Sein Vorgänger wohnte im Hotel Grand Élysée. Slomka hat bereits eine Wohnung bezogen und macht sogar den Aussortierten neue Hoffnung. Mit dem HSV will der neue Trainer schnelles Umschaltspiel spielen lassen.

Hamburg. Dass der Beruf des Fußballtrainers trotz einer allgemein eher kurzen Verweildauer auch echte Vorteile mit sich bringt, durfte Mirko Slomka gleich an seinem ersten Arbeitstag in Hamburg erfahren. So brachte der neue Fußballlehrer des HSV das Kunststück fertig, in nicht mal 24 Stunden die gewünschte Wohnung in Alsternähe zu finden und zu beziehen.

Jean-Remy von Matt, Mitbegründer der Werbeagentur Jung von Matt und seit Jahren ein enger Freund Slomkas, hatte die passende Bleibe für den Trainer in Harvestehude aufgetan. „Ich bin einfach kein Hoteltyp“, erklärt Slomka: „Ein Glück, wenn man gute Freunde hat.“

Eine Wohnung hat Hamburgs neuer Coach also gefunden, das Patentrezept für den Klassenerhalt muss er dagegen erst noch suchen. In ähnlicher Geschwindigkeit wie auf dem Immobilienmarkt wolle er sich aber auch einen genauen Überblick über die Mannschaft verschaffen.

Mit dem derzeit verletzten Rafael van der Vaart („die prägende Figur unserer Mannschaft“) hatte Slomka bereits am Montag gesprochen, weitere Einzelgespräche mit René Adler („eine sehr souveräne Persönlichkeit“) und Milan Badelj („ich mag seine Art zu spielen“) folgten am Dienstag. Sogar mit dem seit Monaten ausgemusterten Robert Tesche suchte er den Dialog. „Ich habe ihm versichert, dass ich mich über seinen Fall ganz genau informieren werde. Wenn er der Mannschaft schadet, dann muss er bei der U23 bleiben. Wenn nicht, kann er natürlich mit uns trainieren“, sagt Slomka, der den Mittelfeldmann 2011 schon mal nach Hannover holen wollte.

Bei den am Vortag angekündigten Kleinigkeiten, die er im Vergleich zu Vorgänger Bert van Marwijk ändern möchte, wird es kaum bleiben. „Jeder Spieler wird bei mir seine Möglichkeit bekommen“, sagt Slomka, der auch den zuletzt nur selten berücksichtigten Slobodan Rajkovic („wirkt im Training aggressiv und konzentriert“), Petr Jiracek („kann viele Positionen spielen“) und Johan Djourou („wir wollen sein gewohntes Niveau wieder aus ihm rauskitzeln“) eine neue Chance versprach.

Slomka sitzt am gedeckten Kaffeetisch in der Hamburger-Weg-Loge, presst die Hände zusammen und verbreitet Optimismus. Es wird gelobt, gelacht, gescherzt und hier und da auch mal geflunkert. Gegen Braunschweig, so der Neutrainer, habe die Mannschaft so richtig gefightet, für seinen Geschmack aber einen Tick zu wenig fußballerische Klasse gezeigt. Das wolle er nun im Spiel gegen Dortmund, natürlich eine „großartige Herausforderung“, ändern: „Wir haben ein Heimspiel. Und Heimspiele muss man gewinnen.“

Dass er den „schwersten Job, den der deutsche Fußball im Moment zu bieten hat“ („Spiegel Online“), übernommen hat, lässt sich Slomka mit keiner Silbe anmerken. Der schnelle Herr Slomka, der einst als „der nette Herr Slomka“ tituliert wurde, dies aber nicht mochte, redet ohne Punkt und Komma. Die Mannschaft sei gut, aber an der einen oder anderen Schraube müsse er noch drehen.

Besonders die schwächste Defensive der Bundesliga, die er so natürlich nicht benennt, will Slomka stabilisieren. Videoanalyst Matthias Kreutzer habe bereits eine entsprechende DVD vorbereitet, die er der Mannschaft zwischen den beiden Trainingseinheiten am Mittwoch zeigen wolle. „Die Ordnung muss funktionieren. Das ist das Wichtigste“, erklärt er.

Funktioniert hat beim HSV in dieser Saison fast gar nichts, aber über die Vergangenheit will Slomka lieber keine Zeit verlieren. „Die Zeit ist doch knapp“, sagt er, da müsse er doch die positiven Dinge betonen. Die Mannschaft sei top zusammengestellt, prädestiniert für ein 4-2-3-1-System mit schnellen Außenspielern.

Gerne wolle Slomka deswegen auch einen ähnlichen Fußball wie zu seinen erfolgreichen Zeiten in Hannover spielen lassen. Als „schnelles Umschaltspiel“ beschreibt er den Fußball, der ihm vorschwebt. „Wir haben genügend Spieler im Mittelfeld, die den Ball schnell an- und mitnehmen können“, lobhudelt der Pädagoge.

Über die Frage, was denn seine Freunde gesagt hätten, als er sich für das Himmelfahrtskommando HSV entschieden hat, lächelt Slomka hinweg. Er habe sich intensiv mit Harun Arslan ausgetauscht, der für ihn sehr viel mehr als nur ein Berater ist. „Wir telefonieren täglich miteinander. Er ist ein echter Freund für mich“, sagt Slomka.

Und gute Freunde kann man schließlich gar nicht genug haben.