André Schuberts Ex-Klub könnte mit einem Sieg am Millerntor eine Rekordsaison krönen und auch über die Zukunft von St. Paulis Trainer entscheiden.

Hamburg. "Einfach jede Sekunde genießen" sollen seine Spieler die Partie beim FC St. Pauli am Sonntag (13.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de ), sagt Paderborns Trainer Roger Schmidt. Schließlich könne man am Millerntor völlig befreit aufspielen, weshalb er die Mannschaft "vor einer entspannten Trainingswoche" sehe. Worte, die klingen, als habe der Sportklub mit dem 1:0 am vergangenen Wochenende über den FSV Frankfurt vorzeitig den Klassenerhalt perfekt gemacht und Fans und Verein ein Endspiel am letzten Spieltag erspart. Ein Szenario, mit dem sich die Verantwortlichen vor der Saison sicherlich hätten anfreunden können. Doch in diesem Fall weit gefehlt. Die Begegnung auf St. Pauli könnte zu einer echten Zitterpartie werden - um Relegationsplatz drei und den möglichen Aufstieg in die Bundesliga, wenn Düsseldorf zeitgleich im Heimspiel gegen Duisburg patzt und Paderborn auf Rang vier wie auch dem Tabellenfünften St. Pauli so die Chance auf den dritten Platz eröffnet.

Dass man in Paderborn schon jetzt von einer "sensationellen Saison" spricht, ist verständlich. Als Trainer André Schubert im April 2011 seinen Abschied aus Ostwestfalen verkündete und wenige Wochen später bei St. Pauli anheuerte, stand der Klub vor einem Umbruch. Mit Platz zwölf sicherte man zwar den Ligaverbleib, doch die finanzielle Schieflage bedrohte den Verein. Schuberts Spieleretat sollte um eine Million Euro gekürzt werden, doch weil er kein Einsparpotenzial mehr sah, bat er um Auflösung seines Vertrags. Trainer Roger Schmidt kam, und der Etat von 5,1 Millionen Euro blieb dann doch unbeschnitten.

Ausgerechnet Schuberts Ex-Verein ist es nun, der vor dem Saisonfinale zwei Punkte mehr auf dem Konto hat als die Hamburger und für den endgültigen Knock-out im Aufstiegskampf sorgen könnte. Mit 28 Zählern holte Paderborn in der Rückrunde fünf Punkte mehr als Schuberts Elf, gar acht mehr als die Fortuna. Hinter Eintracht Frankfurt stellt man die beste Auswärtsmannschaft der Liga.

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Ausgerechnet der SC Paderborn, dessen Verteidiger Florian Mohr und Sören Gonther im Sommer ans Millerntor wechseln, was für Nebengeräusche an Pader und Elbe sorgte. Schubert wildere im Kader seiner alten Liebe und nutze Vertragskenntnisse aus, hieß es polemisch aus Ostwestfalen. "Natürlich wird es ein emotionales Spiel", sagt der in der Hansestadt geborene Mohr, "generell ist die Rückkehr nach Hamburg im Sommer eine tolle Sache für mich." Allerdings drängt sich in diesen Tagen die Frage auf, ob der Abwehrspieler zum Trainingsbeginn Ende Juni tatsächlich auf seinen alten Trainer treffen wird. St. Paulis Verantwortliche wollen sich in der kommenden Woche zur Analyse zusammensetzen und eine Beurteilung der Lage vornehmen, bei der auch die Trainerfrage gestellt werden wird.

Nach Abendblatt-Informationen gibt es innerhalb der sportlichen Leitung wie auch im Präsidium Bedenkenträger, was eine weitere Zusammenarbeit mit dem kompromisslosen Fußball-Lehrer betrifft. Atmosphärische Störungen zwischen Trainer und Teilen der Mannschaft, aber auch mit einigen Verantwortlichen selbst haben zumindest einige dazu bewogen, trotz Schuberts erfolgreichem Premierenjahr am Millerntor eine vorzeitige Auflösung des bis 2013 befristeten Vertrags zu thematisieren. Eine Entscheidung soll in den kommenden zwei Wochen fallen.

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Nicht ausgeschlossen somit, dass die Partie am Sonntag noch einmal eine ganz besondere Brisanz für den Trainer und seinen Ex-Klub besitzt. Ausgerechnet Paderborn, wo die Erfolge Schuberts, der Aufstieg aus der Dritten Liga 2009 und der fünfte Platz 2010, in Vergessenheit geraten zu sein scheinen. Sportlich hat der Klub schon jetzt alle Vereinsrekorde gebrochen. 61 Punkte erreichte die Mannschaft in der Zweiten Liga nie zuvor, mit Stürmer Nick Proschwitz (17 Treffer) könnte gar der Torschützenkönig aus der 145 000-Einwohner-Stadt kommen. Nach Jahren mit finanziell hohen Verlusten wird Paderborn diese Spielzeit mit einem Gewinn verbuchen. "Wir können unsere Nachteile gegenüber den großen und reichen Klubs in der Zweiten Liga nur durch Fleiß und Intelligenz wettmachen", sagt Vereinschef Wilfried Finke. Die nötige Strebsamkeit haben Schmidt und seine Elf bewiesen. Nun soll die "Krönung einer sensationellen Saison" folgen. Mit einem Sieg über St. Pauli und dem Relegationsplatz drei. Ausgerechnet gegen André Schubert ...