Die heutigen Gegner VfL Wolfsburg und HSV verfolgen eine neue Strategie – zum Teil freiwillig, zum Teil erzwungen. Rafael van der Vaart ist noch nicht wieder spielfit. Diego fällt beim VfL aus.

Hamburg. Dreimal standen sie sich auf dem Platz im Trikot des „falschen“ Vereins gegenüber. 2001/2002 war das. Stefan Schnoor, der Hamburger in Wolfsburg, und Roy Präger, der Wolfsburger in Hamburg. Abwehrspieler Schnoor hatte über den Umweg Derby County im Januar 2001 bei den „Wölfen“ angeheuert, Stürmer Präger war im Sommer 1999 direkt nach Hamburg gekommen. „Ich habe natürlich noch Kontakte nach Wolfsburg“, sagt Stefan Schnoor. Auch Präger hat die Beziehung nach Hamburg nie abreißen lassen: „Ich treffe mich regelmäßig mit Kollegen aus der HSV-Zeit.“ Für wen ihr Herz am Freitag (20.30 Uhr/Sky und Liveticker bei abendblatt.de) im Nordduell zwischen dem VfL und dem HSV schlägt, ist aber auch klar: „Der HSV ist mir schon näher“, so Schnoor. „Ich drücke dem HSV immer die Daumen, außer in den direkten Duellen“, sagt Präger.

Am Donnerstag nach dem Abschlusstraining brach der HSV-Tross zu der 220 Kilometer langen Busreise nach Niedersachsen auf. Noch nicht an Bord war Rafael van der Vaart, der zwar bereits ein leichtes Lauftraining absolvierte, aber nach seiner Sprunggelenksverletzung noch nicht wieder spielfit ist. Beim VfL fehlt in dem gelbgesperrten Diego ebenfalls der größte Star. „Das muss kein Nachteil für uns sein“, meinte Sportdirektor Oliver Kreuzer. Der Respekt vor dem fünfmal in Folge ungeschlagenen Tabellenfünften ist dennoch groß: „Es wird eine Herausforderung für uns. Aber wir können dort mitspielen, wenn wir diszipliniert auftreten“, sagt Trainer Bert van Marwijk.

Sein Wolfsburger Kollege Dieter Hecking hatte sich den HSV-Sieg gegen Hannover am vergangenen Sonntag live im Stadion angesehen. „Der HSV ist eine interessante Mannschaft mit vielen jungen Spielern in guter Verfassung“, sagte der VfL-Trainer und ergänzte: „Obwohl die Truppe in ihren Leistungen noch ein bisschen wankelmütig wirkt, traue ich es den Hamburgern absolut zu, in dieser Saison weiter nach vorne zu kommen.“

Dass bei beiden Vereinen junge Spieler wie Hakan Calhanoglu, Jonathan Tah sowie Robin Knoche und Maximilian Arnold, der Diego bereits auf die linke Seite im VfL-Mittelfeld verdrängt hat, für positive Akzente sorgen, ist eine bemerkenswerte Parallele. Beim HSV ist sie allerdings durch die Finanznot erzwungen, der VfL strebt bewusst einen Imagewandel an. „Hecking lässt die Jungen Woche für Woche spielen, das ist jetzt beim HSV auch mehr geworden, seit van Marwijk Trainer ist“, hat Schnoor festgestellt. Auch Präger sieht dies positiv: „Viele Leute im Wolfsburger Umfeld haben schon öfter gefordert, dass der VfL mehr auf Talente aus dem Verein zurückgreifen sollte. Jetzt scheint es gut gelungen.“ Den HSV sieht Präger noch „in einer schwierigen Situation“. Einiges sei in den letzten Jahren vielleicht nicht so glücklich gelaufen. Dennoch glaubt auch der ehemalige Stürmer, dass der HSV das Ziel haben sollte, wieder international zu spielen: „Man muss aber Step by Step arbeiten und eine Mannschaft ruhig aufbauen.“

Der Blondschopf, der es in Wolfsburg und beim HSV durch seine wuselige Art zum Publikumsliebling brachte, ist in Wolfsburg sportlicher Leiter der Nachwuchsfußballschule, aus der Arnold und Knoche hervorgegangen sind. „Beim VfL haben wir jetzt Ruhe in den Club bekommen. In der Führungsetage wird kontinuierlich und zukunftsorientiert gearbeitet“, sagt er. Der Anspruch von Eigentümer und Geldgeber VW ist natürlich, international zu spielen. „Aber das“, meint Präger, „kann man nicht von heute auf morgen erreichen.“

Genau das aber wurde in Wolfsburg jahrelang versucht. „Mit dem Umzug in die VW-Arena 2002 ging es richtig los, da holte man vermehrt Stars wie Andres D’Alessandro aus Argentinien“, erinnert sich Schnoor. Der 42-Jährige arbeitet als TV-Experte bei Sport1 und besitzt eine Beratungs- und Eventagentur. „Ich bin zwar an Wolfsburg nicht mehr so nah dran, kriege aber alles mit“, sagt er. Den versuchten Image- und Strategiewandel beurteilt auch er positiv: „Lange Zeit hat man nur nach Namen gekauft, Sportchef Klaus Allofs und Hecking müssen auch ausbaden, was in der Vergangenheit falsch gemacht wurde.“

Dass aber auch in „seinem“ Verein dringender Handlungsbedarf zu grundlegenden Änderungen besteht, ist für Schnoor völlig klar. „Es wird höchste Zeit für eine neue Struktur. Man kann einen Fußballclub nicht mehr wie einen Taubenzüchterverein führen“, sagt er und bekennt: „Ich halte HSVplus für praktikabel, modern und umsetzbar.“

Keines der drei Spiele gegen den HSV mit Roy Präger konnte Schnoor im VfL-Trikot gewinnen. Beim einzigen Vergleich in Wolfsburg siegte der HSV am 21. Oktober 2001 mit 1:0. Diesmal hätte Stefan Schnoor nichts dagegen, wenn es wieder so ausginge – der damalige Sieger Präger dagegen schon.

So könnte der HSV spielen:

Adler – Westermann, Tah, Djourou, Jansen – Badelj, Arslan – Beister, Calhanoglu, Ilicevic – Lasogga