Die Erfolge deutscher Clubs in der Champions League schmälern die Chance für die Hamburger, dort irgendwann wieder mitzuspielen. Die Spitzenteams der Bundesliga ziehen immer weiter davon.

Boris Becker gegen Oliver Pocher? Sabia und Rafael van der Vaarts aktueller Volltreffer? Prinz Georges Taufe? Nein! Wer in dieser Woche ehrliche und vor allem hochklassige Unterhaltung wollte, der musste mal wieder Fußball schauen. Champions League. Ein Spektakel auf allerhöchstem Niveau. Allein die vier fabelhaften Tore des exzentrischen Schwedenstürmers Zlatan Ibrahimovic reichten schon für gute Laune. Auch Real Madrids Cristiano Ronaldo ließ sich nicht lumpen. Und die Deutschen? Bayern siegte mit Fünferpack, Leverkusen mit Viererpack, und auch Dortmund war von Arsenal London nicht zu stoppen. Und Schalkes Niederlage gegen Chelsea? Schwamm drüber!

Für Fußballinteressierte waren der Dienstag- und Mittwochabend jedenfalls echte Feierabende. Für HSV-Anhänger dürfte die große Fußballoper der Königsklasse dagegen nur schwer zu ertragen gewesen sein. Nicht, weil es nun schon sieben Jahre her ist, dass die Hamburger selbst bei Europas Festspielen mitmachen durften – und von sechs Partien fünf verloren. Sondern vielmehr, weil jeder deutsche Champions-League-Sieg – und davon gibt es derzeit mehr als genug – die Wahrscheinlichkeit schmälert, dass der HSV schon bald wieder im Club der Superclubs mitspielen darf.

Tatsächlich ist die Champions League nicht nur Plattform für Hackentricks, Fallrückzieher und hochklassigen Fußball, sondern vor allem eine unvergleichbare Gelddruckmaschine, die immer mehr zur geschlossenen Gesellschaft wird. Die Europäische Fußball-Union (Uefa) hat den 32 Teilnehmern der vergangenen Saison fast eine Milliarde Euro überwiesen. Bayern München erhielt 55,046 Millionen Euro, Borussia Dortmund mit 54,161 Millionen Euro nur geringfügig weniger, und selbst die Schalker, die bereits im Achtelfinale ausgeschieden waren, verdienten noch 27,980 Millionen Euro. Zum Vergleich: In der Europa League, dem von Franz Beckenbauer nicht zu Unrecht mal als „Verlierer-Cup“ bezeichneten Wettbewerb, erhielt der VfB Stuttgart von den deutschen Clubs die höchsten Prämienzahlungen: 5,69 Millionen Euro.

Wie also soll der chronisch klamme HSV jemals wieder mit den erstklassig verdienenden Münchnern, Dortmundern, Leverkusenern und Schalkern mithalten? Selbst ein möglicher Investor, über den in Hamburg gerade so leidenschaftlich debattiert wird, könnte mit den Geldern, die auf Europas größter Fußballbühne ausgeschüttet werden, nicht mithalten. Zwischen 25 und 40 Millionen Euro, so schätzen Experten, könnte der HSV mit einem einmaligen (!) Verkauf von 24,9 Prozent der Vereinsanteile erzielen. Das ist also weit weniger als nur eine einzige Champions-League-Saison des FC Bayern München. Dessen Präsident Uli Hoeneß, ein leidenschaftlicher Verfechter des Sozial-Darwinismus im Hinblick auf die Verteilung der TV-Millionen, wird es nicht gerne hören oder lesen, aber: Mit jedem Sieg in der Champions League wird die Kluft zwischen Arm und Reich und wohl auch zwischen Gut und Schlecht in der Bundesliga größer.

Keine Frage: Bayern, Dortmund, Leverkusen und Schalke, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch in dieser Saison die ersten vier Plätze in der Bundesliga unter sich ausmachen, haben sich ihren sportlichen und auch finanziellen Erfolg hart erarbeitet. Dies darf aber nicht dazu führen, dass uns eher früher als später englische Verhältnisse drohen. Dort spielen seit Jahren die „Big Four“ Manchester United, Manchester City, Arsenal London und der FC Chelsea die Meisterschaft unter sich aus. Ab und an mucken Clubs wie Tottenham oder Liverpool mal kurz auf, aber eine echte Chance haben sie wohl genauso wenig wie in dieser Saison der HSV, Gladbach, Hannover oder Stuttgart. Einzige Ausnahme ist Werksclub VfL Wolfsburg, der nicht auf die Champions-League-Millionen angewiesen ist, aber seit Jahren die von VW großzügig bereitgestellten Millionen verpulvert.

Was kann der HSV also machen, um doch irgendwann wieder die Phalanx der Großen zu durchbrechen und selbst für beste Unterhaltung am Dienstag oder Mittwoch zu sorgen? Die Antwort ist zu einfach, um wahr zu sein: Endlich mal über einen langen Zeitraum konzentriert, konstant und kontinuierlich am Erfolg arbeiten. Van der Vaart und seine Sabia haben es ja auch geschafft.

Die HSV-Kolumne „Matz ab“ finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab