Der 22 Jahre alte Deutsch-Türke ist neues Mitglied im Mannschaftsrat und soll künftig auch auf dem Platz mehr Verantwortung übernehmen.

Hamburg. Manchmal muss man es sich einfach mal gut gehen lassen. Das dachte sich auch Tolgay Arslan, der den Sonntag und den freien Montag mit Freundin Jana zu einem Kurztrip nach Travemünde an die Ostsee nutzte. Wellness, Spa, die Seele baumeln lassen – Arslan arbeitete seine Agenda bei herrlichem Sommerwetter konsequent ab. „Nach der anstrengenden Vorbereitung musste ich einfach mal meine Akkus wieder aufladen“, sagt der HSV-Profi, „ich brauchte mal ein bisschen Ruhe.“

Mit der Ruhe, das weiß der Deutsch-Türke nur zu gut, ist es an diesem Dienstag vorbei. Fünf Tage vor dem Pokalspiel gegen den SV Schott Jena beginnt der Endspurt der Vorbereitung mit einer Doppeleinheit, am Mittwoch geht es mit dem letzten Härtetest gegen Dynamo Dresden weiter. „Ich habe mir für die kommende Saison sehr viel vorgenommen. Ich möchte unbedingt den nächsten Schritt in meiner Entwicklung machen“, sagt der Mittelfeldmann.

Doch wie sieht dieser nächste Schritt aus? Es ist etwas mehr als ein halbes Jahr her, da hat sich Arslan kurz vor Silvester zum großen Jahresgespräch mit dem Abendblatt getroffen. 2013 solle sein Jahr werden, hat der gebürtige Paderborner gesagt, er wolle mehr Verantwortung übernehmen, eine Führungspersönlichkeit werden.

Sieben Monate später scheinen sich Arslans Wünsche tatsächlich zu bestätigen. Unter Trainer Thorsten Fink hat der 22 Jahre alte Fußballprofi einen Stammplatz im defensiven Mittelfeld, zudem hat er Arslan gerade erst zum Mitglied des Mannschaftsrats bestimmt. „Für mich ist dieser Vertrauensbeweis eine große Ehre. Ich möchte den Trainer nicht enttäuschen, ich will Verantwortung übernehmen“, sagt das jüngste Ratsmitglied, das sich sein Selbstvertrauen über die vergangenen Jahre mühsam antrainieren musste.

Noch immer arbeitet Arslan in seiner Freizeit auf eigene Kosten mit Mentaltrainer Thomas Kloth zusammen, mit dem er Strategien für Drucksituationen, die perfekte Spielvorbereitung und das Visualisieren von Zielen entwickelt. Zuletzt fokussierten sich die beiden auf ein Reaktionstraining, durch das sich der Fußballer eine signifikante Verbesserung seines Spiels erhofft.

Die Gewissheit, dass man als Profi mehr als nur Dienst nach Vorschrift machen muss, hat Arslan, dessen Nachname übersetzt der Löwe bedeutet, schon lange. Und als Löwe muss man kämpfen, sein Revier verteidigen. Für den U21-Nationalspieler ist es deshalb eine Selbstverständlichkeit, auch außerhalb der Trainingseinheiten an Körper und Geist zu feilen. Auf das Privattraining mit Athletikcoach Jens Schultze, mit dem er in Sommer- und Winterpause die Vorbereitung vorbereitet, musste er wegen einer Kreuzbandreizung in diesem Jahr verzichten. Ganz ohne Sonderheiten wollte Arslan aber auch in diesem Jahr nicht beim HSV starten. Mit den Physiotherapeuten Sebastian und Tatjana fing er eine Woche vor dem Trainingsstart im UKE mit einer täglichen Zwei-Stunden-Einheit an, um nach der langen Sommerpause möglichst schnell in Tritt zu kommen.

„Obwohl ich in der Rückrunde nicht mehr so ganz an meine Leistungen der Hinrunde anknüpfen konnte, war die vergangene Saison insgesamt sehr gut für mich. Das will ich jetzt aber nicht nur bestätigen, das will ich noch ausbauen“, sagt Arslan, der nach null Toren und null Vorbereitungen in der Vorsaison nun als Defensivstratege für mehr offensive Akzente sorgen will.

Früher oder später wolle er ein Top-Ten-Spieler der Bundesliga sein, hat Arslan vor sieben Monaten fast schon unverschämt selbstbewusst gesagt. Der Weg dorthin ist weit, aber ein Löwe gibt nicht auf.