Mit der Leistung beim 0:4 im Benefizspiel bei Dynamo Dresden müssen die Hamburger ernsthaft um das Weiterkommen im DFB-Pokal bangen. Trainer Fink hielt vorerst lieber den Mund.

Dresden. Oliver Kreuzer war geladen. Nach dem Schlusspfiff brauchte der Sportchef des HSV eine Viertelstunde, ehe er sich nach der erschütternden 0:4-Niederlage seines Teams beim Zweitligaclub aus Dresden vor die Mikrofone traute. „Das war eine Katastrophe. Ein Auftritt, der an Peinlichkeit nicht zu überbieten war. Es ist mir unbegreiflich, wie sich das Team so präsentieren kann. Das ist keine Frage der Qualität, sondern der Mentalität und der Einstellung.“

Trainer Thorsten Fink war sogar derart aufgebracht, dass er lieber in der Kabine blieb und den Mund hielt. Denn diese Niederlage im Benefizspiel zugunsten der Betroffenen der Flutkatastrophe ist wirklich nur schwer in Worte zu packen. Vor 15.762 Zuschauern, darunter Bürgermeister Olaf Scholz und noch rund 200 weitere aus Hamburg, kreierte der HSV in 90 Minuten nicht eine (!) Torchance aus dem Spiel heraus. Ein kollektives Versagen – und das, obwohl Dynamo am Montagabend sogar noch um Punkte kämpfen musste und eigentlich „platt war“, wie es Trainer Peter Pacult ausdrückte.

Auch wenn die Stammelf zumindest in Finks Hinterkopf längst zementiert sein dürfte, wollte der Coach die Spannung hochhalten und den Konkurrenzkampf vor diesem Test weiter anstacheln. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Oft hatte Fink schon am Dienstag öffentlich bekannt gegeben, wer am Wochenende den Vorzug bekommen würde. Doch vor dem Benefizspiel sagte er explizit, dass „noch einige Positionen offen sind“, und rief somit zur letzten Chance auf, sich aufzudrängen. Doch diese Chance ließen alle Spieler aus der zweiten Reihe geradezu fahrlässig ungenutzt.

Hilflos im Spielaufbau, fehlerhaft im Abwehrverhalten, harmlos im Sturm. Die erste Viertelstunde des Spiels war noch das Beste aus HSV-Sicht, da der Ball zu dieser Zeit noch ausschließlich zwischen den Strafräumen kreiste. Doch danach ließ jegliche Konzentration nach, Fehlpässe häuften sich und Zweikämpfe wurden einfach nicht profigerecht angegangen. Dem 0:1 durch Dresdens Menz kurz vor der Halbzeit gingen schon mehrere Chancen der Gastgeber voraus, nach dem Wechsel wurden diese dann konsequenter genutzt.

Konsequenzen kaum zu erwarten

Wer sich vom HSV mit dieser Leistung empfehlen wollte, blieb ein Geheimnis. Der Auftritt von Jacques Zoua ließ ernsthafte Zweifel an seiner Bundesligatauglichkeit aufkommen, Per Skjelbred nahm am Spiel quasi nicht teil. Kerem Demirbay forderte zwar viele Bälle, konnte seine Mitspieler aber nie in Szene setzen. Und Jonathan Tah war gleich an zwei Toren mitschuldig, ließ sich zudem ein weiteres Mal von Dresdens Angreifer Mickael Pote böse vorführen. Hakan Calhanoglu sorgte per Flatterfreistoß immerhin für die einzige HSV-Chance (20.), blieb ansonsten aber alles schuldig. Und auch die linke Seite mit Petr Jiracek und Dennis Aogo präsentierte sich ohne Elan und Spielwitz.

Noch erschreckender war lediglich, dass die diversen zur Halbzeit eingewechselten Stammspieler keinen Deut besser waren. Und auch nicht zu unterschlagen: Dresden hätte durchaus höher gewinnen können, Jaroslav Drobny (unglücklich beim 0:1) und auch Sven Neuhaus (unglücklich beim 0:2) zeigten mehrere gute Paraden. Für das Pokalspiel am Sonntag bei Schott Jena (16 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) schwant Kreuzer Böses: „Es ist egal, ob man im Pokal gegen einen Dritt-, Viert-, oder Fünftligisten spielt. Mit der Einstellung von heute werden wir auch dort Probleme bekommen.“

+++ Der Spielverlauf zum Nachlesen +++

Personelle Konsequenzen sind allerdings kaum zu erwarten. Aogo wird auch in Jena hinten links verteidigen, da Marcell Jansen (Kniereizung) erst am Freitag wieder ins Training einsteigen kann und Fink sich bereits im Vorfeld festgelegt hatte, dass ihm das zu spät sei. Einzig Ivo Ilicevic, den Fink eigentlich gegen Dresden nochmals testen wollte, der aber angeschlagen in Hamburg geblieben war, könnte notgedrungen ins Team rücken, um einen Hauch von Kreativität ins Spiel zu bringen. Doch wirklich überraschen würde es auch nicht, wenn Fink nach einer Nacht Schlaf zu drastischeren Maßnahmen greifen würde, um seine Spieler so kurz vor dem Pflichtspielauftakt aufzuwecken, die sich ganz offensichtlich noch im Tiefschlaf befinden.

HSV: Drobny (ab 46. Neuhaus) – Diekmeier (ab 46. Rudnevs), Tah, Westermann (ab 46. Sobiech), Aogo – Rincon (ab 46. Badelj), Demirbay (ab 46. Arslan) – Skjelbred (ab 72. Nafiu), Calhanoglu (ab 46. van der Vaart), Jiracek (ab 46. Beister) - Zoua.Tore: 1:0 Menz (42.), 2:0 Trojan (55.), 3:0 Kempe (63.), 4:0 Benyamina (65.). Zuschauer: 15.762.