Aufsichtsrat und Präsidium entscheiden einvernehmlich - Wahltermin steht zur Diskussion

Hamburg. Sie bewahren die Ruhe, demonstrieren Gelassenheit und wirken vorbereitet. Der Rücktritt des starken Mannes hat die Vereinswelt nicht in eine Schieflage versetzt. Es war stets eines der großen Ziele Corny Littmanns gewesen, beim in der Historie oft nach Gutsherrenart geführten FC St. Pauli personenunabhängige Strukturen zu schaffen. Die kommenden Tage dürften nun die Erkenntnis bringen, dass diese Vorgabe erreicht ist.

"Wir werden in aller Ruhe den satzungsgegebenen Aufgaben nachkommen, zeitnah und in enger Absprache mit dem Präsidium eine Entscheidung für die kommissarische Nachfolge treffen", sagt der Aufsichtsratvorsitzende Michael Burmester. "Das Präsidium wird sich nächste Woche zusammensetzen und in Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat eine einvernehmliche Lösung finden", versichert auch Vizepräsident Bernd-Georg Spies und unterstreicht noch einmal die in den Gremien ausgemachte Harmonie: "Das Präsidium wird als Team bestehen bleiben." Was nichts anderes bedeutet, als dass der kommissarische Nachfolger aus der Riege der vier Vizepräsidenten Stefan Orth, Marcus Schulz, Spies und Gernot Stenger kommen wird. Ob er selbst den Posten anstrebe, lässt Spies, der sich in seinen drei Amtsjahren vor allem in Fankreisen eine breite Lobby erarbeitet hat, offen: "Kein Kommentar." Dass der stets um Kommunikation und Ausgleich bemühte 55-Jährige eine Kampfkandidatur antritt, gilt allerdings als unwahrscheinlich.

Denn aller Voraussicht nach wird die Wahl, die offiziell im Verantwortungsbereich des Aufsichtsrates liegt, auf Schulz fallen (Abendblatt berichtete). Der 43-jährige "Finanzminister" arbeitet im sechsten Jahr in dem Gremium und ist damit dienstältester Vizepräsident. "Es ist für mich eine positive Erfahrung in meinem Berufsleben, dass fünf so unterschiedliche Typen so gut zusammen gearbeitet haben. Auf diesem Geist wollen wir aufbauen", beteuert Spies, der bereits in die fernere Zukunft blickt: "Die Bereitschaft unter uns ist durchaus da, auch den neuen Präsidenten zu stellen."

Wann dieser die Legitimation der Mitglieder erhält, ist noch offen. Die naheliegendste Lösung, den Präsidenten auf der turnusmäßigen Jahreshauptversammlung im November wählen zu lassen, sorgt intern für Bauchschmerzen. Am gleichen Abend werben im CCH auch die Kandidaten für den neuen Aufsichtsrat um die Gunst der Mitglieder. Alle wichtigen Weichen auf einer möglicherweise von Emotionen geleiteten Veranstaltung binnen weniger Minuten stellen zu müssen, birgt Gefahren und Risiken. Momentan werden Alternativen geprüft, um die beiden Wahlen terminlich zu entzerren, ohne dabei eine weitere Anmietung des CCH nötig werden zu lassen. Die zusätzlichen Kosten würden bei etwa 10 000 Euro liegen. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass die in zwei Wochen zu erwartende Interims-Lösung bis zur Jahreshauptversammlung 2011 kommissarisch dem Verein vorsteht.

Die Zukunft von Corny Littmann ist ebenfalls weiterhin offen. Vorerst bleibt er dem Verein als Ratgeber und Geschäftsführer der FC St. Pauli Service GmbH erhalten. Eine gestern im Abendblatt thematisierte Option, im November für den Aufsichtsrat zu kandidieren, ließ der scheidende Präsident unkommentiert.