Paderborn/Hamburg. Spiel gedreht, Glatzel trifft bei seiner Startelf-Rückkehr. Doch im Fokus stand ein anderer HSV-Profi, der den Negativlauf beendete.

Dieses Spektakel verdiente das Prädikat Spitzenspiel. Nach für Zweitligaverhältnisse außergewöhnlich temporeichen und intensiven 90 Minuten hat sich der HSV 3:2 (2:1) beim SC Paderborn durchgesetzt. Beide Mannschaften suchten permanent die Flucht nach vorne zulasten der eigenen Defensive. Die Partie hätte auch 5:5 ausgehen können. Es war Werbung für den (Zweitliga-)Fußball.

„Es war ein wildes, aber auch tolles Spiel“, bilanzierte HSV-Trainer Tim Walter. Sein Paderborner Amtskollege Lukas Kwasniok ging sogar noch einen Schritt weiter. „Es gab heute zwei Sieger: Den HSV und den Fußball in der Zweiten Liga.“

Angeführt von einem überragenden Jean-Luc Dompé, der ein Tor selbst erzielte und die Treffer von Robert Glatzel und Lazslo Benes auflegte, überholte der nun zweitplatzierte HSV durch den Sieg Aufstiegsrivale Paderborn in der Tabelle und beendete zugleich seinen Negativlauf von vier sieglosen Spielen in Serie.

HSV gewinnt Spektakel in Paderborn – unverdient?

„Wir wussten, dass wir eine Reaktion zeigen mussten nach den vergangenen Spielen. Es war eine perfekte Reaktion, ein Ausrufezeichen. Wir haben 90 Minuten hart gekämpft“, freute sich Glatzel, der nach seinen Rückenproblemen zuletzt wieder zu 100 Prozent fit sei. „Jeder hat heute alles für das Team gegeben“, sagte Jonas Meffert.

„Ich bin hochzufrieden mit unserem Auftritt, Paderborn hat uns alles abverlangt“, ergänzte Dompé, der seine drei Scorerpunkte bescheiden kommentierte. „Es lief schon ganz gut für mich“, sagte der Franzose grinsend.

Nach Grinsen war den Paderbornern dagegen nicht zumute. „Vielleicht hatten wir den Sieg ein bisschen mehr verdient, aber Hamburg war einfach effektiver. Für uns war definitiv mehr drin“, sagte Doppeltorschütze Robert Leipertz. Eine Aussage, der die HSV-Fans widersprechen dürften.

Paderborns Robert Leipertz erzielte  gegen den HSV seinen ersten Zweitliga-Doppelpack.
Paderborns Robert Leipertz erzielte gegen den HSV seinen ersten Zweitliga-Doppelpack. © Imago/Ulrich Hufnagel

HSV erwischt Horrorstart in Paderborn

Ein erstes Mal aufatmen konnten die nach Spielende sichtbar erleichterten Gäste-Anhänger bereits vor dem Anpfiff bei der Bekanntgabe der Aufstellungen. Torjäger Glatzel hatte seine Rückenprobleme rechtzeitig überwunden und kehrte für das Topspiel zurück in die Startelf. Für ihn musste Ransford Königsdörffer weichen.

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

Zunächst stand jedoch nicht Glatzel, sondern die Defensive des HSV im Fokus. Nach nicht mal mehr zwei Minuten gerieten die Gäste in Rückstand durch das Tor von Leipertz, der im Getümmel Mitspieler Marvin Pieringer die Kugel stibitzte und Torhüter Daniel Heuer Fernandes keine Abwehrchance ließ (2.).

Ursache des Gegentreffers war allerdings eine Schlafmützigkeit des sonst so sicheren Meffert, der zu lange für sein Abspiel brauchte und den dazwischengehenden Sirlord Conteh foulte. Den darauffolgenden von Florent Muslija auf den linken Torwinkel gezirkelten Freistoß lenkte Heuer Fernandes an die Latte und schließlich ins Seitenaus. Aus dem Einwurf resultierte das 0:1.

Glatzel schießt HSV-Ausgleich in Paderborn

Der HSV tat sich in der Anfangsphase extrem schwer mit dem aggressiven Power- und Tempofußball der Gastgeber. Paderborn wirkte gieriger und willensstärker. Zwei Attribute, die HSV-Trainer Tim Walter eigentlich von seiner Mannschaft einfordert, doch diese ließ ihn zunächst im Stich. Als sich Paderborn jedoch eine kurze Verschnaufpause gönnte, waren die Hanseaten prompt in Person von Glatzel zur Stelle. Der Stürmer entwischte seinem früheren Mitspieler Maximilian Rohr und köpfte eine Dompé-Flanke ein zum 1:1 (23.).

HSV-Torjäger Robert Glatzel erzielte per Kopf den Ausgleich in Paderborn.
HSV-Torjäger Robert Glatzel erzielte per Kopf den Ausgleich in Paderborn. © Witters

Nach diesem Tor waren die Gäste deutlich besser in der Partie, agierten griffiger und nahmen die Zweikämpfe an. In der Folge erarbeitete sich die Walter-Elf auch mehr von der angestrebten Spielkontrolle.

Dompé dreht das Spiel für den HSV

In einer wilden Phase kurz vor dem Halbzeitpfiff drehte der HSV gar die Partie. Erst scheiterten Benes und Glatzel nur knapp (45.). Dann traf der Vuskovic davoneilende Conteh auf der Gegenseite nur die Latte (45.+1). Und schließlich erzielte Dompé mit einem herrlichen Schlenzer ins lange Eck das 2:1 für die Hamburger (45.+1). Was für eine Schlussphase der ersten Hälfte, die erst einmal verarbeitet werden musste.

Lesen Sie auch die HSV-Einzelkritik:

Viel Zeit dafür blieb allerdings nicht, denn die zweite Hälfte begann, wie die erste aufhörte: mit einem Treffer. Diesmal allerdings für den SC Paderborn, der erneut durch Leipertz ausglich (51.). Diesmal per Abstauber aus kurzer Distanz, der machtlose Heuer Fernandes konnte es nicht fassen.

Es entwickelte sich nun ein offener Schlagabtausch, der sich von Minute zu Minute zuspitze. Nun war wieder der HSV am Drücker. Und wieder hatte Dompé eine spielentscheidende Idee. Aus dem Dribbling kommend legte der Franzose quer für Benes, der den alten Abstand mit einem sehenswerten Schlenzer ins rechte Eck wieder herstellte (69.). 3:2 für den HSV – der Jubel im Gästeblock war entsprechend riesig. „Ein paar Minuten vor dem Tor habe ich Dompé gesagt, dass er mich suchen soll“, sagte der Slowake. „Das Tor war für die Fans. Sie haben uns immer unterstützt.“

Torschütze Lazslo Benes zeigt den HSV-Fans, für welchen Club sein Herz schlägt.
Torschütze Lazslo Benes zeigt den HSV-Fans, für welchen Club sein Herz schlägt. © Imago/Ulrich Hufnagel

HSV und Paderborn liefern sich Spektakel

Es blieb nun bis zum Schluss eine wilde Partie, in der der HSV die vorzeitige Entscheidung versäumte, als der von Mitspieler Jonas David behinderte Glatzel aus sechs Metern über statt in das leere Tor köpfte (77.).

Es wäre das 4:2 für den HSV gewesen, doch diese verpasste Chance sollte sich nicht mehr rächen. Die Hamburger hielten die Konzentration hoch und brachten den Auswärtssieg nach einer couragierten Leistung über die Ziellinie.

Den Paderbornern war die Enttäuschung über die vermeidbare Heimniederlage naturgemäß anzumerken. Doch mit ein paar Tagen Abstand werden auch die Ostwestfalen mit Stolz anerkennen, dass sie zu einem großartigen Fußballspiel beigetragen haben.

Die Aufstellung:

  • Paderborn: 21 Huth – 24 Heuer, 2 Hünemeier, 33 Hoffmeier – 8 Schallenberg – 10 Justvan, 31 Rohr, 30 Muslija, 13 Leipertz – 11 Conteh, 9 Pieringer. – Trainer: Kwasniok
  • HSV: Heuer Fernandes – Mikelbrencis, Vuskovic, David, Muheim – Meffert – Reis, Benes – Kittel, Glatzel, Dompé. – Trainer: Walter
  • Tore: 1:0 Leipertz (2.), 1:1 Glatzel (23.), 1:2 Dompé (45.+1), 2:2 Leipertz (51.), 2:3 Benes (69.)
  • Schiedsrichter: Florian Badstübner (Nürnberg)
  • Zuschauer: 15.000 (ausverkauft)