Der HSV ist auf dem Weg, Reisemeister der Bundesliga zu werden. Besonders Vorstand Hilke forciert lukrative Vermarktungstrips wie nach Indonesien.

Hamburg. Das Reiseziel klingt äußerst verlockend: Von einem Archipel aus tropischen Inseln, Regenwäldern, Vulkanen und Palmenstränden wird auf der Homepage von „Entdecke Indonesien“ geschwärmt. 31 Grad werden für das kommende Wochenende vorausgesagt, in Hamburg soll es bei sieben Grad regnen. Der größte Inselstaat der Welt, mit 240 Millionen Einwohnern der viertgrößte Staat überhaupt, ist eine Reise wert, so viel scheint sicher.

„Wir werden nicht zum Urlaub nach Indonesien fliegen“, wiegelt Joachim Hilke, HSV-Vorstand für Marketing, ab: „Für einige von uns werden das extrem durchgetaktete Tage mit vielen Verpflichtungen sein. Aber so etwas gehört nun mal zu einer Vermarktungsreise dazu. Nur rein und sofort wieder raus, das geht nicht.“ Am 4. Januar beginnt das Abenteuer Indonesien für den HSV auf dem Flughafen Fuhlsbüttel, am 7. Januar ist es mit dem Weiterflug ins Trainingslager nach Abu Dhabi beendet. „In diesen drei Tagen verdienen wir uns das gesamte Trainingslager und kommen am Ende sogar noch mit einem dicken Plus nach Hamburg zurück“, sagt Hilke, der den Trip ans andere Ende der Welt seit Monaten plant.

Hilke ist so eine Art Reisemarschall des HSV. Auf sein Bestreben hin spielte die Mannschaft im vergangenen Jahr in Südkorea und in Brasilien vor, im vergangenen Winter ging es nach Dubai und erstmals nach Abu Dhabi, und in diesem Winter heißen erneut Abu Dhabi und eben Indonesien die Ziele. „Es stimmt schon, dass wir wohl am meisten von allen Bundesligaclubs unterwegs sind“, sagt Hilke, der im Beirat der DFL Enterprise sitzt und sich dort intensiv um die Auslandsvermarktung der Bundesliga einsetzt, „und wahrscheinlich verdienen wir dafür auch mit am meisten in diesem Bereich.“

Tatsächlich sammelt der HSV mehr als nur ein paar Bonusmeilen auf seinen Weltreisen. 1,5 Millionen Euro sowie sämtliche Reisekosten erhielt der Club im Sommer 2012 für das Trainingslager samt Turnierteilnahme in Südkorea, 825.000 Euro gab es für den Wochenendtrip nach Porto Alegre in Brasilien zur Stadioneinweihung. Hilke erhielt auch lukrative Anfragen aus Nicaragua oder aus dem Iran, die er aber aus politischen Gründen ablehnte. Dafür kehrt der HSV auch aus Indonesien nicht mit leeren Händen zurück. Insgesamt 450.000 Euro, wovon 250.000 Euro die DFL als Subvention beisteuert, bekommt der Club für den Dreitagetrip.

„Die Vereine in der Bundesliga kommen immer mehr auf den Trichter, dass sich auch im Ausland sehr gutes Geld verdienen lässt“, sagt Hilke, der sich selbst als eine Art Vorreiter in Sachen Auslandsvermarktung sieht. „Man kann schon sagen, dass wir da durchaus Vorarbeit für die ganze Liga geleistet haben.“ Hilke war es auch, der im Beirats der DFL Enterprise, in dem auch noch Andreas Jung (Bayern München), Jochen Rotthaus (1899 Hoffenheim), Christof Baron (CEO Mindshare) und Marcus Höfl (Sportmanager) sitzen, einen speziellen Verteilungsschlüssel entwickelt hat. Demnach können die Vereine für Reisen in einen von elf Zielmärkten der DFL (China, Russland, Nordamerika, Polen, Indonesien, Japan, Türkei, Indien, Thailand, Brasilien, Südafrika) zusätzlich bis zu 300.000 Euro kassieren. In diesem Winter macht neben dem HSV der VfB Stuttgart davon Gebrauch, der nach Südafrika reist. Dort ist demnächst ein neuer TV-Vertrag für die Bundesliga fällig.

„Man muss sich allerdings schon im Klaren darüber sein, dass man vor Ort seinem Gastgeber auch etwas bieten muss“, sagt Hilke. So sind kurz nach der Ankunft in Jakarta am 5.Januar besonders Trainer Bert van Marwijk und die Stars Rafael van der Vaart, Marcell Jansen sowie Heiko Westermann begehrte Ansprechpartner für die indonesischen Medienvertreter. Am Nachmittag wird im Mannschaftshotel Shangri-La, in dem auch schon US-Präsident Barack Obama genächtigt hat, sogar ein kleines HSV-Fernsehstudio aufgebaut, wo das Hamburger Quartett den lokalen Medien bis in die Abendstunden zur Verfügung stehen wird.

Zeitgleich wird sich Hilke oder Vorstandschef Carl Jarchow mit Vertretern aus der Tourismusbranche Indonesiens treffen, um für mittelgroße Sponsoringpartnerschaften zu werben. „Indonesien ist ein noch nicht fertig entwickelter Markt. Die ganz großen Firmen, die für Sponsoringdeals infrage kommen, fehlen. Trotzdem hat es Sinn, von Anfang an die Entwicklung zu begleiten“, sagt Hilke, der auch ein wenig stolz darauf ist, dass der HSV als erster Bundesligaclub überhaupt vor Ort in dem Inselstaat vorspielt.

Am 6.Januar reisen die Hamburger per Chartermaschine nach Melang, wo ein PR-Spiel gegen Arema Cronus auf dem Programm steht. Die Partie soll genauso live ins indonesische Fernsehen übertragen werden wie die beiden Freundschaftsspiele des indonesischen Clubs Pro Duta FC gegen den HSV und gegen die U23 des HSV im vergangenen August. 200.000 Euro erhielten die Hamburger damals für die sportlich maximal zweitklassigen Partien, die trotzdem in Übersee von zehn sowie sechs Millionen TV-Zuschauern live verfolgt wurden. Den Kontakt hergestellt hat damals wie heute im Übrigen Nicholas MacGovan, der bis vor Kurzem als Bereichsleiter Business Management beim HSV beschäftigt war und sich mittlerweile mit der Agentur Match IQ in Hamburg selbstständig gemacht hat.

Auch bei der Organisation des anschließenden Trainingslagers in Abu Dhabi half MacGovan tatkräftig mit. Ähnlich wie in Indonesien werden die Hamburger auch in dem Emirat den zahlreichen TV-Sendern aus dem Mittleren Osten an einem Medientag, am 13. Januar, ausführlich zur Verfügung stehen. Zudem stehen die beiden Testspiele gegen Vitesse Arnheim und Quairat Almaty in der Zayed Sports City unweit des Mannschaftsquartiers auf dem Programm. „Uns ist natürlich sehr wichtig, dass bei allen wirtschaftlichen Interessen immer die sportliche Vorbereitung der Mannschaft im Vordergrund stehen bleibt“, sagt Hilke, der betont, dass Trainer van Marwijk nach dem anstrengenden Indonesien-Trip noch neun Tage bei besten Voraussetzungen in Abu Dhabi für die Vorbereitung hat.

Während das Kapitel Indonesien für die Mannschaft aber mit dem Weiterflug nach Abu Dhabi beendet sein wird, geht es für den HSV-Vorstand dann erst so richtig los. Längst ist ein Gegenbesuch einer indonesischen Delegation in Hamburg bis zum Ende der Rückrunde geplant, bei dem dann geknüpfte Kontakte nachhaltig vertieft werden sollen. „Natürlich haben wir immer ein Interesse daran, möglichst langfristige Partnerschaften anzustreben“, sagt Hilke, der schon längst die nächste Weltreise für den HSV plant. Ziel soll im kommenden Sommer erneut Asien sein, wobei Hilke noch nicht verraten will, wohin genau es geht. Es wird eine Reise wert sein, nur so viel ist schon jetzt sicher.