Der Präsident des Kiezklubs spricht über die Motivation der Spieler und ein mögliches Lokalderby gegen den HSV.

Hamburg. Am kommenden Freitag lädt Corny Littmann zur "Tanz-in-den-Mai-Party" im Schmidts Tivoli. In seiner Funktion als Vereinspräsident des FC St. Pauli erwartet den 58-Jährigen der heiße Tanz schon heute. Für seinen Klub müssen gegen den Tabellenvorletzten TuS Koblenz drei Punkte im Kampf um den Aufstieg in die Erste Liga her.

Hamburger Abendblatt: Herr Littmann, spüren Sie eine innere Unruhe vor dem wichtigen Spiel?

Corny Littmann : Ich sehe das alles eigentlich ganz gelassen. Egal, wie die letzten drei Spiele ausgehen, wird die Saison ein Erfolg sein. Ich habe es außerdem leichter als die Spieler. Ich sitze ja nur auf der Tribüne.

Aber dort können Sie doch gar nicht eingreifen.

Das ist wahrscheinlich auch gut so. Als Theaterregisseur ist für mich die Ausgangslage schwieriger, weil ich da entscheiden kann, ob ich auf der Bühne mitwirke oder nicht.

Lassen Sie als Fußballzuschauer Ihren Emotionen freien Lauf?

Ich bin im Stadion total ruhig, erstarre förmlich zu einer Salzsäule. Ich war noch nie jemand, der auf der Tribüne lauthals geschrien hat. Zu Hause, wenn ich allein vor dem Fernseher sitze, kann ich auch schon mal ausfallend werden.

Werden Sie vor den letzten Saisonspielen mit einer Rede auf die Spieler einwirken?

Nein, ich brauche kein Wort an sie zu richten. Die wissen selbst, worauf es ankommt. Nur wenn unser Trainer Holger Stanislawski es wünscht, würde ich noch mal aktiv werden.

Wie groß ist der Druck, der auf den Spielern lastet?

Ich bin der Meinung, dass unser Torwart Mathias Hain das gut analysiert hat: Druck hat man als Fußballprofi die gesamte Saison über. Die Spieler wissen also, wie man damit umgehen muss. Wenn etwas in der entscheidenden Phase der Saison zunimmt, ist es vielleicht die Versagensangst. Auf der anderen Seite glaube ich, dass gute Spieler, wenn es darauf ankommt, unbewusst noch einmal fünf Prozent draufpacken.

Werden Sie die Spieler mit einer zusätzlichen Prämie für die letzten Partien motivieren?

Eine Extra-Prämie wird es nicht geben. Die Spieler erhalten selbstverständlich im Aufstiegsfall eine ausgehandelte Sonderprämie, und die kann sich auch sehen lassen. Mit spontanen Zusatzprämien hab ich in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn ich gesagt habe, für zwei Siege in den nächsten beiden Spielen gibt es so und so viel extra, haben die nie zweimal gewonnen.

Nehmen wir mal an, es klappt mit dem Aufstieg. Glauben Sie, dass die große Euphorie am Millerntor verloren gehen könnte, wenn es zu Negativerlebnissen kommt?

Unsere Zuschauer sind sehr realistisch. Ich glaube nicht, dass eine übertriebene Erwartungshaltung da wäre. Solche Reaktionen wie beim HSV, wenn ein ganzes Stadion pfeift, weil der Tabellensechste gegen Hannover nicht über ein 0:0 hinauskommt, kann ich mir bei uns nicht vorstellen.

Apropos HSV. Wo würde ein Heimspiel gegen den Rivalen in der Ersten Liga stattfinden?

Wenn es dazu kommt, würden wir auf jeden Fall am Millerntor spielen. Mögliche Zusatzeinnahmen bei einem Ortswechsel spielen keine Rolle, da geht es um die Identität.

Die Struktur der Anhängerschaft würde sich mit dem Aufstieg weiter ändern. Wahrscheinlich kämen noch mehr Erfolgsfans dazu.

Es ist völlig klar, dass St. Pauli ausgesprochen attraktiv ist, weil es neben dem Fußball auch noch ein Lebensgefühl vermittelt. Ich werde unsere Fans aber nicht in gute und schlechte unterteilen, auf jemanden zeigen und sagen: "Du bist aber noch nicht so lange dabei." Ich habe wirklich keine Sorge, dass sich die Stimmung bei uns drehen wird. Das könnte nur passieren, wenn wir bei einem Aufstieg die Mannschaft austauschen und die Neuen dann nicht die erhoffte Leistung bringen. Das werden wir aber auf keinen Fall tun.

Nach den Ereignissen rund um das Rostock-Spiel gibt es viel Ärger mit der Fanszene. Glauben Sie, dass Sie die Nachwehen als Präsident zu spüren bekommen?

Das Präsidentenamt steht erst im November 2011 zur Wahl. Ich bin aber bekannt dafür, dass ich mich nicht von Opportunitäten leiten lasse. Bei der letzten Wahl hat mich meine Forderung nach regelmäßigen Freundschaftsspielen gegen den HSV auch viele Stimmen gekostet. Am Ende hatte ich trotzdem ein besseres Ergebnis als die CSU es jemals in Bayern hatte. Außerdem hängt mein Lebensglück nicht davon ab, ob ich der Präsident des FC St. Pauli bin.