Der HSV muss gegen den FC Augsburg seinen Hang zu individuellen Patzern abstellen, sonst droht der nächste Rückschlag im Kampf um die Europa League.

Hamburg. "Wer einen Fehler begangen hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen weiteren Fehler." Konfuzius

Und noch einen und noch einen und noch einen … Wie vergangenen Dienstag wieder im Pokalspiel gegen den 1. FC Köln. Pass von Johan Djourou auf Tomas Rincon, Ballverlust, Gegentor. Ein Déjà-vu-Erlebnis für alle HSV-Anhänger. Zehn Tage zuvor gegen Hannover brachte René Adler Rincon mit einem Risikoanspiel in Bedrängnis, Ballverlust, Gegentor. „Solche Fehler können einen kaputt machen“, klagt Sportchef Oliver Kreuzer.

Es zieht sich wie ein roter Faden durch die HSV-Saison. Einer patzt immer, nicht immer wird das bestraft, aber oft genug. Schon fünfmal kassierte die Mannschaft in der Bundesliga nach dem Lapsus eines Einzelnen einen Gegentreffer. Nur der 1. FC Nürnberg und der SC Freiburg haben nach der Zählung der Castrol-EDGE-Analyse einen Fehler mehr auf dem Konto. Sie belegen die Tabellenplätze 17 und 16.

„Diese Gegentore aus dem Nichts müssen wir langsam mal abstellen“, fordert Interims-Kapitän Marcell Jansen. An diesem Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und Liveticker bei abendblatt.de) kommt ein Gegner in den Volkspark, dessen Spiel auswärts darauf ausgelegt ist, Räume dicht zu machen, den Ballführenden zu attackieren, Fehler auszunutzen. Die Augsburger haben im Pokal am Mittwoch gegen Bayern München zwar 0:2 verloren, durch ihre couragierte Leistung aber viel Selbstvertrauen gewonnen. „Wir wollen in Hamburg punkten“, gibt Trainer Markus Weinzierl als Ziel aus. „Wir stehen aktuell vor dem HSV in der Tabelle. Das soll auch so bleiben. Wenn uns der HSV die Chance gibt, wollen wir gewinnen.“ 1:1 und 1:0 aus Sicht der Schwaben ging es in den bisherigen Spielen aus.

Nur 39,7 Prozent Ballbesitz hat der FCA in der Fremde, das ist Platz 16 in der Liga, ist aber schon dreimal durch Konter zu Torerfolgen gekommen. Nur Dortmund und Bayer Leverkusen sind in dieser Statistik besser. Beide durften aber schon gegen den HSV spielen und haben von Aussetzern der Hamburger profitiert.

Dabei fiel am Anfang der Saison Torwart Adler durch seine „Flutschfinger“ gegen Schalke 04 und Dortmund auf, die den HSV mindestens in Gelsenkirchen wertvolle Punkte kosteten. Sein fatales Risikoanspiel auf Rincon gegen Hannover wird im Verein offenbar bewusst nach außen nicht thematisiert. „Es gab keinen Fehler gegen 96“, behauptete Trainer Bert van Marwijk öffentlich und sagte nach der Partie sogar sinngemäß: An dem Gegentor habe ich Schuld.

Der Niederländer will seine Spieler dazu erziehen, von hinten heraus mit sicheren Pässen aufzubauen, statt die Kugel lang nach vorne zu hauen. „Der Sechser soll weiterhin kommen und sich anbieten, doch wenn er vom Gegner gepresst wird, dann müssen die Abwehrspieler eben eine andere Option wählen“, erklärt Jansen. Eben das ist möglicherweise noch nicht bei allen verinnerlicht. Jansen räumt ein: „Es gibt bei uns noch viel Verbesserungspotenzial im Spiel nach vorne. Wir bringen uns selbst um den Lohn.“

Am auffälligsten war das bislang in der Partie gegen Borussia Mönchengladbach, in der Lasse Sobiech durch zwei Fehler die 0:2-Niederlage praktisch allein verschuldete. Der 22-Jährige verlor danach seinen Platz in der Innenverteidigung. Van Marwijk wirkt manchmal resigniert angesichts der Unzulänglichkeiten seiner Schützlinge, er schlägt dann am Spielfeldrand die Hände vor die Augen, seine Mundwinkel hängen, die Körpersprache ist negativ. „Gegen individuelle Fehler kann man kaum etwas tun, deswegen heißen sie auch individuelle Fehler“, erklärt der Niederländer, „ je öfter man darüber redet, desto häufiger passieren sie.“

Sicherlich hat die hohe Fehlerhaftigkeit im HSV-Spiel auch mit der Jugend und Unerfahrenheit vieler Spieler auf Schlüsselpositionen zu tun. Hakan Calhanoglu, 19, und Jonathan Tah, 17, spielen ihre erste Bundesligasaison, Sobiech, Maximilian Beister, 23, Pierre-Michel Lasogga, 21, und Tolgay Arslan, 23, waren vor dieser Serie nie unumstrittene Stammspieler. Eine Mischung aus technischem Können, Selbstbewusstsein und falscher Einschätzung von Spielsituationen führt schnell zu Leichtsinn. „Man kann das nicht auf Knopfdruck abstellen“, behauptet Kreuzer, „unsere Spieler sind da selbst gefordert.“