St. Paulis Verteidiger hat sich vom Sicherheitsrisiko zum Leistungsträger entwickelt. Aus der Startelf ist er nicht mehr wegzudenken.

Hamburg. Mittlerweile kann er darüber lachen. Angesprochen auf den nächsten Gegner legt Ralph Gunesch ein Grinsen auf sein Gesicht, senkt den Blick und kratzt sich etwas verlegen am Hinterkopf. Nein, vergessen hat er die Partie am 5. Spieltag beim FSV Frankfurt noch lange nicht, es mögen die längsten 90 Minuten seiner bisherigen Profikarriere gewesen sein. Vier Spieltage lang hatte er im Zeichen des harten Konkurrenzkampfs im Abwehrzentrum des FC St. Pauli auf der Bank gesessen, ehe er am Bornheimer Hang seine Chance erhielt - und verspielte.

Nervös, hektisch, überfordert. Der 26-Jährige präsentierte sich desolat, verschuldete einen Gegentreffer, erzielte ein Eigentor und durfte sich am Ende bei den Kollegen bedanken, dass die Partie mit einem 3:2 dennoch siegreich gestaltet werden konnte. "Ich hatte zu keinem Zeitpunkt überlegt, ihn vom Platz zu holen", erinnert sich Holger Stanislawski, "er musste da einfach durch." Rückblickend die richtige Entscheidung, da der Trainer Guneschs Dienste aufgrund von Verletzungssorgen schon zwei Spieltage darauf wieder benötigte.

Seitdem verpasste Gunesch keine Saisonminute mehr, hat sich längst als Partner von Kapitän Fabio Morena in der Innenverteidigung etabliert. Mehr noch: Wenn die Frankfurter morgen (18 Uhr/Sky, Liveticker auf abendblatt.de) zum Rückspiel ans Millerntor kommen, wird sie ein neuer Ralph Gunesch empfangen. Der Abwehrspieler hat eine Wandlung vollzogen. Vom Wackelkandidaten zum Stammspieler, vom Sicherheitsrisiko zum Leistungsträger. "Er ist groß, kopfballstark und schnell, bringt einfach alles mit. Aber er zeigt erst jetzt jene Präsenz und Körpersprache, die ich von ihm immer eingefordert habe", lobt Stanislawski.

Gunesch hat einen Entwicklungsschritt gemacht. Sein konsequentes Zweikampfverhalten sorgt allwöchentlich für Top-Werte, die Brust ist breit, die Fehlerquote tendiert gen Null. "Diese Entwicklung war aber auch notwendig, denn in diesem Jahr sind die Anforderungen gestiegen", sagt Gunesch, dessen Reifeprozess vom internen Konkurrenzkampf laut eigener Aussage beschleunigt wurde: "Es gilt immer als ein dummer Spruch, aber er stimmt: Konkurrenz belebt das Geschäft."

Überhaupt wirkt sich das dichte Gedränge um die elf Startplätze beim FC St. Pauli bislang einzig leistungsfördernd aus. "Bei uns sitzen einige auf der Bank, die es genauso verdient hätten zu spielen", sagt Stanislawski, "aber die, die nicht starten, pushen von außen. Das ist eine wahnsinnig positive Situation für uns." Gute Stimmung, gute Leistungen. Auch in Zukunft? "Ausruhen kann sich hier jedenfalls keiner", weiß Gunesch.

Der Innenverteidiger ist vorerst froh, seine in der Rückrunde herausragenden Leistungen zu bestätigen: "Es ist einfach schön, meinen Teil zum Erfolg beisteuern zu können." Das soll diesmal auch gegen Frankfurt funktionieren und damit der fünfte Sieg in Folge eingefahren werden. Eine Serie, die es für St. Pauli im Profibereich letztmals im November 1976 (!) gegeben hatte. Neben der Konstanz arbeitet Gunesch noch an einem weiteren Ziel: "Ich habe mir fest vorgenommen, ein Saisontor zu erzielen", verrät er. Vielleicht ja erneut gegen Frankfurt - und diesmal ins richtige Tor.