Seine letzte Inszenierung auf der großen Fußball-Bühne dauerte elf Minuten. Mit stockender Stimme verlas Corny Littmann , 57, gestern seine Rücktrittserklärung als Präsident des FC St. Pauli. Nachfragen waren nicht erlaubt. Medienwirksame Auftritte hat er immer geliebt. Als - am Ende erfolgloser - Bundestagskandidat der Grünen zerschlug er 1980 einen Toilettenspiegel im Hamburger Hauptbahnhof, hinter dem sich eine Überwachungskamera der Polizei verbarg, um auf die Diskriminierung von Schwulen aufmerksam zu machen. Als Theatermann zeigte er Anfang der 90er ein Plakat von zwei Männern beim Oralsex in die Fernsehkamera - der Bayerische Rundfunk blendete sich peinlich berührt aus der Anti-Aids-Kampagne aus.

Vielleicht konnte nur einer wie er den eigentlich unmöglichen Spagat zwischen Alternativ-Kiez und Fußball-Kommerz schaffen. Einer, der an der Esso-Tanke frühstückt, Suppe an Obdachlose verteilt - und zugleich Theater auf dem Luxusliner "Aida" spielt. Einer, der im Totenkopf-Milieu verhasste Business-Logen am Millerntor baut - und sie einfach Séparées nennt. Bringt genauso viel Geld, passt aber viel besser zum Image. Gäbe es einen Preis für die professionelle Vermarktung von Alternativ-DNA, Littmann hätte ihn längst verdient - allein für die Kneipen-Solidaritätskampagne "Saufen für Pauli".

Die Fußballbühne mag Littmann gestern verlassen haben. Das Scheinwerferlicht wird er dennoch immer suchen. Es ist seine Droge.