Im Topspiel gegen Eintracht Frankfurt (20.15 Uhr im Liveticker) will der FC St. Pauli den ersten Saisonsieg gegen einen direkten Konkurrenten.

Hamburg. Er mühte sich sichtlich, gute Miene zum bösen Spielende zu machen, doch auch sein Lächeln konnte die große Enttäuschung nicht verbergen. "Die letzte Partie, die so ähnlich lief, war die Niederlage gegen Düsseldorf. Aber immerhin haben wir diesmal einen Punkt hier behalten", sprach Helmut Schulte im Anschluss an das 2:2 gegen die SpVgg Greuther Fürth, deren Angreifer Olivier Occean in der Nachspielzeit den späten 2:2-Ausgleich für die Franken erzielen konnte. Erneut hatte es der FC St. Pauli am 5. November nicht geschafft, einen direkten Konkurrenten im Aufstiegsrennen zu bezwingen. "Uns fehlt der Sieg gegen eine Spitzenmannschaft", so Sportchef Schulte, "aber dann muss er eben im Dezember passieren."

Eine Forderung, die heute, eineinhalb Monate später und zwei Wochen nach dem 1:1 beim SC Paderborn, zur Wiedervorlage kommt. Mit dem Topspiel gegen Eintracht Frankfurt (20.15 Uhr/Sport 1, Liveticker auf Abendblatt.de) schließen die Hamburger den Ligabetrieb im deutschen Fußball. Und im fünften Anlauf soll endlich der ersehnte Saisonsieg gegen einen Großen der Liga gelingen. "Wir wollen zum Jahresende, auch für unsere Zuschauer, noch mal ein absolutes Highlight präsentieren und zeigen, was wir spielerisch so draufhaben", hofft André Schubert zum Ausklang auf den ganz großen Knall.

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Mit gezielter öffentlicher Kritik nach dem schläfrigen 0:1-Ausrutscher bei Abstiegskandidat und Tabellenschlusslicht FC Ingolstadt sowie einem internen Appell an seine Mannschaft hat St. Paulis Cheftrainer seine Spieler bei der Ehre zu packen versucht. "Ja, aber das war eigentlich gar nicht nötig", findet Spielmacher Max Kruse, "diese Reaktion fordern wir ja auch alle von uns selbst. Wir wissen, dass wir am Montag an der Reihe sind, es besser zu machen."

Neben den zuletzt immer häufiger unter Verschluss gehaltenen spielerischen Qualitäten erinnerte Schubert im Vorfeld eindringlich wie noch nie auch an die alten St.-Pauli-Tugenden: Kampf, Einsatz und Leidenschaft. "Es ist Millerntor-Wetter. Die Physis ist ein wichtiger Baustein. Gerade gegen die Eintracht, die mit zum Besten gehört, was die Liga zu bieten hat, müssen wir wahnsinnig viel investieren, konsequent an unsere Grenze und darüber hinausgehen. Wir müssen lästig sein in der Defensive, und das erfordert eine unglaubliche Leistungsbereitschaft und Leidenschaft." Der 40-Jährige stärkt den Kollektivgedanken, um gegen das individuell zwar stark und prominent besetzte, aber insgesamt weitgehend instabile Frankfurter Mannschaftsgefüge auf schwerem, tiefem Boden zu bestehen: "Sie sind nicht unschlagbar, aber wir müssen unsere Chance auch suchen."

Die Eintracht steht für einige Superlative, stellt die beste Auswärtsmannschaft der Liga, erzielte mit 41 Treffern in 18 Spielen die meisten Tore pro Partie und könnte mit einem Sieg konsequenterweise auch als Tabellenführer in die Winterpause gehen. Mohamadou Idrissou und Theofanis Gekas, aber auch Alexander Meier, Joker Karim Matmour oder der ebenso wie der Ex-St.-Paulianer Matthias Lehmann wegen einer Grippe in Frankfurt gebliebene Erwin Hoffer sind die Triebfedern hessischer Offensivwucht. "Obwohl der Armin (Eintracht-Trainer Veh, die Red. ) ja klagt, dass der Kader nicht gut genug ist", wie Schubert süffisant anmerkt. Frankfurt hat einen Etat von 19 Millionen Euro, Schulte und Schubert müssen mit zwölf Millionen Euro auskommen - der Positionsvergleich spricht für die Eintracht wie auch der direkte: St. Pauli hat seit mehr als 13 Jahren nicht mehr gegen die Frankfurter gewinnen können. Ausgerechnet im schwierigsten Heimspiel der Saison sollen die ersten drei Punkte gegen einen direkten Konkurrenten her.

Die Braun-Weißen nehmen sich selbst in die Pflicht. Nicht nur wegen des ernüchternden Rückschlags in Ingolstadt - die Wurzeln liegen tiefer. "Keine Punkte gegen Düsseldorf, einen Zähler gegen Fürth, da ist doch klar, dass es dann drei gegen Frankfurt werden", rechnet Schulte augenzwinkernd hoch. Doch tatsächlich wollen seine Spieler jenen Lerneffekt nachweisen, den die Suche nach positiven Begleiterscheinungen im Anschluss an die Punktverluste gegen die Großen hervorgebracht hatte. Drei Unentschieden und eine Niederlage liefert die Vierspielebilanz, Frankfurt verlor bisher hingegen keines seiner fünf direkten Duelle - ein Qualitätsmerkmal, ein Aufstiegssiegel.

Passiert es nun tatsächlich erstmals im Dezember? Die Vorgabe des Propheten Schulte steht, Schuberts Forderungen ebenso. "Du bekommst das zurück, was du investierst", gibt der Trainer die Losung vor. Und das muss diesmal eine ganze Menge sein.