Mit Lasse Sobiech, Tolgay Arslan und Kerem Demirbay bedienten sich die Hamburger gleich dreimal beim ausgezeichneten Borussen-Nachwuchs.

Klagenfurt. Den ersten echten Härtetest mussten die Neu-Hamburger Lasse Sobiech und Kerem Demirbay am späten Dienstagabend bestehen. Wie alle Neuzugänge durften auch die beiden Dortmunder beim Mannschaftsabend auf einer Kärntener Berghütte ihr Gesangstalent unter Beweis stellen. Demirbay trat stilecht mit DJ Ötzi und „Ein Stern“ an, Sobiech versuchte sich mit „So sick“ von Neyo. „Kompliment! Die beiden haben es echt gut gemacht“, lobte Tolgay Arslan, der als dritter HSV-Borusse das gefürchtete Ritual für Neulinge nur zu gut kennt, „so eine Tradition gibt es bei keinem anderen Verein. Auch nicht beim BVB.“

Musikalisch ist der HSV Vizemeister Borussia Dortmund also schon mal um einiges voraus, sportlich – insbesondere im Nachwuchsbereich – gibt es dagegen noch Nachholbedarf. So ist es keinesfalls Zufall, dass mit Arslan, Sobiech und Demirbay gleich drei in Dortmund ausgebildete Fußballer ihren Durchbruch beim HSV versuchen wollen. „Natürlich wollen wir in erster Linie immer für unsere eigene Profimannschaft ausbilden, aber für jeden angehenden Profi haben wir auch immer einen Plan B parat“, sagt Lars Ricken im Gespräch mit dem Abendblatt. Der 37-Jährige ist seit fünf Jahren Nachwuchschef in Dortmund und kann wahrscheinlich so gut wie kein Zweiter das Erfolgsgeheimnis der BVB-Nachwuchsförderung erklären.

„Wir haben durch das Ruhrgebiet, wo es mit Leverkusen, Schalke, Bochum und vielen anderen Traditionsvereinen einen großen Wettbewerb im Jugendalter gibt, einen Standortvorteil, zudem ist es fast ein Alleinstellungsmerkmal, dass sich unsere U23 in der Dritten Liga mit den Besten messen kann“, sagt Ricken, der stolz darauf ist, dass der BVB bei der DFL-Zertifizierung als Verein mit der höchsten Durchlässigkeit zwischen Nachwuchsbereich und Profis in Deutschland ausgezeichnet wurde. Zehn Spieler aus dem eigenen Nachwuchs haben den Sprung in die Mannschaft von Jürgen Klopp geschafft. Darüber hinaus gibt es unzählige weitere Talente, die wie Sobiech, Demirbay und Arslan, sowie St. Paulis Neuzugang Marcel Halstenberg oder auch der frühere Kiezkicker Daniel Ginczek den Sprung zum Bundesligaprofi woanders geschafft haben. „Bei der U21-EM waren sieben von uns ausgebildete Spieler dabei“, sagt Ricken.

BVB hat dem HSV die Konstanz voraus

Auch Arslan wäre fast dabei gewesen, musste wegen einer Kreuzbandzerrung aber absagen. „Es ist ja bekannt, dass die Nachwuchsarbeit in Dortmund ausgezeichnet ist. Ich kann mich noch gut erinnern, dass wir fast immer mit allen Jugendmannschaften in sämtlichen Finalspielen um die deutsche Meisterschaft waren“, sagt Arslan, der gemeinsam mit Sobiech unter Peter Hyballa und Peter Wazinski in der Dortmunder B-Jugend spielte. „Die Bedingungen in Dortmund sind einfach sensationell. Neben den Spielern sind vor allem auch die Trainer extrem gut ausgebildet“, sagt Sobiech, der ab der C-Jugend sämtliche Jugendmannschaften des BVB durchlief, mit der B- und A-Jugend insgesamt in vier Finalspielen um die deutsche Meisterschaft stand.

Vier Dortmunder Nachwuchstrainer haben den Fußballlehrerschein, zudem sichten drei festangestellte Scouts und sechs Honorarkräfte für den BVB im Jugendbereich. Das Jugendhaus wird derzeit um zwölf Plätze auf 22 Internatszimmer erweitert. „Ein wichtiger Faktor für unseren Erfolg ist aber zweifelsohne unsere Konstanz“, sagt Ricken, der 2008 den langjährigen Nachwuchschef Edwin Boekamp ablöste. Zum Vergleich: In der gleichen Zeit versuchten sich beim HSV sechs verschiedene Konstellationen (Michael Schröder, Schröder/Bastian Reinhardt, Reinhardt/Urs Meier, Meier/Ulf Zimmer, Stephan Hildebrandt, Jens Todt).

Wie gut die Borussen-Ausbildung ist, will auch Demirbay zeigen, der in diesem Sommer direkt aus Dortmunds U23 in die Bundesligamannschaft des HSV wechselte. „Bevor ich mich für den HSV entschieden habe, hatte ich lange Gespräche mit BVB-Cheftrainer Jürgen Klopp und mit Nuri Sahin. Besonders Sahin hat mir zum Schritt nach Hamburg geraten“, sagt der Mittelfeldspieler, der in der bisherigen Vorbereitung wie kein Zweiter positiv überraschen konnte. „Ich habe nichts anderes erwartet“, sagt der Deutschtürke sehr selbstbewusst, „ich bin zum HSV gekommen, um hier in der Bundesliga zu spielen.“

Bevor es aber soweit ist, steht für das Borussen-Trio am Wochenende der Telekom-Cup in Mönchengladbach an. Im Halbfinale wartet am Sonnabend um 18.30 Uhr Bayern München und im Optimalfall im Endspiel am Sonntag der BVB. Bleibt nur noch eine Frage offen: Wer konnte beim Mannschaftsabend musikalisch am meisten beeindrucken? „Wir waren alle nicht schlecht“, witzelt Sobiech, legt sich aber auf einen Nicht-Dortmunder fest: „Jacques Zoua war der Beste. Wenn ein Kameruner ,Schatzi, schenk mir ein Foto’ singt, dann kann man das nicht toppen.“