ausfall von Lasse Sobiech haben Rückkehrer Carlos Zambrano und Markus Thorandt vorerst ihren Platz in Schuberts Innenverteidigung gefunden. Auch Fin Bartels gilt im Mittelfeld als gesetzt, fehlt in Aachen am Sonnabend jedoch gelbgesperrt. Weil auch Sebastian Schachten in Aachen nach seiner fünften Verwarnung fehlt, steigen die Chancen auf Volz' Zweitliga-Debüt. Rekonvaleszent Carsten Rothenbach setzt gegen Zürich aus, weshalb auch er wohl noch keine Alternative ist. Bei seinem 45-minütigen Comeback gegen Hoffenheim (1:2) hinterließ Volz bereits einen starken Eindruck. Die heutige Partie wird zur Nagelprobe - auch für Volz. Eine Chance, die der "Trainingsweltmeister" nutzen will. Auch gestern verließ er deshalb den Kunstrasenplatz an der Kollaustraße als einer der Letzten.